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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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hätte, um die Lappés mal so richtig schön abzuzocken. Irritiert hat mich außerdem, dass es Jüjü anscheinend überhaupt nicht interessierte, ob seine Frau denn nun ein außereheliches Verhältnis hat oder nicht. Ist doch seltsam, oder? Ich werde den Eindruck nicht los, dass er sich von dieser Briefgeschichte etwas ganz anderes erhofft hat.«
    »Glauben Sie? Aber was?«
    »Das genau ist die Frage.«
    Es klingelte an der Tür. Zuerst war ich darüber erleichtert, weil ich, der Chef, keine Antwort auf Sonias Frage wusste. Dann war ich allerdings weniger erleichtert, weil mir schlagartig wieder die Situation bewusst wurde, in der ich mich befand. Na toll, dachte ich, da kommt schon mal ein potenzieller Klient und du sitzt hier schmauchend, halb nackt und ratlos hinter deinem Schreibtisch!
    Sonia stand auf und verschwand, um die Tür zu öffnen. Und ich suchte händeringend nach einer einigermaßen plausiblen Erklärung für den Anblick, der sich meinem Besucher gleich bieten würde. Aber was immer mir auch einfiele, es wäre sowieso nutzlos. Dazu sah alles zu sehr nach »alle Achtung, so eine Sekretärin hätte ich auch gerne gevögelt« aus, falls der Besucher ein Mann sein sollte. Und bei einer Frau nach einem vernichtenden »sexgeiler Macho-Chef beim Schäferstündchen mit abhängig Beschäftigter erwischt«. Und dann auch noch mit qualmender Zigarre im Schnabel! Ich spielte für einen Augenblick mit dem Gedanken, ins Badezimmer zu fliehen, mich dort einzuschließen und trotzig jegliche Rückkehr zu verweigern. So wie früher, wenn Oma zu Besuch kam, um sich mit selbst gebackenen Schokoplätzchen die Berechtigung für feucht-klebrige Schlabberküsschen zu erkaufen.
    Nach einer halben Minute kam Sonia zurück – alleine, wie ich nicht ohne eine gewisse Erleichterung feststellte. In der rechten Hand trug sie eine Plastiktüte, über dem linken Arm trockene Klamotten. So langsam wurde es anscheinend zur Gewohnheit, dass sie mich mit neuer oder trockener Kleidung versorgte.
    »Eine Kleinigkeit zu essen. Von meinem Lieblingsitaliener», sagte sie mit Blick auf die Plastiktüte, »und hier Jeans, Socken und ein T-Shirt. Hat mir ein Freund geliehen.«
    Ich wollte nicht wirklich wissen, was für eine freundschaftliche Basis das wohl war, auf der man sich gegenseitig die Hosen auslieh. War im Moment auch egal. Ich schnappte mir, natürlich nicht ohne eine dankbares Murmeln, die trockenen Sachen und verschwand im Badezimmer. Dort zog ich die Jeans an und schloss sie – mangels Unterwäsche – mit der gebührenden Vorsicht. Ich hatte da nämlich so meine Erfahrungen, noch aus der Pennälerzeit. Damals trafen wir uns oft im Sommer zum abendlichen FKK-Bad an der Isar und trugen, weil wir so sexy und so lässig waren, unsere Hosen grundsätzlich ohne etwas darunter. An einem Abend, beim Anziehen vor dem Nachhauseweg, hatte ich mir mit einem ungefähr zehn Zentimeter langen Ruck das eingeklemmt, was man immer mit Sorgfalt, Vorsicht und Umsicht behandeln sollte. Und zwar so gründlich, dass ich, gekrümmt vor Schmerz und Scham, mit dem Auto zu einem Arzt gebracht werden musste, um zu trennen, was nicht zusammengehörte. Während der Fahrt stellte ich qualvoll fest, wie beweglich doch so eine Hose sein konnte, vor allem, wenn sie an einem sehr wunden Punkt aufgehängt war.
    Der Arzt brauchte geschlagene fünfzehn Minuten, um mich von der Jeans zu befreien und Teile von mir aus den messerscharfen Klauen des gefräßigen Reißverschlusses zu pröngeln. Und die Tatsache, dass der Arzt eine Ärztin war, machte die Sache absolut nicht angenehmer. Auch nicht, als sie mit viel Gefühl, das ich in diesem Moment aber so gar nicht zu würdigen wusste, das verwundete, verängstigte kleine Arnochen salbte und mit weichem Mull verband. Heiliger Fleischwolf – da hatte ich schon mal den damals so ersehnten Kontakt mit der holden Weiblichkeit und dann bei einer solch blöden Gelegenheit!
    Mein Schniedel sah nach der Aktion aus wie die kunstvoll eingewickelte Mumie einer ägyptischen Spitzmaus, der man – wer weiß schon, was die Ewigkeit noch so mit sich bringt? – sicherheitshalber eine kleine Öffnung zwecks Nahrungsaufnahme oder was auch immer gelassen hatte. Seitdem konnte ich die Begeisterung der Menschheit über die Erfindung des Reißverschlusses nie mehr teilen, vielmehr belegte diese Innovation auf meiner persönlichen Hitliste der menschlichen Errungenschaften nur noch einen der hinterletzten Plätze. Wenn’s quasi um die Wurst

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