Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
ihm sonst meist deutlich im Gesicht geschrieben stand, was er fühlte. »Sagen wir, es ist kein Geheimnis, wenn man die Initiative und den Grips hat, es herauszufinden. Aber wenn es Ihnen jemand sagen soll, ist es eins.«
»Wir arbeiten also für den echten Merlin, wie den in Camelot und all den Geschichten?«
»Nicht unbedingt wie in Camelot. Das war stark fiktionalisiert. Aber ja, er ist der echte Merlin.«
»Warum wurde er denn jetzt hierher gebracht? Das muss doch einen sehr wichtigen Grund haben, oder?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Weil Sie es nicht wissen oder weil ich es nicht wissen soll?« Seine Miene blieb weiterhin verschlossen. »Okay, verstehe. Betriebsgeheimnis. Aber ich möchte festhalten, dass ich nicht gerade glücklich darüber bin, dass Sie bei meiner Einstellung die Möglichkeit einer Krise vor mir geheim gehalten haben.«
»Wäre Ihre Entscheidung dann anders ausgefallen?«
Ich seufzte. »Wahrscheinlich nicht. Sie und Ihr Kollege haben eine prima Werbung gemacht.«
»Keine Sorge. Sie werden es schon noch erfahren.«
»Oder ich komme von selbst drauf.« Ich tippte mir an die Stirn. »Kluges Köpfchen, Sie erinnern sich? Aber jetzt gehe ich besser zurück in den Verzweiflungstrakt.« Ich stand von meinem Sessel auf und ging Richtung Tür.
»Nochmals danke für Ihre Hilfe«, rief er hinter mir her. Noch bevor ich aus der Tür war, hatte er seine Nase jedoch bereits wieder tief in das Buch gesteckt.
In den Labors wurde fleißig gearbeitet, doch der Gang, der zum Ausgang führte, war fast leer. Ich sah einen Mann auf mich zukommen, der keinen von den weißen Kitteln trug, die hier ein Muss zu sein schienen. Als er näher kam, lächelte ich und nickte, doch er zeigte nicht die geringste Reaktion. Er benahm sich, als könnte er mich nicht sehen – oder als dächte er, ich könnte ihn nicht sehen. Ich kannte ihn nicht, aber in dieser Abteilung kannte ich ja die meisten nicht.
»Hallo«, sagte ich zu ihm. Seine Augen bewegten sich in meine Richtung und sahen dann direkt an mir vorbei. Entweder war ich dem unfreundlichsten Angestellten der ganzen Firma begegnet, oder hier ging irgendwas Merkwürdiges vor sich. »Hey!«, rief ich laut. Er drückte sich an die Wand, als wollte er sich unsichtbar machen. Dabei fiel mir auf, dass er etwas unter seiner Jacke versteckte. Da war definitiv was faul.
Er versuchte, sich an mir vorbeizudrücken, doch ich stellte mich ihm direkt in den Weg. Dann machte er einen Schritt seitwärts. Inzwischen war ich ganz sicher, dass er nicht hierher gehörte und dass er dachte, er wäre für alle unsichtbar. »Sie sind nicht unsichtbar, müssen Sie wissen«, sagte ich und verdrehte meine Augen. »Ich kann Sie sehen.«
Er guckte erstaunt und schaute sich um, als suchte er den Ausgang oder aber nach einer Bestätigung dafür, dass er sichtbarer war, als er glaubte. Das bewies, dass irgendetwas nicht stimmte.
»Hey!«, schrie ich noch einmal. Diesmal eher allen anderen, die in Hörweite waren, zu. »Sicherheitsdienst! Hier ist ein Eindringling! Hilfe!«
Der Typ sah aus, als wollte er wegrennen. Ich packte ihn an seiner Jacke und hielt ihn fest. Er murmelte etwas auf Lateinisch, und die Luft vibrierte vor Spannung, doch nichts passierte. Er schien überrascht zu sein, was ich ausnutzte, um nach seinem Arm zu greifen. Wenn er rausrennen wollte, würde er mich hinter sich herziehen müssen. Ich stemmte meine Absätze in den Boden, doch die Bodenfliesen gaben mir nur wenig Halt. Währenddessen schrie ich aus vollem Hals: »Hallo! Hilfe! Sicherheitsdienst! Irgendwer muss herkommen!« Schließlich rief ich verzweifelt: »Owen!« Hoffentlich hatte er es ernst gemeint, als er gesagt hatte, ich könnte ihn jederzeit um Hilfe bitten.
Der Eindringling verließ sich nicht länger auf Zauberei und ging zu roher Gewalt über, indem er mich grob von sich wegschubste. Er war größer als ich, sodass die Wucht seines Stoßes mich quer durch den Gang schleuderte. Mit einem dumpfen Aufprall knallte meine Schläfe gegen die Wand. Ich sank benommen zu Boden.
Warum kam denn niemand? Meine Schreie hätten doch selbst Tote aufwecken können, dachte ich. Aber dann flog der Eindringling plötzlich rückwärts gegen die andere Wand, als hätte ihm ebenfalls jemand einen Stoß versetzt. Er verharrte so mit dem Rücken an der Wand, während seine Füße fast einen halben Meter über dem Boden schwebten. Inzwischen schaute er nicht mehr so, als hielte er sich für
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