Katie Chandler 02 - Alles ausser Hex-ok-neu
machte ich geistesabwesend.
»Mit deinen Eltern. Die meisten Leute haben Angst vor New York, wenn sie das erste Mal hierher kommen, aber nach einer Weile wird es einfach eine ganz normale Stadt. Und ist nicht mehr annähernd so unheimlich. Ich glaube sogar, es wird ihnen gut tun, wenn sie ihre bizarren Vorstellungen an der Wirklichkeit überprüfen können und dann ein viel realistischeres Bild von New York mit nach Hause nehmen.«
»Das Problem ist nur, dass die Welt hier noch viel bizarrer ist, als sie es sich je vorstellen könnten. Mit Straßenräubern können sie wohl noch umgehen, glaube ich. Aber mit magischen Straßenräubern?«
»Diese Leute sind seit Ewigkeiten daran gewöhnt, ihr magisches Wesen vor anderen zu verbergen. Ich glaube, dass deine Eltern durchaus eine Woche hier sein können, ohne hinter das Geheimnis zu kommen.
Du hast schließlich auch ein Jahr dafür gebraucht, war es nicht so? Und ich hab zehn Jahre hier gewohnt, bevor ich darauf gestoßen wurde, dass ich immun bin.«
Hoffentlich behielt er recht. Es war schon schwierig genug gewesen, Ethan, den ich damals noch kaum gekannt hatte, zu erklären, dass es Magie wirklich gab. Ich glaubte nicht, dass ich meinen Eltern das erklären konnte, ohne dabei irre zu werden. Ich gab ihm rasch einen Kuss, dann stieg ich aus und ging zur Gepäckausgabe in der Ankunftshalle.
Je länger ich dort auf sie wartete, desto nervöser wurde ich. Ich hatte meine Eltern über ein Jahr nicht gesehen. Und was noch wichtiger war: Sie hatten auch mich so lange nicht gesehen. Was würden sie von mir halten? Ich hatte das Gefühl, mich stark ver
ändert zu haben. Was, wenn ihnen mein neues Selbst nicht gefiel?
Als ich die Passagiere ankommen und auf das Band mit den Gepäckstücken des Fluges aus Dallas zusteuern sah, wurde ich so nervös, dass ich dachte, ich müsste mich übergeben. Dann erspähte ich den Kopf meines Vaters, der die anderen überragte, und rannte auf ihn zu. »Dad! Mom!«, rief ich.
Sie brauchten eine Sekunde, um mich zu orten, und in diesem Moment registrierte ich erstaunt, wie viel älter sie aussahen. Wir waren nur ein Jahr getrennt gewesen, aber in meiner Erinnerung sahen sie offenbar noch immer so aus wie zu meinen Kindertagen. Die Realität traf mich wie ein Schlag. Mein Dad hatte silbergraue Haare, und auch die blonden Haare meiner Mutter hatten einen deutlich stärkeren Stich ins Graue bekommen.
Doch dann trafen wir aufeinander, und sie umarmten mich, als wollten sie mich nie wieder loslassen.
»Oh, meine Kleine!«, wiederholte meine Mutter immer wieder, während mein Dad mir andauernd über den Rücken strich. Ich war froh, dass Ethan im Auto bleiben musste, denn ich wollte nicht, dass er mich weinen sah.
»Schön, euch zu sehen«, sagte ich, als ich mich wieder so weit gefangen hatte, dass ich reden konnte.
»Ich hab euch so vermisst!«
Meine Mutter hielt mich von sich weg. »Sieh dich nur an. Du bist ganz dünn. Isst du denn auch genug?
Wenn du nicht genug Geld hattest, um dir was zu essen zu kaufen, hättest du es doch sagen müssen.«
Ich fühlte mich gleich wieder wie zu Hause. »Ich esse genug, wirklich«, antwortete ich lachend. »In New York muss man viel laufen. Das hält einen fit.«
»Du bist doch nicht magersüchtig, oder? Wie diese ganzen Fotomodelle?« Sie öffnete ihre Tasche.
»Hier, ich hab was zu essen mitgebracht, weil man im Flieger ja heutzutage nicht mehr ordentlich verpflegt wird. Ich glaube, ich hab noch ein bisschen von dem Brathähnchen übrig.«
Ich drückte ihre Tasche zu, um zu verhindern, dass sie mitten in der Gepäckausgabe ein komplettes Dinner ausbreitete. »Ich brauche kein Brathähnchen, Mom. Wir kriegen gleich noch genug zu essen.«
»Du wohnst schon viel zu lange hier. Früher mochtest du immer so gern Brathähnchen.«
Während wir uns unterhielten, hatte mein Vater das Gepäck herbeigeschafft. »Hast du auch alles?«, fragte ich. »Ein Freund von mir wartet draußen im Auto. Wahrscheinlich musste er schon dreimal im Kreis fahren.«
»Das war aber nicht nötig, dass du uns extra hier abholst«, sagte Mom.
»Ich wollte es aber gern, und mein Freund hat mir angeboten zu fahren.«
Sobald wir draußen ankamen, hielt Ethan vor uns am Straßenrand. Meine Eltern schauten sich an, als sie den Mercedes sahen. Als Ethan ausstieg und ihnen half, das Gepäck zu verstauen, wuchs ihre Begeisterung sogar noch.
»Mom, Dad, das ist, äh, ein guter Freund von mir.
Ethan Wainwright. Wir arbeiten
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