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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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ja, wer? Was hatte es mit dieser Abschürfung in seinem Rachen auf sich? Was konnte er verschluckt haben, damit so eine Verletzung entstand? Und warum hatte man nicht obduziert und in seinem Magen nach diesem Ding gesucht? Die entscheidende Frage aber war: Warum waren genau diese Fragen damals nicht gestellt worden oder doch zumindest nicht mit dem entsprechenden Nachdruck? Ich wurde den Verdacht nicht los, dass außer der Unfall-Version nichts anderes in Betracht gezogen werden sollte. War natürlich nur ein Gefühl, nichts Handfestes.
    Mein Freund, der Wirt, brachte mir das nächste Bier und legte eine in Plastik geschweißte Speisekarte auf den Tisch.
    »Falls Sie etwas essen möchten. Ente, Kalbsbraten und saure Zipfel sind leider schon aus.«
    »Danke, aber ich warte noch auf meine Kollegin.«
    »Ist recht.«
    Wie aufs Stichwort erschien Sonia in der Eingangstür, bepackt mit Einkaufstüten. Sie schaute zu mir herüber, wandte den Blick dann zögernd wieder ab, stutzte einen Moment, schaute wieder zu mir herüber und grinste plötzlich über das ganze Gesicht. Als sie auf mich zukam, bemerkte ich ihre neuen Sommerstiefel, kniehoch und ohne Absätze, auf denen sie sich aber nicht weniger weiblich elegant bewegte als auf ihren Stöckelschuhen, nur anders eben. Wäre wahrscheinlich selbst mit Filzpantoffeln so gewesen. Sie hatte es halt irgendwie drauf.
    »Hätte Sie um ein Haar nicht erkannt, Chef!«, sagte sie, während sie ihre Einkäufe auf zwei freien Stühlen verstaute, »Spitze, der neue Haarschnitt. Echt cool, kann man nicht anders sagen.«
    »Harrys Werk. Harry ist der Friseur hier. Witziger Typ und eigentlich viel zu begabt, um hier zu versauern. Ich glaube, der könnte sehr erfolgreich sein, wenn er die Chance dazu bekäme.«
    »Muss ich mir bei Gelegenheit mal anschauen, diesen Harry. Unbedingt.«
    Ich nickte Richtung Einkaufstüten und konnte mir dabei ein Feixen nicht verkneifen.
    »Naaaa, ein paar Einkäufe gemacht in Rosenheim? War’s denn schön?«
    »Nur ein paar Kleinigkeiten ...«
    Heiliger Seesack – ein paar Kleinigkeiten! Wie würde dann wohl erst ein Großeinkauf aussehen?
    »... Stiefel, damit ich mir bei unseren Ausflügen aufs Land nicht die schönen Stöckelschuhe versaue. Ein nettes Kleidchen, das hier in Rosenheim auf mich gewartet hat, eine von den Jeans, die überall auf mich warten, und alles gar nicht teuer, uuuuund ...« Sie angelte sich zwei der Einkaufstüten und legte deren Inhalt nach und nach auf den Tisch. »... die Notausrüstung für ungeplante Übernachtungen: Nachthemd für mich, Schlafanzug für Sie, Zahnbürsten, Shampoo und das ganze Zeug, außerdem frische Socken und ein neues Hemd, das übrigens ganz hervorragend zum tollen, neuen Haarschnitt passt. Als hätte ich’s geahnt! Und natürlich Unterwäsche. Ich denke, Größe 5 müsste hinhauen.«
    Ich war mir ziemlich sicher, dass Sonia die passende Größe von Männerunterhosen exakt einschätzen konnte. Das war aber nicht der Grund, warum ich sie jetzt anstarrte, als hätte ich gerade von einem reichen Erbonkel in Amerika erfahren.
    »Sie sind schon etwas ganz Besonderes, Sonia, wissen Sie das?«
    In ihre Wangen stieg ein Hauch Morgenröte, während sie die Sachen wieder einpackte. Oder auch Abendröte, war schwer zu unterscheiden.
    »Wenn Sie wüssten, wie besonders, Chef!«, sagte sie so leise, dass ich es kaum verstehen konnte.
    Ich entschied mich, nicht zu lange über diese rätselhafte Antwort nachzugrübeln, sondern jetzt etwas Nützliches zu tun, etwas, das Tatkraft und Souveränität ausstrahlte, dass unserem Zusammensein eine neue Qualität verleihen würde, etwas, wofür Sonia mir noch sehr dankbar sein würde, weil sie es jetzt dringend brauchte, kurzum: Ich reichte ihr die Speisekarte, denn ich hatte einen Sauhunger und sie bestimmt auch.
    »Ente, Kalbsbraten und saure Zipfel sind übrigens aus«, warnte ich sie vorsorglich, »die haben sich wahrscheinlich im Kühlschrank zu Tode gelangweilt und feiern jetzt woanders eine Vertriebenenparty.«
    Sonia kicherte. Ich mochte es schon immer, wenn Frauen kichern. Ich meine gekonnt kichern. Allerdings können das die wenigsten, meistens gackern, gickern oder wiehern sie. Sonia aber kicherte.
    Der Wirt kam, um unsere Bestellung aufzunehmen, und brachte mir bei der Gelegenheit netterweise noch ein Bier. Anscheinend sah ich heute total durstig aus. Sonia bestellte sich eine gegrillte Hühnerbrust mit Salat, ich einen «ofenfrischen« Schweinebraten mit

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