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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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gehen. „Ich rufe Sie, wenn ich Sie brauche“, sagte er. Als ich in die Kabine kam, saß Lily auf dem unteren Bett und fütterte Carioca mit
eingeweichtem Zwieback. Neben ihr stand eine offene Dose Erdnußbutter, die sie irgendwo zusammen mit einigen Tüten Zwieback und Toastbrot entdeckt hatte. Mir fiel auf, wie schlank Lily plötzlich aussah. Die sonnenverbrannte Nase färbte sich langsam braun, und das schmutzige Minikleid umhüllte anmutige Formen und nicht mehr wabbelndes Fett. „Iß was“, sagte sie, „bei dem ständigen Auf und Ab wird mir ganz komisch - ich bring keinen Bissen hinunter.“ Hier unten spürte man tatsächlich die Wellen sehr viel mehr. Ich verschlang ein paar Zwieback mit Erdnußbutter, spülte mit Cognac nach und kletterte in das obere Bett. „Ich glaube, wir schlafen jetzt ein wenig“, sagte ich gähnend, „vor uns liegt eine lange Nacht - und morgen ein noch längerer Tag.“
„Es ist bereits morgen“, erwiderte Lily mit einem Blick auf die Uhr. Sie löschte die Lampe. Ich hörte unten die Sprungfedern, als sie sich mit Carioca für die Nacht zurechtlegte. Das war das letzte, das ich wahrnahm, ehe ich ins Land der Träume versank. Ich weiß nicht mehr, wann ich den ersten Schlag hörte. Ich träumte, auf dem Meeresgrund zu sein und durch weichen Sand zu laufen. Um mich herum wogten die Wellen. Im Traum wurden die Montglane-Schachfiguren lebendig und versuchten, aus dem Beutel zu klettern. Ich schob sie immer wieder zurück, aber es half nichts. Gleichzeitig bewegte ich mich auf das Ufer zu, aber meine Füße versanken im Meeresschlamm. Ich mußte Luft holen. Ich versuchte, an die Oberfläche zu kommen, als eine hohe Welle kam und mich unter sich begrub.
    Ich schlug die Augen auf, wußte aber im ersten Augenblick nicht, wo ich war. Durch das kleine Kabinenfenster sah ich nur Wasser. Dann kippte das Boot auf die andere Seite, ich wurde aus dem Bett geschleudert und landete in der Kochnische. Völlig durchnäßt richtete ich mich mühsam auf. Die Kabine stand knietief unter Wasser. Es schwappte über Lilys Bett. Dort saß Carioca auf der immer noch schlafenden Gestalt und versuchte, trockene Pfoten zu behalten. Irgend etwas stimmte nicht.
    „Aufwachen!“ schrie ich über das klatschende Wasser und die knarrenden Balken hinweg. Ich versuchte, Ruhe zu bewahren, während ich Lily schüttelte. Wo sind die Pumpen? Warum pumpen sie nicht das eingedrungene Wasser aus?
    „Mein Gott“, stöhnte Lily und versuchte aufzustehen, „ich muß mich übergeben.“ „Jetzt nicht!“ Ich zog sie zu der Hängematte, stützte sie mit einer Hand und holte mit der anderen die Schwimmwesten heraus. Ich schob Lily in die Hängematte, packte Carioca und warf ihn Lily auf den Bauch, die gerade anfing zu würgen. Ich angelte mir einen vorbeischwimmenden Plastikeimer und hielt ihn ihr vor das Gesicht. Sie erbrach Zwieback und
    Toastbrot und verdrehte die Augen.
„Wo ist Solarin?“ stöhnte sie.
„Ich weiß nicht“, schrie ich über das Heulen des Windes und das Donnern des Wassers hinweg. „Zieh dir eine Schwimmweste an, ich sehe nach, wo er ist.“ Das Wasser strömte über die Stufen. Die Tür über mir schlug heftig gegen die Wand. Ich griff beim Hinaussteigen danach und zog sie gegen den Wasserschwall hinter mir zu. Dann sah ich mich um - und wünschte, ich hätte es nicht getan.
    Das Boot legte sich weit nach rechts und sauste diagonal in ein tiefes Wellental. Wasser schoß über das Deck und sammelte sich im Cockpit. Die Spiere war los und schwang weit über die Seite. Eines der vorderen Segel hing losgerissen, schlaff und naß am Mast herunter und verschwand zum Teil im Wasser. Solarin lag vielleicht zwei Meter von mir entfernt auf dem Deck und nur noch halb im Cockpit. Die Arme rutschten leblos über das Deck, als die Welle, die über uns hinwegbrauste, ihn hob und - mit sich trug!
    Ich umklammerte das Steuerrad und machte einen Satz in seine Richtung. Ich konnte gerade noch seinen nackten Fuß und das Hosenbein packen, als das Wasser den schlaffen Körper erfaßte und mit sich riß. Ich mußte loslassen. Er wurde über das schmale Deck gegen die Reling geschleudert, hochgehoben und wäre beinahe über Bord gegangen!
    Ich warf mich flach auf den Bauch, robbte über das schwankende Deck und hielt mich dabei an allem fest, was ich fand, einschließlich der Klampen und Leinen. Wir gerieten in den Sog der ablaufenden Welle, während die nächste Wasserwand von der Höhe eines

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