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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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und nicht den Blödsinn, den die von einer Sekunde auf die andere machen.
    Hinter Peine verließen wir die Autobahn. Stau. Musste ja nicht sein. Auf der Landstraße wurde es dann erheblich besser. Weniger Regen, weniger Gischt, mehr Sicht.
    »Du solltest ernsthaft darüber nachdenken, auch mal mit dem Golfen anzufangen. Gerade du als Sportler, Mensch!« sagte Kopetzke. Er war jetzt merklich entspannter als auf der Autobahn und fand – wie alle begeisterten Golfer – schon wieder Zeit zum Missionieren.
    »Weiß nicht so recht, Bernd. Ist irgendwie nicht das Richtige für mich: Ein Sport, der aus lauter Langeweile erfunden wurde und immer noch aus lauter Langeweile gespielt wird ...«
    »Wie Langeweile?«
    »Soweit ich weiß, haben das Golfen Schäfer in Schottland erfunden, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen. Immerhin, Generationen von Schafen dürften dafür immer noch dankbar sein!«
    Kopetzke sah zur mir herüber, erst verständnislos, dann anzüglich grinsend.
    »Na, also weißt du ... nee, das siehst du falsch. Golf ist reine Kontemplation, die Auseinandersetzung mit einer komplexen Herausforderung, das perfekte mentale Training.«
    »Für mich ist am Golfen, wenn überhaupt, nur eins faszinierend.«
    »Und das wäre?«
    »Die totale Sinnfreiheit. Ich meine, jede andere Sportart kannst du lernen, bei etwas Begabung vielleicht sogar beherrschen. Aber beim Golfen bist und bleibst du ewig der Dödel, der sich schon freuen kann, wenn sein Ball tatsächlich mal so fliegt, wie es eigentlich geplant war. Oder doch wenigstens ungefähr.«
    »Aber das ist es doch gerade! Das ständige Lernen, mit Schwierigkeiten und Fehlschlägen umzugehen. Deshalb spielen doch auch so viele Manager Golf. Weil man da Demut lernt!«
    »Demut! Wenn so viele Manager Golf spielen und dabei so viel Demut lernen, dann verstehe ich eines nicht ...«
    »... und das wäre? ...«
    »... warum die ihre ganze angebliche Demut auf dem Platz verbrauchen und nicht ein Schnapsgläschen davon mit in ihre Büros nehmen! Wäre doch nicht schlecht, wenn die ihre Leute wenigstens mit einem Hauch der Demut behandeln würden, die sie diesem kleinen, blöden Ball angedeihen lassen, find’ste nicht?«
    Kopetzke schwieg und rang nach einer überzeugenden Antwort. Ich versuchte, die Denkpause zu nutzen, um das Thema zu wechseln.
    »Wer präpariert die Fahrzeuge für morgen?«
    »Der Dicke.«
    Ich nickte beruhigt. Schmitz, alias »der Dicke« war bestimmt nicht der Schnellste und nicht der Hellste, aber in seinem Fach die Nummer 1. Wenn der einen Wagen präparierte, konnte man absolut sicher sein, dass das Gefährt exakt nach Plan im richtigen Sekundenbruchteil, an der richtigen Stelle und auf die richtige Art explodierte, kokelte, abhob oder auseinanderbrach. Und nicht ungefähr dann und dann, da und da, so oder so. Konnten wir uns blind drauf verlassen und, na ja, mussten wir ja auch.
    Trotzdem, der dicke Schmitz war nur die halbe Miete, die andere Hälfte bestand aus guter Vorbereitung, mental und körperlich. War schließlich schon ein Stunt der gehobenen Sorte, der morgen abzuliefern war: Crash mit Überschlag, Flug über den Vordermann, Landung kopfüber auf dem übernächsten Fahrzeug, anschließende Explosion mit Flammenmeer, so richtig was fürs Auge, machte sich immer gut, vor allem wenn der Plot selbst, na, sagen wir mal: weniger spektakulär war. Also besser noch mal den Drehplan mit den detaillierten Beschreibungen und Zeichnungen für die verschiedenen Einstellungen studieren!
    Ich löste meinen Sicherheitsgurt, um mir zwischen den Sitzlehnen hindurch das Skript vom Rücksitz zu fingern, bekam es mit der linken Hand zu fassen und wollte mich gerade wieder nach vorne umdrehen, als es plötzlich ohrenbetäubend quietschte, kreischte und dann krachte.
    Von da an Filmriss. Wie ich mit Karacho durch die Windschutzscheibe flog, mit dem Drehplan in der linken Hand, den rechten Arm nach oben gerissen, um mir das Gesicht zu schützen, dann endlose Sekunden lang durch die Luft segelte und schließlich wie ein betrunkener Albatros landete, mit dem rechten Bein zuerst, auf einem spitzen Stein, der mir den Oberschenkel vom Knie an auftrennte und sich auch von der Hüfte nicht geschlagen gab, im Gegenteil, und wie ich anschließend noch meterweit über den glatten, feuchten Boden schlitterte, bis ich schließlich, mit dem Kopf zuerst, auf ein Begrenzungsmäuerchen schlug, das genau so nutzlos wie im Wege war – das alles bekam ich nicht mehr mit, sondern

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