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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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denn ich habe die Gefahr nicht verstanden, die sich mit dem Versprechen verband, das ich der Äbtissin gegeben habe.“
„Sagen Sie..., sagen Sie mir, was haben Sie Madame de Roque versprochen?“ fragte Mireille leise.
„ Ich habe mein ganzes Leben die alten Schriften studiert und Helene versprochen, wenn sie das Schachspiel aus dem Versteck geholt hat, werde ich zum Volk meiner Mutter nach Nordafrika gehen - zu dem alten Mufti der Wüste - und die geheime Formel entziffern.“
„Kennen Sie dort Leute, die Ihnen helfen können?“ fragte Mireille aufgeregt. „Aber Madame, Nordafrika ist mein Ziel. Überlassen Sie mir diese Aufgabe. Es ist mein größter Wunsch! Ich weiß, ich bin krank, aber ich bin jung und werde mich bald wieder erholen...“
„Erst müssen wir Kontakt mit der Äbtissin aufnehmen“, erwiderte Letizia und fand langsam wieder ihre gewohnte Haltung. „Außerdem dauert es länger als einen Abend, um alles zu lernen, was ich in vierzig Jahren gelernt habe! Sie sind zwar kräftig, aber nicht in der Lage zu reisen. Ich habe genug Erfahrung, um Ihnen zu sagen, daß Ihre „Krankheit sechs oder sieben Monate dauern wird - und das ist die richtige Zeit, um zu lernen, was...“
„Sechs oder sieben Monate!“ rief Mireille. „Unmöglich! Ich kann nicht so lange auf Korsika bleiben!“
„Ich fürchte, das müssen Sie“, sagte Letizia mütterlich lächelnd, „verstehen Sie, Sie sind nicht krank. Sie bekommen ein Kind.“

LONDON November 1792
    Tausend Kilometer nördlich von Korsika saß der Vater des Kindes, Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, am vereisten Ufer der Themse und - angelte.
Auf dem spärlichen Gras unter ihm lagen von Ölzeug geschützt ein paar Wolldecken. Er hatte die Hosenbeine bis über die Knie umgeschlagen und mit Seidenband gebunden. Schuhe und Strümpfe standen ordentlich neben ihm. Er trug ein dickes Lederwams, mit Pelz besetzte Stiefel und auf dem Kopf einen breitkrempigen Hut, der verhinderte, daß ihm der Schnee in den Kragen fiel.
Hinter ihm stand unter den verschneiten Ästen einer großen Eiche Courtiade mit einem Korb Fische an einem Arm und der ordentlich gefalteten Samtjacke seines Herrn über der anderen. In dem Korb lagen die vergilbten Seiten einer zwei Monate alten französischen Zeitung, um das Blut der Fische aufzusaugen. Die Zeitung hatte bis zu diesem Morgen an der Wand von Talleyrands Arbeitszimmer gehangen.
Courtiade wußte, was in der Zeitung stand, und war erleichtert, als sein Herr sie plötzlich von der Wand gerissen und in den Korb gelegt hatte. Dann hatte er erklärt, er werde angeln gehen. Seit dem Eintreffen der Zeitung aus Frankreich und der Nachricht, die sie enthielt, war sein Herr bedrückend schweigsam gewesen. Sie hatten sie beide laut gelesen:
    WEGEN HOCHVERRATS GESUCHT
    Tailleyrand, der ehemalige Bischof von Autun, ist emigriert... Jedermann versuche, von Verwandten oder Freunden, die ihn aufgenommen haben könnten, Informationen über ihn zu erhalten. Seine Beschreibung. .. schmales Gesicht, blaue Augen, etwas nach oben weisende Nase. Tailleyrand-Périgord hinkt - entweder mit dem rechten oder linken Fuß...
    Courtiades Augen folgten den dunklen Umrissen der Lastkähne, die den grauen Fluß aufwärts oder abwärts fuhren. Vom Ufer losgebrochene Eisschollen tanzten auf den Wellen und wurden von der Strömung schnell erfaßt und mitgerissen. Talleyrands Angelschnur verschwand im Schilf zwischen den Rissen des brüchigen Eises. Wie so vieles, war auch der Winter zur Unzeit gekommen.
    Vor kaum zwei Monaten, am 23. September, war Talleyrand in London eingetroffen und in das kleine Haus in der Woodstock Street gezogen, das Courtiade für seine Ankunft hergerichtet hatte. Er war keineswegs zu früh gekommen, denn einen Tag zuvor hatte der Konvent den „Stahlschrank“ des Königs in den Tuilerien geöffnet. Man fand die Briefe von Mirabeau und LaPorte, aus denen hervorging, wie viele Bestechungsgelder aus Rußland, Spanien und der Türkei - selbst von Ludwig XVI. - in die Hände der patriotischen Abgeordneten der Nationalversammlung geflossen waren.
    Mirabeau hat Glück, er ist tot, dachte Talleyrand, als er die Angelschnur einholte und Courtiade bedeutete, ihm einen neuen Köder zu bringen. Am Begräbnis des großen Staatsmannes hatten dreihunderttausend Menschen teilgenommen. Jetzt hatte man über seine Büste in der Nationalversammlung ein Tuch geworfen und seine Asche aus dem Pantheon entfernt. Um den König stand es schlechter. Sein

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