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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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militärischen Konflikten herausgehalten hatte, denn: »Oberst Plümeli befiehlt den Angriff im Morgengrauen!« das würde wohl kaum einen Feind wirklich beeindrucken. Klang zu sehr nach »Blechbüchsenarmee« oder »Angriff der Killerpfirsiche«.
    Ich ging über die knarzende Treppe mit dem gedrechselten Holzgeländer, das auch schon mal bessere Tage gesehen hatte, hinauf in den zweiten Stock und suchte die Klingel an der Tür zu Urs Plümelis Notariat. Gab aber keine. Stattdessen zierte die Tür ein kleiner, hölzerner Specht mit buntem Kopfschmuck. Zog man an dem Band, das an seinem Schwanzende befestigt war, dann klopfte der Specht resolut, weil federgelagert, mit seinem Schnabel gegen die Tür. Das war wirklich witzig, genau die Art von Zerstreuung im Alltag, die ein hart arbeitender Detektiv zu schätzen weiß!
    Die Tür öffnete sich und vor mir stand ein Mann mit rötlich blonden, kurz geschorenen Haaren, dessen Gesichtsfarbe zu rot war, um gesund zu wirken und eher auf einen veritabel überhöhten Blutdruck hinwies. Dazu ein kugelrunder Bierbauch über zwei kurzen krummen Beinen, an den Füßen hellbraune Sandalen und weiße Tennissocken. Als wir uns per Handschlag begrüßten, bemerkte ich, dass seine Hand leicht zitterte; als ich ihm durch den langen, schmalen Flur, der durch die deckenhohen Regalen mit ihren unzähligen Büchern, Zeitschriften und Aktenordnern nicht eben geräumiger wurde, in sein Büro folgte, bemerkte ich, dass sein Gang unsicher schlurfend war; und als ich ihm schließlich an seinem Schreibtisch gegenübersaß, bemerkte ich, dass seine Haut nicht nur zu rot war, sondern auch talgig glänzte. Sah irgendwie gar nicht gut aus, vor allem wenn man bedachte, dass er nicht älter als vielleicht Anfang fünfzig war.
    »Was führt Sie zu mir, Herr Katz?«, fragte Plümeli. Vergesslich war er also auch noch, denn das hatte ich ihm am Telefon schon alles haargenau erklärt!
    »Wie ich schon am Telefon sagte«, antwortete ich deshalb mit einer gewissen müden Ungeduld, »brauche ich hier in Zürich in den nächsten Tagen, und zwar morgen, denke ich, einen Notar, der erstens die Unterzeichnung eines Vertrags bezeugt und zweitens eine beglaubigte Kopie dieses Vertrags anfertigt.«
    »Ach ja, freilich, ich erinnere mich! Wissen Sie auch schon die genaue Uhrzeit?«
    Ich war fasziniert. Nicht so sehr davon, dass er sich anscheinend doch an mich und mein Anliegen erinnerte, sondern von den glänzenden Speichelfäden, die sich zwischen Ober- und Unterlippe seines geöffneten Mundes spannten wie ein Spinnennetz in feuchtem Gewölbe.
    »Morgen Vormittag gegen elf. Könnte sich aber vielleicht auch noch verschieben. Das heißt also, ich bräuchte Sie praktisch auf Abruf. Ist das machbar?«
    »Aber sicher. Lassen Sie es mich so sagen: Glücklicherweise verfüge ich momentan über eine gewisse Freiheit, was die Disponibilität meiner Zeit betrifft, od’rr?«
    »Dann würde ich Sie also morgen hier abholen, ja? Reicht es, wenn ich mich eine halbe Stunde vorher telefonisch melde?«
    »Vollauf. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung. Praktisch Gewehr bei Fuß, wie man es bei Ihnen in Deutschland so herrlich treffend ausdrückt, od’rr?«
    Ich lächelte etwas säuerlich. Warum säuerlich, war mir selbst nicht so ganz klar. Aber säuerlich schien mir in diesem Moment irgendwie angebracht.
    »Was übrigens die Bezahlung angeht ...«
    »Regelt alles die gültige Gebührenordnung. Wenn Sie freilich in dieser Hinsicht irgendwelche anderen ...«
    »Keineswegs! Ich bin ein Freund jeglicher Ordnung, auch der Gebührenordnung.«
    »Natürlich. Etwas anderes käme ja für uns auch gar nicht infrage, od’rr?«
    »Eben! Nun, ich denke, dann wäre vorerst alles Wichtige geklärt.«
    Er nickte feierlich. Ich nickte feierlich. Dann erhoben wir uns feierlich, und er schlurfte voran durch den schmalen Flur zur Eingangstür, an deren Außenseite der kleine Specht darauf spechtete, dass ihm bald wieder jemand an seinem Schwanz ziehen würde.
    »Ach, eines noch: Können Sie mir vielleicht ein Hotel in der Nähe empfehlen, und zwar ein einigermaßen erschwingliches?« fragte ich ihn zwischen Tür und Angel.
    »Versuchen Sie es mal im ›Continental‹ in der Stampfenbachstraße 60. Ein sehr anständiges Haus, zentral gelegen. Und wenn Sie sich auf mich berufen, bekommen Sie einen guten Sondertarif!«
    Na, das war doch mal etwas: Der Mann hatte nicht nur schicke Sandalen, sondern auch noch Beziehungen. Zum ersten Mal verflog der

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