KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
ausgesprochen streitlustig. Na gut, das war ich auch, redete ich mir jedenfalls schnell noch ein, bevor er mich erreicht und ohne ein weiteres Wort der Begrüßung mir gegenüber Platz genommen hatte.
»Was immer Sie von mir wollen, machen Sie’s kurz, ja!« war sein erster Satz.
Das konnte ja heiter werden!
»In Ordnung: Ich bin im Auftrag Ihrer Frau hier, habe in meiner Aktentasche das Original eines modifizierten Ehevertrages und möchte, dass Sie morgen im Beisein eines Notars eben diesen Vertrag unterschreiben.«
Lappé musterte mich, als könne er sich nicht entscheiden, ob er mich in die nächste Irrenanstalt einweisen lassen oder mir doch lieber gleich ein Stück des sündteuren Sitzmobiliars über den Schädel hauen sollte. Dann grinste er mich plötzlich an, als wären sowieso Hopfen und Malz verloren.
»Und warum sollte ich das wohl tun?«
»Ihre Frau meint, es wäre sehr schlau von Ihnen, wenn Sie den Vertrag unterschreiben würden.«
»So, so, meint sie das?«
»Ja, das tut sie. Und sie hat ihre Gründe dafür auf dieses Zettelchen geschrieben.«
Ich nahm den Umschlag mit dem Ehevertrag aus der Aktentasche und aus diesem Umschlag wiederum den Zettel mit den peniblen Aufzeichnungen über Lappés Koks-Konsum, den ich Jüjü mit demonstrativer Gelassenheit überreichte. Und während ich das tat, kam mir eine Idee, die man fast schon als Eingebung hätte bezeichnen können: Koks-Konsum, das ließ sich auch, wenn man es lieber etwas dezenter mochte, abkürzen – KoKo. Und genau diese Abkürzung – KoKo – hatte ich schon mal gesehen, und zwar in roter Tinte als handgeschriebene Randnotiz, ebenfalls auf einem Vertrag oder genauer: auf dem Entwurf jenes Kaufvertrags, mit dem Franjo Neumayer von der ›MediConsult‹ morgen hier auftauchen würde! Und jetzt war mir auch schlagartig klar, auf welche Weise genau Maria Lappé diesen kleinen Zettel, dieses unscheinbare, aber höchst wirkungsvolle Druckmittel einzusetzen gedachte: Mit diesem Zettel konnte sie, vorausgesetzt sie stand in Kontakt mit Neumayer, was ich stark annahm, den ganzen Deal zwischen ihrem Mann und der MediConsult platzen lassen – zumindest fürs Erste und zu den ausgehandelten Konditionen. Wow, manchmal fand ich mich so pfiffig, dass ich geneigt war, mich selbst zu siezen!
Lappé studierte den Zettel, zuerst nur flüchtig, dann intensiver, und strich sich dabei mit der Hand über den Schädel.
»Aha, eine kleine Erpressung also!«, sagte er schließlich.
Das war stark: Heimlich seine Klinik verkaufen wollen, Frau und Kind im Stich lassen, mit seiner Geliebten in Richtung Wein, Weib und Gesang abtauchen und sich dann auch noch als Opfer aufspielen! Ich konnte mir nicht helfen, aber Jüjü war auf dem besten Wege, es sich mit mir zu verscheißen.
»Wie Sie das Vorgehen Ihrer Frau beurteilen, geht mich nichts an«, sagte ich. »Vielleicht sollten das besser Ihre Anwälte klären. Mein Job ist es, mit diesem Ehevertrag samt Unterschrift nach München zurückzukehren.«
Wir fixierten uns für die Ewigkeit einer halben Minute wie zwei schlecht gelaunte Panzernashörner, die im Begriff waren, mit voller Wucht aufeinander loszupreschen. War gar nicht so einfach, seinem stahlharten Blick standzuhalten, aber da musste ich eben durch. Bei mir würde er auf Granit beißen, vielleicht nur auf Weichgranit, aber immerhin auf Granit. Und meine entschlossene Hartnäckigkeit zahlte sich aus. Jüjü gab klein bei und senkte seinen Blick.
»Ich brauche jetzt dringend einen Cognac«, sagte er schließlich. »Was ist mit Ihnen?«
»Warum nicht?«, antwortete ich.
Jüjü winkte den Hotelkellner herbei und bestellte »zwei Cognacs, aber nicht so knauserig eingeschenkt, bitte!«
Der Kellner verschwand und wir schwiegen wieder.
Ich wurde aus meinem Gegenüber nicht so recht schlau. Sollte er mir vielleicht leidtun? Eher nicht. Ich sah das Ganze so: Hans-Jürgen Lappé hatte das Leben in vollen Zügen genossen, inklusive langer Züge durch lange Strohhalme, und war mit seiner zweiten Frau auf einen Partner gestoßen, der ihm mehr als gewachsen war. So war das Leben, oder?
Nach drei Minuten kam der Kellner zurück und stellte zwei bauchige Cognac-Schwenker auf den Tisch. Sie waren so bauchig, dass man sie mit einer Hand gar nicht richtig greifen konnte. Leicht angewärmt und tatsächlich ziemlich gut gefüllt. Perfekt. Schade, dass Jüjü seinen Humidor nicht dabei hatte. Ein nettes Zigärrchen hätte jetzt ganz gut gepasst und die Atmosphäre
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