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Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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Und von deren Plänen für Bajor.

KAPITEL 15

    Bemüht leise betrat Ezri das Quartier, das sie sich mit Julian teilte. Sie wollte kurz nach ihm sehen, bevor sie sich auf die Taktikbesprechung vorbereitete.
    »Hallo, Julian.«
    Er saß im Schneidersitz auf der Pritsche. Seine sonst so gepflegte Frisur war völlig zerzaust, seine Uniformjacke zerrissen und schmutzig. Er hatte die Augen geschlossen, als würde er meditieren. Als sie sich öffneten, sah sie einen Wirbel der Verwirrung in ihren braunen Tiefen, der aber schnell verging. Julian lächelte.
    Erleichtert erwiderte sie das Lächeln. Wenigstens dieses Mal hatte sie ihn also nicht erschreckt. Wenigstens dieses Mal warf er ihr keine Gegenstände an den Kopf. Oder schrie. »Du bist hübsch«, sagte er mit rauer Stimme. Erkannte er sie überhaupt?
    Ihr Blick ging zu den schiefen Buchstaben, die er in ihrer Abwesenheit in die Kabinenwand gebrannt haben musste. Neben ein paar archaischen terranischen Worten stand dort: Eine Stimme und weiter nichts.
    Sah er sich etwa so? In seinen wenigen klaren Momenten? Ezri hatte Schwierigkeiten, das nachzuvollziehen. Sie hatte gelernt, sein sicheres Urteilsvermögen und seine unumstößliche Menschlichkeit als selbstverständlich anzusehen – so selbstverständlich wie einem Mathematiker ein geometrischer Grundsatz erscheinen mochte. Der Satz dort an der Wand beschrieb sie selbst weitaus eher als ihn.
    Nichts als Schein. Rangabzeichen auf einer Uniform, die nicht einmal die richtige Farbe hat.
    Sie entsann sich ihrer Counselor-Ausbildung. »Schwindlersyndrom« hatte die Fachliteratur genannt, was sie gerade empfand. Die irrationale Überzeugung einer Person, für ihren Posten trotz langer Berufserfahrung nicht geeignet zu sein. Ezri fand die Diagnose absolut angemessen, und das erschreckte sie am meisten.
    Plötzlich bemerkte sie das Laserskalpell auf dem Nachttisch. Das Werkzeug lag scheinbar vergessen auf einer abgegriffenen Ausgabe von Alice im Wunderland , einem von Julians Lieblingsbüchern aus Kindertagen. Es war noch immer aktiviert. Also hielt er Gerätschaften vor ihr verborgen. Oder lag die Schuld bei ihr? Hatte sie nicht gründlich genug gesucht, als sie ihr Quartier auf für Julian gefährliche Objekte durchgegangen war?
    Ich bin eine schöne Nummer Eins. Ich kann nicht einmal den Mann, den ich liebe, von scharfen Gegenständen fernhalten.
    Sie sah Julian ins kindlich neugierige Gesicht und setzte sich neben ihn. Wie beiläufig ergriff sie das Skalpell und schaltete es aus. Dann nahm sie sich den Hautregenerator.
    Es entging ihm nicht. »Hey, die gehören mir«, sagte er trotzig.
    Vorsichtig , warnte sie sich. Eine weitere Trotzattacke war das Letzte, was sie jetzt brauchte. Und sie wollte ihn nicht betäuben, denn sie fürchtete, dass nicht mehr viel von ihm übrig sein würde, wenn er erwachte.
    »Ist schon gut, Julian«, sagte sie in bemüht fröhlichem Ton. Sie durfte nicht herablassend klingen, sonst provozierte sie ihn noch mehr. »Du hast doch nicht vor, bald zu operieren, oder?«
    Erst jetzt viel ihr der kleine Teddybär auf, der zwischen den unordentlichen Laken lag. Ihm fehlte ein Auge, also musste es sich um Kukalaka handeln. Bisher hatte es sie stets amüsiert, dass Julian noch sein Stofftier aus Kindertagen besaß. Dass er es aber mit auf die Reise in den Gamma-Quadranten genommen hatte, war sogar ihr neu.
    Dann sah sie das wirre Muster aus hauchdünnen Schlitzen im Bauch des Spielzeugs. Julian musste es verwendet haben, um sich an sein chirurgisches Fachwissen zu erinnern.
    »Ich bin Arzt«, sagte er und sah Ezri böse an. »Ich brauche meine Instrumente.«
    Sein Benehmen erinnerte sie an ihren Bruder Norvo. Als sie klein waren, hatte er einmal verkündet, ab sofort Dilithium-Minenarbeiter zu sein. Er hatte damals genauso ernst gewirkt.
    »Ja, Julian. Aber Ärzte bewahren ihre Instrumente in der Krankenstation auf.« Sie steckte sie in ihre Tasche. »Ich bringe sie dorthin, während du dich hier ausruhst.«
    »Ich muss mich nicht ausruhen.« Als er vom Bett aufstand, verlor er fast das Gleichgewicht. »Ich muss auch zur Krankenstation.«
    Nie zuvor hatte sie ihn so gesehen. »Ich glaube, das ist keine gute Idee, Julian.«
    Er schubste sie beiseite und trat zur Tür, die sich prompt zischend öffnete. »Ich muss nach einem Patienten sehen.« Dann sah er zu Kukalaka zurück. »Einem richtigen Patienten. Ich muss … eine Behandlungsmethode festlegen.«
    Sacagawea , schoss es ihr durch den Kopf. Er sprach

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