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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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sie zwar schwer, aber Mireille begriff die eigentliche Bedeutung hinter dem Brief der Äbtissin: Andere Schachfiguren waren bedroht, andere Nonnen in Gefahr. Dieselben bösen Kräfte, die Valentine ausgelöscht hatten, verfolgten auch sie. Mireille mußte sofort nach Frankreich zurückkehren.
    Schahin erklärte sich bereit, sie bis zur Küste zu begleiten. Aber der kleine, kaum zwei Monate alte Charlot hätte die anstrengende Reise nicht überlebt. In Djanet gelobte Schahins Sippe, das Kind bis zu Mireilles Rückkehr zu versorgen. Sie sahen in Charlot den Propheten, der ihnen verheißen war. Nach einem schmerzlichen Abschied legte Mireille ihren Sohn in die Arme der Amme und machte sich auf den Rückweg.
    Fünfundzwanzig Tage brauchten sie für die Durchquerung der Deban Uban, des westlichen Teils der Libyschen Wüste. Sie umgingen die Berge und die tückischen Dünen, wählten eine Abkürzung und erreichten das Meer in Tripolis. Dort brachte sie Schahin auf einen Schoner, der nach Frankreich segelte. Diese Schiffe galten als die schnellsten auf den Meeren. Sie machten bei günstigem Wind vierzehn Knoten, und der Zweimaster benötigte von Tripolis bis nach Saint-Nazaire, an der Mündung der Loire, nur zehn Tage.
    Jetzt stand Mireille also an Davids Tor und blickte durch das Gitter in den Hof, aus dem sie vor weniger als einem Jahr geflohen war. Aber es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, seit Valentine und sie aufgeregt und über die eigene Kühnheit erstaunt, über die Gartenmauer geklettert und in die Cordeliers gefahren waren, um Schwester Claude zu treffen. Mireille zwang sich, nicht daran zu denken, und zog noch einmal an dem Klingelzug.
    Endlich erschien der alte Pierre und schlurfte zum Tor, wo Mireille schweigend im Schatten des Kastanienbaums stand.
"Madame“, brummte er, ohne sie zu erkennen, „mein Herr empfängt keinen Besuch vor dem Mittagessen — und nie ohne eine Verabredung.“
„Aber Pierre, bestimmt wird er bereit sein, mich zu empfangen“, sagte Mireille und hob ihren Schleier.
Pierres Augen weiteten sich, und seine Lippen begannen zu zittern. Er bemühte sich, so schnell wie möglich das Tor auf zu schließen, und flüsterte: „Mademoiselle, wir haben Tag für Tag für sie gebetet.“ Tränen standen in seinen Augen, als er sie schließlich einließ. Mireille umarmte ihn schnell, und dann eilten sie beide über den Hof.
David saß allein in seinem Atelier und bearbeitete einen großen Holzblock - es sollte eine Plastik des Atheismus werden, die auf dem „Fest des höchsten Wesens“ brennen würde. Der Duft der frischen Späne, die den Boden bedeckten, lag in der Luft. Die elegante Samtjacke war über und über mit Sägemehl bestäubt. Als sich hinter ihm die Tür öffnete, drehte er sich um. Dann sprang er so heftig auf, daß der Hocker umfiel, und ließ das Schnitzmesser fallen.
„Träume ich oder bin ich verrückt?“ schrie er, eilte in einer Sägemehlwolke durch das Atelier und drückte Mireille stürmisch an sich. „Gott sei Dank, du lebst! „rief er und löste sich von ihr, um sie genauer anzusehen. „Kaum warst du weg, erschien Marat mit seinen Leuten. Sein Pöbel aus der Gosse hat meinen Garten durchwühlt wie Schweine, die nach Trüffeln suchen! Ich ahnte ja nicht, daß es diese Schachfiguren wirklich gibt! Hättet ihr mich ins Vertrauen gezogen, dann hätte ich vielleicht helfen können...“
„Du kannst mir jetzt helfen“, sagte Mireille und sank erschöpft auf einen Stuhl, „ist jemand hiergewesen und hat nach mir gefragt? Ich erwarte einen Boten der Äbtissin.“
„Mein liebes Kind“, erwiderte David besorgt. „In deiner Abwesenheit sind mehrere junge Frauen hiergewesen oder haben geschrieben und um ein Gespräch mit dir oder Valentine gebeten. Aber ich war halbtot vor Angst um dich. Ich habe alle diese Briefe Robespierre gegeben, da ich hoffte, er könne helfen, dich zu finden.“
„Robespierre! Mein Gott, was hast du getan?“ rief Mireille.
„Er ist ein guter Freund, und ich kann ihm vertrauen“, erklärte David schnell. „Man nennt ihn ‚den Unbestechlichen’ ... Niemand kann ihn von seiner Pflicht abhalten. Mireille, ich habe ihm von dem Montglane-Schachspiel und dir erzählt.“
„Nein!“ rief Mireille. „Niemand darf wissen, daß ich hier bin, oder auch nur erfahren, daß du mich gesehen hast! Verstehst du denn nicht - Valentine ist wegen dieser Schachfiguren ermordet worden. Auch mein Leben ist in Gefahr. Wie viele Nonnen waren hier? Wie viele

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