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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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quasi als Ergänzung, auch keinerlei Fantasie hatte. Allerdings für ihr Alter schon einen tollen Busen!
    Gerlinde von der Sporthochschule war dagegen ziemlich schlau, weshalb ich mich auch immer wieder beeilte, besonders zu betonen, wie sehr ich ihre inneren Werte schätzte. Was ich auch tat.
    »Das sagst du doch nur so«, quengelte sie mich dann immer von der Seite an.
    »Nein, ich meine das ganz ehrlich. Ehrlich!«
    »Ach, komm, alle Männer wollen doch in Wirklichkeit nur das eine. Und das sind bestimmt keine inneren Werte.«
    »Also, erstens bin ich nicht ›alle Männer‹ und außerdem bist du ganz schön ungerecht.«
    »Quatsch, wenn ihr an etwas denkt, dann doch nur an Titten und Ärsche.«
    Das war natürlich reichlich verkürzt und zumindest von der Reihenfolge her auch nicht ganz korrekt, denn ihr Busen war nicht größer als meiner, dafür hatte sie aber Schenkel aus Stahl, einen verboten knackigen Hintern und, gegen Ende des dritten Semesters, ihr Coming-out. Als ich sie auf meiner Matratze mit Corinna schmusen sah, einer ebenso zierlichen wie gelenkigen Turnerin, da ahnte ich, dass es mit unserer gemeinsamen Zukunft vage werden könnte. Als sie mir triumphierend und etwas gehässig mitteilte, dass sowieso nur Frauen verstünden, was Frauen bräuchten, wusste ich es.
    Stefanie dagegen hatte weder ein Coming-out noch ein Coming-in, dafür aber wenig Geduld. Obwohl, ich wollte nicht unfair sein: Sie hatte schließlich damals einen Draufgänger namens Arno kennengelernt, der ziemlich gut durchtrainiert und buchstäblich mit ihr durchs Feuer gegangen war, in gemeinsamen Stunts, in denen wir lodernd durch die Gegend torkelten, während den Schauspielern in der Maske gerade Schweiß, angekokelte Augenbrauen und unbeirrbarer Todesmut in die entspannten Gesichter geschminkt wurden. Dann saß sie an meinem Krankenbett neben anderthalb Metern Gipsröhre, in der ich so langsam wieder zusammenwuchs, und musste feststellen, dass mit mir auch später, ohne Gips, nicht mehr viel anzufangen war. Jedenfalls zu wenig für die quirlige Stefanie. Sie besuchte mich immer seltener und wirkte, wenn sie denn kam, traurig und hilflos. Und ich konnte sie gut verstehen: Es ist sehr leicht, von anderen Vorsicht, Rücksicht und Nachsicht zu verlangen, wenn man in echten Schwierigkeiten steckt. Dreht man den Spieß um, wird die Sache schon erheblich schwieriger. Am Ende war ich fast so erleichtert wie sie, als sie in Frankreich einen tollen Job bekam und mich nicht mehr besuchen konnte.
    Kam auch sonst keiner, außer meinem Vater, der sich in seinem frisierten Rollstuhl langsam auflöste, ebenso einsam wie ich, seit meine Mutter ihre Ehe-, Hausfrauen- und Mutterpflichten aufgekündigt hatte – in ihrer typischen, klitzekleinen Kritzelschrift und auf einem giftgrünen Post-it-Zettel von fünf Mal siebeneinhalb Zentimetern Kantenlänge. Aber das war eine ganz andere Geschichte, an die ich jetzt nicht denken wollte, im neuen Pyjama und im endlich angewärmten Bett.
    Und auch nicht daran, dass mir der Magen wehtat. Irgendetwas war mir nicht bekommen. Das Bier? Der Schweinebraten? Wahrscheinlich, denn wenn ich an den dachte, wurde mir ganz blümerant.
    »Schlaf endlich, Arno!«, ermahnte ich mich.
    »Kann nicht!« maulte ich zurück.
    »Wieso nicht?«
    »Weißt du doch: Mir ist schwummerig.«
    »Stell’ dich nicht so an!«
    »Tu’ ich ja gar nicht.«
    »Tust du wohl, Waschlappen! Morgen wird ein anstrengender Tag. Da musst du fit sein. Also schlaf jetzt endlich!«
    »Okay, okay! Aber eins muss ich dir unbedingt noch sagen: Könnte es nicht sein, dass Maria Bunzenbichler und Toni Mooseder damals ...«.
    Ich wollte jetzt nichts mehr von mir hören und schlief ein. Obwohl mir das eigentlich auch wieder nicht recht war, denn: Mein letzter Halbsatz hatte mich doch ganz schön neugierig gemacht!

15
    Als ich am nächsten Morgen den Gastraum betrat, der sich aber um diese Zeit nicht »Gastraum«, sondern reichlich großkotzig »Frühstücks-Lounge« nannte, war nur ein Tisch gedeckt – unser Lieblingsplätzchen in der Ecke. Und das Beste: kein Büffet! Also auch kein traniges Hin- und Herlatschen im Halbschlaf, zwischen Frühstückstisch und Semmeln, steinhart gekochten Eiern, geeisten Butterstückchen, abgepackten Honig- und Marmeladendöschen und einem Bottich mit, na ja: Orangensaft, bis man endlich – nach dem sechsten Mal aufstehen, weil: Eierlöffel vergessen! – alles beisammenhatte. War nichts für mich, schon alleine deshalb,

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