Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
Vom Netzwerk:
erst gefragt und dann Saul in dieses Schneetreiben geschickt?“
„Weil du nein gesagt hättest“, bemerkte Harry richtigerweise. „Außerdem fährt Saul gerne. Als Chauffeur ist das seine Aufgabe. Bei dem Gehalt, das er bekommt, kann er sich nicht beklagen. Außerdem bist du mir einen Gefallen schuldig.“
„Ich bin dir keinen Gefallen schuldig, Harry“, erwiderte ich energisch, „wir wollen nicht vergessen, wer was für wen getan hat.’
Ich hatte vor zwei Jahren für Harrys Firma ein Transportsystem ausgearbeitet, durch das er zum führenden Pelzgroßhändler nicht nur von New York, sondern der nördlichen Hemisphäre geworden war. Harry konnte seine „preiswerten“ maßgeschneiderten Qualitätspelze jetzt innerhalb von vierundzwanzig Stunden überallhin zustellen.
„Hör zu, Harry“, sagte ich ungeduldig, „ich weiß nicht, wie du herausgefunden hast, wo ich bin, aber ich bin hier, um allein zu sein. Ich kann jetzt nicht mit dir darüber sprechen, aber ich habe ein großes Problem...“
„Dein Problem besteht darin, daß du immer arbeitest und daß du immer allein bist.“
„Meine Firma ist das Problem“, erklärte ich gereizt. „Sie haben mir ein neues Arbeitsgebiet zugeteilt, von dem ich keine Ahnung habe. Sie schicken mich ins Ausland. Ich brauche Zeit zum Nachdenken. Ich weiß noch nicht, was ich tun soll.“
„Ich habe dich gewarnt“, dröhnte Harry mit voller Lautstärke. „Du hättest diesen Gojim nicht trauen dürfen. Lutheranische Buchprüfer, so etwas gibt es doch nicht! Nun ja, ich habe zwar eine Lutheranerin geheiratet, aber ich lasse sie doch nicht an meine Bücher! Verstehst du? Also, Kleines, zieh deinen Mantel an, fahr nach unten und sei ein braves Kind. Du bekommst einen Drink, und dann reden wir darüber. Außerdem, diese Wahrsagerin ist einmalig! Sie arbeitet schon seit Jahren hier, aber ich hatte noch nie etwas von ihr gehört. Hätte ich sie schon früher gekannt, hätte ich auf meinen Steuerberater verzichtet und wäre statt dessen zu ihr gegangen.“
„Du übertreibst“, sagte ich unbeeindruckt.
„Habe ich dich je belogen? Hör zu, sie wußte, daß du heute abend bei uns sein solltest. Als sie an unseren Tisch kam, fragte sie als erstes: ‘Wo ist Ihre Freundin, die Computerexpertin?’ Glaubst du das?“
„Nein“, erwiderte ich ungerührt. „Wo seid ihr denn überhaupt?“
„Hör zu, Kleines. Diese Dame besteht darauf, daß du hierherkommst. Sie hat mir sogar gesagt, dein Schicksal und mein Schicksal seien miteinander verflochten. Und das ist noch nicht alles. Sie wußte, daß Lily auch hier sein sollte.“
„Lily ist nicht gekommen?“ fragte ich und war sehr erleichtert. Aber ich fand es doch merkwürdig, daß seine einzige Tochter ihn an Silvester versetzt hatte. Lily mußte wissen, wie sehr sie ihren Vater damit verletzte.
„Töchter! Was kann man schon von ihnen erwarten? Ich brauche moralische Unterstützung. Ich sitze hier, und mein Schwager ist der Mittelpunkt des Abends.“
„Also gut, ich komme“, sagte ich.
„Wunderbar! Ich wußte, du würdest es mir nicht abschlagen. Saul wartet unten am Eingang auf dich. Wenn du hier bist, bekommst du einen besonders dicken Kuß.“
Ich legte auf und fühlte mich deprimierter als zuvor. Das fehlte mir noch: ein Abend mit dem hohlen Geschwätz von Harrys unüberbietbar langweiliger Familie. Nur Harry brachte mich immer zum Lachen. Vielleicht gelang es ihm, mich ein wenig von meinen Sorgen abzulenken.
Als ich unten aus dem Aufzug trat, wartete die große schwarze Limousine bereits. Ich sah Saul durch die Glasscheiben der Empfangshalle. Er sprang aus dem Wagen, lief die Stufen hinauf und hielt mir die schwere Glastür auf.
Saul hatte ein scharf geschnittenes Gesicht mit zwei tiefen Falten von den Wangenknochen bis zum Unterkiefer. Man konnte ihn in einer Menschenmenge nicht verfehlen, denn er war mit seinen über ein Meter achtzig beinahe ebenso groß wie Harry, aber ebenso knochig, wie Harry dick war. Zusammen wirkten sie wie die konkaven und konvexen Spiegelbilder in einem Spiegelkabinett. Sauls Uniform war vom Schnee weiß gepudert. Er nahm meinen Arm, damit ich auf den glatten Stufen nicht ausrutschte. Als ich auf dem Rücksitz Platz nahm, lachte er.
„Sie konnten Harry nicht absagen?“ fragte er. „Man kann ihm schwer etwas abschlagen.“
„Er ist unmöglich“, stimmte ich ihm zu, „ich glaube, das Wort ‘nein’ hört er einfach nicht. Wo findet denn die geheimnisvolle Sitzung statt?“
„Im Fifth

Weitere Kostenlose Bücher