Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
Einstellungsprozesses mit keiner Silbe erwähnt. Das war doch so, als bekäme man eine neue Stelle und fände an seinem ersten Tag heraus, dass die Firma und ihre leitenden Angestellten unter polizeilicher Beobachtung stehen, das Unternehmen gerade Insolvenz angemeldet hat und der Fonds, aus dem die Betriebsrente finanziert werden sollte, nicht mehr existiert.
Ich musste dieser Sache auf den Grund gehen. Ich wandte mich wieder der Firmengeschichte zu und blätterte zum Ende vor. Hinten im Buch fand ich mehrere leere Seiten. Die letzte Seite war nur halb bedruckt. Dort wurde Merlins Wiedererwachen und die prekäre Situation erwähnt. Jedoch ohne viele Details. Ich blätterte wieder ein paar Seiten zurück und wollte gerade anfangen zu lesen, als Gregor meinen Namen aufrief.
»Sie macht gerade Mittag«, meinte Angie, bevor ich etwas antworten konnte.
Ich ignorierte sie und sagte: »Ja, Gregor?« Sie streckte mir die Zunge raus und wandte sich wieder ihrem Lunch zu.
»Ich hab eine Verifizierungsanfrage aus der Abteilung Forschung und Entwicklung für Sie. Sie haben Sie persönlich verlangt. Sie werden von Mr. Palmer erwartet.«
Owen. Ich musste dringend mit ihm reden. Rod versuchte offenbar, mir Sand in die Augen zu streuen, aber von Owen erwartete ich mehr. Er hatte sich so besorgt darüber gezeigt, ob ich mich hier auch wohl fühlte. Wie hatte er, ohne mich zu warnen, dass die Firma in Schwierigkeiten steckte, zulassen können, dass ich diese Stelle annahm, wenn er doch wusste, was los war?
Ich schlug mein Buch zu und stand auf. »Bin schon unterwegs.« Ich sah, dass Kim und Angie mich wütend ansahen, als ich zur Tür ging. Kim war wahrscheinlich eifersüchtig, weil ich jemandem so nahe kommen durfte, dessen Stern deutlich im Aufsteigen war. Angie dagegen beneidete mich bestimmt um meine Chance, mich an den scharfen Typen ranzumachen. Ich hoffte nur, dass ich Gelegenheit haben würde, ihn über meine Entdeckung zu befragen, und dass ich eine Erklärung bekommen würde.
Nachdem ich bis zur Abteilung Forschung und Entwicklung durchgedrungen war, machte ich mir Sorgen, dass ich die Tür nicht aufkriegte, denn Rod schien einen Code dafür benutzt zu haben. Doch die Tür sprang von selbst auf, als ich näher kam. Ich ging zu Owens Schlupfwinkel hinten in der Theoretischen Magie durch. Aber in dem Labor, in dem ich ihn am Vortag gesehen hatte, war er nicht. Stattdessen fand ich ihn in seinem Büro, einem gemütlichen, von Bücherregalen gesäumten Zimmer. Es sah aus wie die Bibliothek eines englischen Herrenhauses. Mich befiel plötzlich ein heftiges Verlangen nach heißem Tee und einem guten Krimi.
Owen saß hinter dem großen Holzschreibtisch, ihm gegenüber ein kleiner, dünner, nervös wirkender Mann. Beide waren in ein Buch vertieft, das aufgeschlagen auf Owens Schreibtisch lag. Als ich leise an den Türrahmen klopfte, flogen ihre Köpfe zu mir herum. Owen fing sofort an zu lächeln. Nur die Spitzen seiner Ohren wurden rot, und er sah süß genug aus, um einen Teil meines Ärgers zu zerstreuen. »Katie! Kommen Sie herein! Nehmen Sie Platz.«
Ich ging in das Büro und ließ mich vorn auf dem großen Ledersessel neben Owens Gast nieder. »Was kann ich denn heute für Sie tun?«, fragte ich.
»Katie, ich möchte Ihnen Wiggram Bookbinder vorstellen. Er ist ein selten guter Buchhändler, der die meisten meiner eher esoterischen Quellen für mich auftut. Wig, das ist Katie Chandler aus unserer Verifizierungsabteilung. Sie ist eine Immune.«
Ich schüttelte dem Mann die Hand und achtete dabei darauf, nicht zu fest zuzudrücken. Seine Hand fühlte sich zerbrechlich an, als hielten die Knochen sie gerade noch so zusammen. Der Mann selbst sah schwächlich aus und versank fast in seinem ausgeblichenen schwarzen Trenchcoat. Einzelne graue Haarsträhnen zierten seinen weitgehend kahlen Schädel. Aus seinen Ohren wuchsen mehr Haare als auf seinem ganzen Kopf. »Nett, Sie kennen zu lernen«, sagte ich.
»Danke, ebenso«, erwiderte er, aber seine Stimme zitterte, und er war aschfahl im Gesicht geworden. Er sah mitnichten so aus, als freute er sich, mich kennen zu lernen.
Owen faltete seine Hände auf der Schreibtischplatte und sagte in einem freundlichen Ton, der ein ganz klein wenig eisig nachklang: »Gibt es irgendetwas, was Sie mir sagen möchten, bevor ich Katie eine Frage stelle, Wig?«
Der kleine Mann wurde sogar noch blasser. Seine Lippen hatten inzwischen eine gespenstische Blaufärbung angenommen. Er
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