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Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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gesprochen, und soweit es sie betraf, konnte sich der Premierminister auch über Wasser halten, indem er Kurse in Sturheit gab.
    »General, ich möchte Sie bitten, in meinem Namen mit Solis zu sprechen«, sagte sie nach einer weiteren Pause. »Bitten Sie ihn, weniger verbissen auf die Agenda der Ohalavaru zu pochen, wenigstens bis diese Sache mit der Föderation und Cardassia ausgestanden ist. Wir müssen jetzt wirklich das Gesamtbild betrachten, Holem. Und das ist größer als Solis. Größer als Yevir. Und ganz eindeutig größer als wir beide.«
    Lenaris erhob sich und stellte seine leere Tasse auf den Tisch. Er sah traurig aus. »Sie haben sich verändert, Nerys.«
    Sie funkelte ihn zornig an. »Ja, ich bin ein wenig klüger geworden, was die Bedürfnisse meines Volkes anbelangt.«
    »Sie sorgen sich darum, Bajor zu spalten«, sagte er und lachte bitter, »dabei ist der Sinoraptor längst über den Zaun gesprungen. Die Spaltung geschah in dem Moment, in dem Sie Ohalus verbotene Prophezeiungen ins bajoranische Komm-Netz luden. Die einzige Frage, die wir uns jetzt stellen sollten, lautet, wie wir am besten mit dem Spalt umgehen.«
    »Danke, aber diese Frage überlasse ich weiseren Geistern.«
    »Wem denn?« Lenaris ging zu dem Gemälde, das an ihrer Wand hing, und betrachtete es kurz. »Yevir? Vedek Scio? Vedek Eran? Den anderen Konservativen? Diese Spaltung, die Sie so ängstigt, könnte in Wahrheit der Beginn von Bajors Zukunft sein, Nerys. Einer Zukunft in Einigkeit und der Übergang zu etwas Visionärerem, als es der aktuelle Klerus darstellt. Etwas, das den Plänen der Propheten eher entspricht.«
    Kira dachte an die Schlachten, die sie im Namen des antiken Bajors geschlagen hatte, als sie dreißig Jahrtausende in die Vergangenheit ihres Planeten zurückversetzt worden war. Damals hatte sie nicht gezögert, sich einzumischen. Doch es war etwas anderes, die Zukunft mitzugestalten – oder?
    »Überlassen Sie derartige Entscheidungen dem Lauf der Geschichte«, sagte sie. »Nicht mir.«
    Er wurde lauter und leidenschaftlicher. »Nerys, Sie sind Geschichte. Waren nicht Sie es, die uns Ohalus Wahrheiten aufzeigte, als die Vedeks sie zerstören wollten? Waren nicht Sie es, die diese angebliche Spaltung verursachte?«
    »Darauf bin ich nicht stolz. Ich tat schlicht, was getan werden musste, damit sich unser Volk selbst ein Bild machen konnte. Ich hielt Yevir nur davon ab, Ohalus Prophezeiungen zu unterschlagen.«
    Ein triumphales Lächeln erschien auf dem Gesicht des Generals. »Sie verteidigten Prophezeiungen, die sich als absolut zutreffend herausstellten. Und zwar alle, nicht nur ein paar. Alle, Nerys. Können Sie angesichts dieser Tatsache wirklich behaupten, Ohalus Schriften seien nicht von den Propheten inspiriert? Und sind Sie nicht den Propheten verpflichtet?«
    Kira konnte sich dem Hauch von Wahrheit nicht entziehen, der in seinen Worten mitschwang. Wie leicht es wäre, einfach mit dem Strom zu schwimmen. Die Ohalavaru als Waffe gegen Yevir und seinesgleichen einzusetzen. Aber welchen Preis verlangte sie Bajors Zukunft dadurch ab? Von Drehkörpererfahrungen einmal abgesehen, hatte Kira nie das Gefühl gehabt, mehr als andere über den Willen der Propheten zu wissen. Eine solche Zwietracht konnte nicht Teil ihres Plans sein.
    »Nein«, sagte sie leise, nahezu flüsternd.
    Der General nickte und versuchte es auf anderem Weg. »Wären Sie uns freundlicher gesonnen, wenn wir die Vedek-Versammlung dazu brächten, Ihre Befleckung rückgängig zu machen?«
    Das genügte. Freundschaft und Rang hin oder her, diese Unterhaltung hatte ihr Ende erreicht. »Wissen Sie was?«, gab sie zurück. »Wenn Sie schon dabei sind, können Sie auch gleich alle vierzehn Planeten dieses Systems hintereinander aufreihen. Das dürfte ohnehin einfacher sein. Mein religiöser Status ist Privatsache und nur mir und den Propheten …«
    »Kurz gesagt, geht mich all das nichts an«, unterbrach er sie kichernd. »Verzeihung, Nerys. Ich habe meine Manieren vergessen.« Er trat zur Tür, die sich für ihn öffnete. Auf der Schwelle drehte er sich noch einmal um. »Sie sind nicht so weit, sich uns anzuschließen. Das ist mir jetzt klar. Zumindest noch nicht.«
    Dann verabschiedete er sich herzlich und ging davon. Kira blieb allein in ihrem Büro zurück. Sie dachte daran, wie verbissen ihr alter Freund während der Besatzung zu kämpfen gewusst hatte. Und sie hegte keinen Zweifel daran, nicht zum letzten Mal von den Ohalavaru gehört zu haben.

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