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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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Hitze trägt wenig dazu bei, die Gemüter unserer Pariser Mitbürger zu beruhigen. Die explosive Atmosphäre hat mich bewogen, um eine Gunst zu bitten — obwohl ich natürlich nicht für mich bitte.“
„Bürger erbitten eine Gunst immer für andere“, unterbrach ihn Robespierre kühl.
„Ich bitte für meine jungen Schützlinge“, erklärte David förmlich, „denn Sie werden mir sicher beipflichten, Maximilien, Frankreich ist für junge Frauen kein sicherer Ort.“
„Wenn Ihnen so sehr an ihrem Wohlergehen liegt“, erwiderte Robespierre ungerührt und sah David mit glitzernden grünen Augen durchdringend an, „dann würden Sie nicht zulassen, daß sie sich am Arm eines Kavaliers wie des Bischofs von Autun zeigen.“
„Da bin ich anderer Ansicht“, mischte sich Philidor ein. „Ich gehöre zu den großen Bewunderern von Maurice Talleyrand. Ich prophezeie Ihnen, man wird ihn eines Tages für den größten Staatsmann in der Geschichte Frankreichs halten.“
„Eine schöne Prophezeiung“, .sagte Robespierre wegwerfend. „Wie gut, daß Sie nicht Ihren Lebensunterhalt mit Prophezeiungen verdienen müssen. Maurice Talleyrand versucht seit Wochen jeden erdenklichen Beamten in Frankreich zu bestechen, damit er nach England reisen kann, wo er vorgeben kann, Diplomat zu sein. Er möchte nur seinen Kopf retten. Mein lieber David, der gesamte Adel Frankreichs will noch vor dem Eintreffen der Preußen fliehen. Ich werde sehen, was ich auf der Komitee Versammlung heute abend für Ihre Schützlinge tun kann, aber ich verspreche nichts. Ihre Bitte kommt etwas spät.“
David bedankte sich herzlich bei ihm, und Philidor bot an, den Maler hinauszubegleiten. Als der berühmte Schachmeister und der Maler sich durch den vollbesetzten Raum zum Ausgang schoben, sagte Philidor: „Sie müssen verstehen, Maximilien Robespierre ist anders als Sie und ich. Er ist Junggeselle und ahnt nicht, welche Verantwortung es bedeutet, Kinder großzuziehen. Wie alt sind Ihre Schützlinge, David? Und wie lange sind sie schon bei Ihnen?“
„Erst seit kurzem“, erwiderte David, „davor waren sie Novizinnen im Kloster von Montglane .. .“
„Haben Sie Montglane gesagt?“ fragte Philidor und senkte die Stimme, als sie den Ausgang erreichten. „Mein lieber David, als Schachspieler weiß ich sehr viel über die Geschichte des Klosters von Montglane. Das kann ich Ihnen versichern. Sie haben doch bestimmt auch davon gehört, daß -“
„Ja, ja“, fiel ihm David gereizt ins Wort, „eine Menge mystischer Hokuspokus. Das Montglane-Schachspiel gibt es nicht. Es überrascht mich, daß Sie an so etwas glauben.“
„Glauben?“ wiederholte Philidor und nahm Davids Arm, als sie auf das glühendheiße Pflaster traten. „Mein Freund, ich weiß, daß es dieses Schachspiel gibt. Und ich weiß noch sehr viel mehr. Vor über vierzig Jahren, also noch vor Ihrer Geburt, weilte ich als Gast am Hof Friedrichs des Großen von Preußen. Und dort machte ich die Bekanntschaft von zwei genialen Männern, die ich nie vergessen werde. Von dem einen werden Sie gehört haben. Ich meine den großen Mathematiker Leonhard Euler. Der andere, auf seine Weise ebenfalls ein großer Mann, war der alte Vater von Friedrichs jungem Hofmusiker. Aber leider ist das Erbe dieses Genies völlig in Vergessenheit geraten. Man hört in Europa nichts mehr von ihm, obwohl ich in meinem Leben nie mehr eine solch wunderbare Musik gehört habe wie die seine. Er hieß Johann Sebastian Bach.“
„Ich kenne diesen Namen nicht“, gestand David, „aber was haben Euler und dieser Musiker mit dem legendären Schachspiel zu tun?“
„Ich werde es Ihnen erzählen“, sagte Philidor lächelnd, „aber nur, wenn Sie mir erlauben, die Bekanntschaft Ihrer jungen Schützlinge zu machen. Vielleicht lösen wir so ein Geheimnis, das ich schon mein ganzes Leben lang versuche zu enträtseln!“
David hatte nichts dagegen einzuwenden, und so begleitete ihn der große Schachmeister durch die verdächtig ruhigen Straßen entlang der Seine und über den Pont Royal zu seinem Atelier.
Nicht der leiseste Windhauch wehte, kein Blatt regte sich. Die Hitze stieg in Wellen von den Pflastersteinen auf, und auch das bleierne Wasser der Seine floß geräuschlos, während sie am Ufer entlanggingen. Die beiden ahnten nicht, daß nur zwanzig Straßen weiter, im Herzen von Cordeliers, eine blutdürstige Menschenmenge versuchte, die Tore des Gefängnisses L'Abbaye zu zertrümmern. Und in diesem Gefängnis befand sich

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