Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
während ihr Betty die Haare um die Ballen herum schnitt. Die ganzen zwei Stunden, die diese Prozedur dauerte, hörte Betty nicht auf zu reden – und Katie schien fasziniert von jedem Wort.
Betty schor Katies Kopfhaar nicht ganz kurz, sie ließ immer ein paar flauschige »Brauen« stehen, wie ein Vordach über ihren Augen. Damit sah sie sehr apart aus, aber auch ein bisschen lächerlich, wenn diese Brauen feucht oder vom Fressen klebrig wurden und starr nach oben standen. Ich musste dann immer an die klassische »Haargel«-Szene in dem Film Verrückt nach Mary denken.
Nach dem Haarewaschen, der Spülung, dem Föhnen und der Mani- sowie Pediküre sah Katie einfach umwerfend aus. Manchmal, wenn sie absolut ruhig dasaß, wirkte sie fast unwirklich.
Nach einem dieser Besuche im Schönheitssalon ging ich mit Katie zu Bergdorf Goodman , einem Kaufhaus an der Fifth Avenue. Dort waren Hunde willkommen, und es gab immer viel zu sehen. Wir fuhren mit dem Aufzug in die sechste Etage zur Haushaltsabteilung, in der es auch Bettwäsche gab. »Katie, sitz! Braves Mädchen. Und jetzt bleib!«, befahl ich. Sie erstarrte gehorsam, während ich mich der Auslage widmete.
Kurz darauf kam ein Kunde an uns vorbei, und ich hörte, wie er eine Verkäuferin fragte: »Was kostet das denn?«
Als ich mich umdrehte, sah ich, dass dieser gut angezogene Geschäftsmann auf Katie deutete. Anscheinend hielt er sie für ein Plüschtier oder für ausgestopft.
Doch dann erwachte Katie zum Leben und lief zu ihm. Der überraschte Mann holte tief Luft, offenbar war es ihm peinlich.
»Ach, machen Sie sich nichts daraus«, sagte ich lachend. »Sie fühlt sich geschmeichelt.«
Auf dem Heimweg kam ein junger Mann in Baggy-Hosen und mit Ketten behängt in das U-Bahn-Abteil, in dem wir saßen. Er sah aus wie ein Rapper. Ich bemerkte, dass er Katie anstarrte, die auf meinem Arm schlief. Dann kam er zu mir und fragte: »Wie viel?«
»Wie bitte?«
»Wie viel wollen Sie für den Hund?«
O mein Gott, nicht schon wieder. »Nein, sie ist nicht zu verkaufen. Tut mir leid.«
»Ich gebe Ihnen zweihundert.« Ich hielt Katie ganz fest und befürchtete schon eine Hundeentführung.
Solche Gefahren birgt die Schönheit – ihre, natürlich, nicht meine.
Nach diesem Vorfall fuhren wir lieber Taxi, zumal Hunde in der U-Bahn eigentlich nur in einer Transportbox mitgenommen werden dürfen.
Nach einem Abendessen bei Pearl, bei dem Katie ihre frisch gekämmten Ohren durch einen Teller Spaghetti hatte schleifen lassen, kam mir einmal ein sehr angenehmer Gedanke, ja fast eine Offenbarung.
Fünf Jahre lang waren wir eine starke Vierertruppe gewesen: Arthur, Pearl, Katie und ich. Aber nachdem John und Ryan uns jetzt so nahestanden, waren wir zu sechst und bildeten unsere eigene kleine Familie. Wir schienen komplett und einander so nah wie eine richtige biologische Familie.
Als ich in jener Nacht im Bett lag und Katie leise neben mir schnarchte – erschöpft vom Gerenne auf dem Flur –, merkte ich, dass ich noch nie so zufrieden gewesen war.
Den Großteil meines Erwachsenenlebens hatte ich nach einer Liebesbeziehung gesucht. Oft hatte ich dabei Schiffbruch erlitten, angefangen bei Fehlstarts bis hin zu relativ kurzen Beziehungen, denen Enttäuschung und Ernüchterung gefolgt waren. So richtig geklappt hatte es eigentlich nie.
Deshalb hatte ich mich oft fehl am Platz, isoliert und allein gefühlt, obwohl ich viele gute Freunde und eine Familie hatte, die mich immer unterstützten. Doch die Leere blieb, und ich setzte meine Suche fort nach der einen Beziehung, von der ich mir erhoffte, sie würde die Leere füllen. Doch dazu war es nie gekommen.
Aber nachdem ich eine neue Richtung eingeschlagen hatte, änderte sich alles.
Auf einmal war diese Leere in meinem Leben von meiner neuen Familie ausgefüllt, ohne dass ich mich darum bemüht oder es geplant hatte. Diese spürbare Veränderung ermöglichte es mir, mich zu öffnen, wie ich es noch nie getan hatte.
Plötzlich hatte ich all die Nähe, Unterstützung und Verbindung, die ich mir immer erhofft hatte. Die unablässigen Aktivitäten auf dem Gang waren unglaublich heilsam.
Nachdem ich jahrelang danach gestrebt hatte, im Rampenlicht zu stehen und meinen Namen unter einem Artikel zu sehen, musste ich plötzlich nichts mehr beweisen. Es war enorm erleichternd. Und zum ersten Mal in all den Jahren hatte ich das Gefühl, entspannen zu können.
Ich hatte zwar meine berufliche Basis verloren, aber dafür hatte ich etwas
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