Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
Vom Netzwerk:
Schachspiel Magie ist, die ein paar urzeitliche Priester geheimnisvoll aufgebauscht haben?“
Ich betrachtete immer noch das Tuch. Ja, ich ahnte, was Minnie sagen wollte.
„Alchimie ist keine Magie“, erwiderte ich, „ich meine, ursprünglich war sie das nicht, sondern ist es erst in unserer Zeit geworden. Die Alchimie war die Grundlage der modernen Chemie und Physik. Alle Wissenschaftler im Mittelalter und auch später haben sich mit Alchimie befaßt. Man sagt, Isaac Newton habe mehr Zeit damit verbracht, in seinem Labor in Cambridge Chemikalien zu kochen als die Principia Mathematica zu schreiben. Paracelsus war vielleicht ein Mystiker, aber er ist auch einer der Väter der modernen Chemie. Wir benutzen zum Beispiel die von ihm entdeckten alchimistischen Prinzipien in Raffinerien und Schmelzen. Weißt du nicht, wie man Plastik, Asphalt und synthetische Fasern aus Rohöl gewinnt? Man krackt die Erdölmoleküle, das heißt, man spaltet sie mit Hilfe von Hitze und Katalysatoren, so wie es die alten Alchimisten taten, als sie behaupteten, Quecksilber in Gold zu verwandeln. Bei alldem gibt es nur ein Problem.“
„Nur eins?“ fragte Lily ironisch.
„Sie hatten vor sechstausend Jahren noch keine Teilchenbeschleuniger in Mesopotamien oder Krackanlagen in Palästina. Sie konnten also nur Kupfer und Messing in Bronze verwandeln.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht“, sagte Minnie unbeeindruckt. „Aber die alten Priester mußten um ein gefährliches Geheimnis wissen, denn warum hätten sie es sonst in den Schleier eines Mysteriums gehüllt? Warum mußte ein Prüfungsanwärter sich einer lebenslangen Ausbildung unterziehen, Schwüre und Gelöbnisse ablegen, ein gefährliches und qualvolles Ritual erdulden, ehe er in den Orden aufgenommen wurde...“
„In den Orden der Geheimen Erwählten?" fragte ich.
Minnie lächelte nicht. Sie sah zuerst mich an und dann das Tuch. Und als sie sprach, trafen mich ihre Worte wie ein Dolch.
„Den Orden der Acht“, sagte sie ruhig, „den Orden derer, die die Sphärenmusik hören können.“
Aha! Jetzt wußte ich, warum Nim mich empfohlen hatte, warum Mordecai mich auf den Weg gebracht und Minnie mich ‘gewählt’ hatte. Ich beeindruckte sie nicht mit meiner sprühenden Persönlichkeit, meinem Geburtsdatum oder den Linien meiner Hand - obwohl sie mir das einreden wollten. Hier ging es nicht um Mystik, sondern um Wissenschaft, denn Musik ist eine Wissenschaft - älter als Akustik, Solarins Fachgebiet, oder allgemeine Physik, Nims Studienfach. Mein Hauptfach war Musik. Es war kein Zufall, daß Pythagoras Musik gleichrangig neben Mathematik und Astronomie gelehrt hatte. Pythagoras glaubte, daß die Schwingungen von Tönen den Kosmos erfüllten und alles umfaßten - das Kleinste wie das Größte. Und er war der Wahrheit sehr nahe gekommen.
„Belebtes wie Unbelebtes sind zugleich Materie und Wellen - Schwingungen“, sagte ich.
„Richtig“, bestätigte Mumie, „ich habe mich nicht in Ihnen geirrt. Sie sind auf der richtigen Fährte.“ Jetzt sah sie wieder jung aus, und ich dachte: Sie muß früher einmal eine Schönheit gewesen sein. „Aber unsere Gegner auch“, fügte sie hinzu. „Ich habe gesagt, es gibt drei Teile der Formel; das Schachbrett - es befindet sich in der Hand der Gegner -, das Tuch - es liegt vor euch - und das Kernstück, die Schachfiguren.“
„Aber ich dachte, Sie haben die Figuren“, rief Lily.
„Ich besitze die meisten, die in einer Hand versammelt waren, seit das Schachspiel in Montglane aus dem Versteck geholt wurde. Es sind zwanzig Figuren, die ich an Plätzen verborgen habe, wo ich hoffte, sie würden wieder tausend Jahre ruhen. Aber ich habe mich geirrt. Nachdem die Russen ahnten, daß ich die Figuren besitze, vermuteten die Weißen sofort, einige seien in Algerien, wo ich lebe. Und zu meinem Pech haben sie recht. El-Marad ist auf dem Vormarsch. Ich glaube, seine Leute werden mich bald völlig eingekreist haben, so daß ich die Figuren nicht mehr aus dem Land schaffen kann.“
Deshalb also glaubte sie, El-Marad habe nicht gewußt, wer ich bin! Natürlich - er hatte mich als Werkzeug gewählt, ohne zu ahnen, daß ich bereits von der Gegenseite angeworben war. Aber ich mußte noch mehr erfahren.
„Ihre Figuren befinden sich also in Algerien?“ fragte ich. „Wer hat die anderen? El-Marad? Die Russen?“
„Die Russen haben ein paar. Ich weiß nicht genau, wie viele“, antwortete sie. „Andere gingen in den Wirren der Französischen Revolution

Weitere Kostenlose Bücher