Kathedrale
glauben Sie, wurde aus seinen Erbauern?«, fragte Vaughn, den Blick auf das fremde Objekt auf dem Monitor gerichtet.
Bowers stutzte nachdenklich. »Und wie sollen sie es geschafft haben, Informationen über das Ende ihrer Welt in den Text zu integrieren, nachdem diese bereits über den Jordan gegangen war?«
»Das beschäftigt mich ebenfalls«, gestand Nog. »Laut den übersetzten Fragmenten müssen sich einige Personen während der Katastrophe innerhalb des Artefaktes befunden haben. Ein paar Überlebende, die den Text dann auf den neuesten Stand brachten.«
Shar sah auf sein Padd. »Die Überlebenden könnten noch mehrere Generationen überdauert haben«, sagte er dann. »Vielleicht waren sie sogar die Vorfahren der D’Naali, der Nyazen oder beider Völker. Was auch geschah, ist in mythologischen Formulierungen verborgen, von daher können wir es kaum mit Sicherheit sagen. Aber es scheint, als hätten diese Wesen durch ihren Versuch, angrenzende Dimensionen anzuzapfen, Mächte entfesselt, die ihre Heimatwelt vernichteten.«
»Das Artefakt überstand die Katastrophe, weil es sich im Auge des Sturms befand«, sagte Vaughn.
Shar nickte. »Exakt.«
»Die Kräfte, die den Planeten zerstörten, schleuderten es hierher«, ergänzte Nog. Die Vorstellung dieses Objekts, das von Milliarden eisigen Oort-Wolken-Fragmenten und anderen Himmelskörpern abprallte, hatte etwas von einem besonders komplexen Dom-Jot -Stoß. Auf interdimensionaler Ebene.
Vaughn erhob sich vom Kommandantensessel. »Gute Arbeit, meine Herren. Mr. Bowers, Sie haben die Brücke. Mr. Nog, Sie und Ihre Leute setzen die Suche nach einem Weg um diese Blockade herum fort.«
»Aye, Sir.« Nog musste ein Lächeln unterdrücken. Aus einem Grund, den er nicht benennen konnte, fühlte er sich, als stünde er kurz vor einem Durchbruch. Doch er wusste, dass ein guter Ingenieur so etwas erst mit seinem Captain besprach, wenn er es überprüft hatte.
Dieser war bereits auf dem Weg zum Turbolift. »Shar, Sie kommen mit mir.«
Shars Antennen hoben sich vor Verwunderung, als er Vaughn folgte. »Sir?«
»Ich will wissen, ob Sacagawea Ihre Übersetzung ergänzen kann«, erklärte Vaughn und warf einen letzten Blick in Richtung des Objekts. »Vielleicht kennt er sogar einen Weg, wie wir da hineinkommen.«
Als Vaughn die Krankenstation betrat, bot sich ihm ein schmerzlicher Anblick. Julian Bashir war nur noch ein Schatten seiner selbst. Sein Haar war zerzaust und sein Gesicht unrasiert. In seinen dunklen Augen lag nahezu kindliche Angst, und dennoch bemühte er sich, seinen D’Naali-Patienten zu untersuchen, der teilnahmslos auf einem der Biobetten saß.
Ezri und Ensign Richter standen nicht weit davon entfernt und sahen gequält zu, wie der Arzt mit einem medizinischen Trikorder vor Sacagawea herumfuchtelte. »Du hast dich gut um ihn gekümmert, Julian«, sagte Ezri gerade. Es klang eigenartig. »Er wirkt … wirklich gesund.«
Vaughn räusperte sich und lenkte die Aufmerksamkeit der beiden Frauen so auf sich. »Ich würde gerne kurz mit unserem Gast sprechen.«
Bashir drehte sich um und sah Vaughn an, als würde er ihn nicht kennen. Die Vorstellung, sich selbst derart zu verlieren, traf Vaughn bis ins Mark. Mit seinen über hundert Jahren fragte er sich mitunter durchaus, ob eines Tages die Senilität auf ihn wartete. Gab es ein schlimmeres Schicksal?
»Selbstverständlich nur mit Ihrer Erlaubnis, Doktor«, ergänzte er, den Blick ausschließlich auf Bashir gerichtet. Dies war noch immer Bashirs Station, aktueller Zustand hin oder her, und Vaughn wollte dem Arzt seine Würde lassen, ohne herablassend zu wirken.
Bashir ließ seinen Trikorder sinken und nickte stumm.
Als Vaughn auf das große, dürre Wesen zutrat, sah es ihn aus undeutbaren, faustgroßen Augen an. Shar, der seinem Captain gefolgt war, blieb schweigend zurück und beschränkte sich darauf, das Geschehen zu beobachten.
»Wir brauchen Ihre Hilfe«, begann Vaughn.
Der Kopf des Wesens näherte sich dem seinen, als wäre er auf einer Art Kran befestigt. »Schuld/Verpflichtung ich habe«, sagte es, und der Universalübersetzer verwandelte seine undeutbaren Laute in Worte. »Mit Freuden erwidere ich selbiges. Welchen Wunsch/Bedürfnis haben Sie?«
»Ihre Gegner hindern uns daran, uns der … Kathedrale zu nähern. Wir müssen einen Weg finden, sie zu umgehen.«
Der Mund des Wesens verzog sich zu etwas, das Vaughn als Lächeln interpretierte. »Verständnis. Sie benötigen/erbitten Zugang zum
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