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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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Das war doch meine große Chance. Ich meine, nichts gegen Feuerwehr-Jubiläen, Versammlungen von Kaninchenzüchtervereinen, Ladeneröffnungen oder hundertste Geburtstage, aber das war natürlich eine ganz andere Sache, ein richtiger Hammer!«
    Ich nickte ihm voll kollegialer Anerkennung zu. »Ist schon klar«, sollte das heißen, »träumen wir doch alle davon: der große Scoop und wir als Erste dran!« Konnte ich als Vollblutjournalist doch sofort verstehen.
    »Können Sie sich noch erinnern, was genau Sie damals am Unfallort vorgefunden haben? Ich meine, ist ja immerhin schon eine ganze Weile her.«
    »Selbstverständlich, so was vergisst man doch nicht! Außerdem hatte ich doch meine Kamera dabei. Und Fotos vergessen erst recht nichts! Warten Sie mal einen Augenblick ...«
    Haunerdinger verschwand wie der geölte Blitz im Nebenraum, es raschelte, dann fiel irgendetwas auf den Boden, begleitet von einem leisen Fluchen, und schon kam er zurück, unter dem Arm einen Aktenordner.
    »... hier sind die Bilder, die ich damals gemacht habe. Noch mit meiner Leica-M und nix digital! Da musste jeder Schuss sitzen, sag’ ich Ihnen, da gab es keine zweite Chance, da musste man noch genau wissen, was man tat. Nicht wie heute: Erst mal abdrücken, dann auf dem Monitor kontrollieren, löschen, noch mal abdrücken, bis das Foto endlich stimmt. Na ja, waren halt andere Zeiten.«
    Ich tat so, als wüsste ich genau, wovon er redete, und schaute mir die Fotos an.
    »Saubere Arbeit, Herr Kollege, wirklich saubere Arbeit«, lobte ich ihn. Und zwar ganz im Ernst, denn eines musste man wirklich sagen: Er hatte mit seiner Leica perfekte Fotos gemacht, knallscharf bis in jedes Detail. Im Blitzlicht der Kamera die Leiche von Josef Bunzenbichler, im Gras, auf dem Rücken liegend, die Augen weit aufgerissen, das Gesicht verzerrt. Es wirkte nicht mehr so rund wie auf dem Foto mit der kleinen Maria und die Lücken zwischen den Locken waren deutlich ausgeprägter.
    Hubert Haunerdinger war sichtlich stolz über mein Lob. Kam wahrscheinlich nicht so wahnsinnig oft vor, dass seine Arbeit die Anerkennung bekam, die er sich wünschte.
    »Sind Sie an der Unfallstelle geblieben, bis die Polizei kam?«, fragte ich.
    »Ja, klar. Dauerte ganz schön lange, ich hab mir fast den Hintern abgefroren.«
    »Es gab damals Gerüchte, dass das Ganze vielleicht gar kein Unfall war ...«
    »Habe ich auch gehört, aber ich halte das für Quatsch. Ich meine, hat es doch schon öfter gegeben, dass einer zu viel trinkt, das Bewusstsein verliert und dann erfriert. Gerade mit so viel Alkohol im Blut und bei so einer verdammten Eiseskälte geht das doch Ratzfatz.«
    »Aber Bunzenbichler soll doch eigentlich gar nicht getrunken haben.«
    »Na ja, eben! Wenn einer den Alkohol nicht gewohnt ist, dann ist er doch umso schneller hinüber, oder was denken Sie? Jedenfalls wurde, soweit ich weiß, in der vorläufigen Todesbescheinigung ein ›nicht aufgeklärter Unfalltod, ohne Hinweise auf äußere oder fremde Gewalteinwirkung‹ oder so ähnlich festgestellt. Obwohl ...«
    »Obwohl was?«
    »... obwohl später bei der vollständigen Leichenschau doch Zweifel aufkamen. Aber nur kurzzeitig. Da haben sie eine kleine Platzwunde am Hinterkopf und ein paar Verletzungen im Rachenraum gefunden, irgendwelche Kratzer oder leichte Abschürfungen oder so etwas in der Art. Aber das war alles insgesamt wohl so harmlos, dass es nichts mit der Todesursache zu tun haben konnte. Vermutlich hat Bunzenbichler im Suff irgendetwas verschluckt und sich dabei den Hals aufgekratzt, bevor er hingefallen und mit dem Kopf auf einen Stein geknallt ist. Und bums, aus war’s!«
    »Wurde die Leiche denn nicht obduziert?«
    »Nein, es gab ja keine weiteren Zweifel. Erstens: Wer hätte Bunzenbichler denn schon umbringen sollen und warum? Und zweitens hatte damals keiner ein Interesse daran, diesen Unfall aufzubauschen. Hätte doch bloß alles unnötig in die Länge gezogen und wäre am Ende zulasten der Witwe gegangen, wegen der Versicherungen und so. Sie verstehen schon.«
    Ich verstand zwar nicht, tat aber trotzdem so als ob. Hätte sonst bloß alles unnötig in die Länge gezogen und wäre am Ende zu meinen Lasten gegangen, wegen aufkommenden Hungers und so.
    »Sagen Sie, Herr Haunerdinger, könnte ich wohl dieses Foto haben. Und Kopien von den Artikeln, die Sie damals über diesen Todesfall geschrieben haben? Würde ich gerne lesen und in die Redaktion nach München mitnehmen.«
    Ich hätte auch genauso gut

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