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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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ihn oder sie eine dieser verdammten Ahnungen beschleichen, dass hier etwas nicht in Ordnung schien. Ich kauerte derweil hinter der Sofalehne, drückte die Plastiktüte an mich, als könnte sie um Hilfe rufen und mich dabei verraten, und wartete darauf, dass gleich zwei überrascht-triumphierende Augen in mein Gesicht schauen würden, auf dem das dämliche Lächeln sämtlicher Ertappter liegen würde, bis die allgemeine Sprachlosigkeit ihr Ende fände mit der Frage: »Was machen Sie denn hier?«
    Eines war klar: Auf meine Antwort war ich selber schon gespannt!
    Nichts von alledem geschah, dafür etwas ganz anderes. Es blieb dunkel im Raum und eine Frau, wie unschwer an der Stimme zu erkennen war, rief halblaut in den Flur: »Keiner da! Komm rein!«
    Der andere kam, die Tür wurde leise geschlossen, es blieb immer noch dunkel und beide gingen – wie sollte es auch anders sein! – zum Sofa.
    »Meinst du nicht, der Alte kommt noch mal ins Büro?«, sagte er.
    »Quatsch, um diese Zeit nicht mehr. Nicht, wenn er erst mal weg ist«, sagte sie.
    »Na ja, aber es wäre doch ziemlich peinlich, wenn ... meinst du nicht?«
    »Red’ nicht. Mach’ mir lieber mal den Reißverschluss auf!«
    »Na ja, ich meine ja nur.«
    »Willst du jetzt diskutieren oder was? Eben warst du doch noch so scharf!«
    »Bin ich ja immer noch!«
    »Na, dann mach’ halt! Ewig haben wir natürlich auch nicht Zeit, Dummkopf! Gib mir jetzt lieber einen Kuss. Sofort!«
    Es raschelte.
    »Autsch, du pikst!«
    «Wart’ nur ab, wie ich dich gleich erst piksen werde, Süße!«
    Das war so ziemlich der letzte Teil des Dialogs, der noch verständlich war. Dafür erstaunte es mich andererseits, wie gut man mit den Ohren im Dunkeln sehen konnte, vor allem wenn man gerade dabei war, Hausfriedensbruch zu begehen und obendrein mit einer Tüte Koks hinter einem Sofa lag! Es raschelte, klapperte, zirpte, knisterte, ratschte, rieb sich, hakte, rieb sich wieder und fiel dann zu Boden. Und jedem dieser Geräusche konnte ich die Ursache mühelos zuordnen: Socken, Schuhe, Reißverschluss, Hose, Unterhose, ein paar Damenpumps, wieder ein Reißverschluss – und zwar diesmal von einem Rock, weil länger –, das elektrische Knistern einer Seidenstrumpfhose und dann, kaum hörbar und gleichzeitig wie ein Paukenschlag: ein Frauenslip, der wie ein welkes Blatt zu Boden schwebte. Dann Kuss- und Schmatzgeräusche und diese unbeschreibliche Musik von Haut auf Haut. Mir wurde warm, und dann ging’s los.
    »Hmmmm, hmmmmm, aaarrrrrh, oooorrrrrrrh, hmmmmmmh!« machte er.
    »Ahhh, ach, hach, ja, jaaaa, jaaaaaaaaa!« antwortete sie.
    »Uuiiiii, hmmmmh, aaaarrrrrrrh, oh, oh, hmmmmmm!«
    »Hach, hach, jaaaa, jaaaaaaaaa, gut!«
    »Jaaaaa? Hmmmmmmmh, ooooiiiiiiiih, aaaaarrrrrrrrrh, oooooorrrrrrh!«
    »Jaaaaa, jaaaaaa, oh, ach, hach, guuuuuuuuuut, jaaaaaa, ach!«
    »Hmmmm, hmmmh, hmmmmhhhhh!«
    Ich konnte zwar nicht direkt behaupten, dass mir diese Tonspur zum Film, den ich nicht sehen konnte, auf die Nerven ging, aber so richtig angenehm war mir die Situation auch nicht gerade. Ich feuchtete meinen rechten Zeigefinger an, steckte ihn vorsichtig in die Tüte und leckte ihn dann ab. Übersprunghandlung wahrscheinlich. Allerdings war ich insgesamt doch ziemlich enttäuscht: Was machten die Leute bloß immer für ein Geschiss mit diesem Kokain? Ich jedenfalls spürte gar nichts, vielleicht mal abgesehen davon, dass meine Zungenspitze immer tauber wurde.
    »Jaaaaaa, jaaaaaa, guuuuuut, hach, ach, jaaaaaa, aaaaaaaah!«
    »Hmmmmmh, ppffffuaaaarrrrrh, ooorrrrrrrhr, uh, uh, uh!«
    »Ach, ach, hach, jaaaaaaa, ach!«
    »Hmmmmh, hmmmmmmh, hmmmmmmmmh!«
    »Jaaaa, ach, jaaaaaa, ach, hach, hach, oooooooh!«
    »Hmmmmh, hmmmmmh, hmmmmmmmh!«
    »Ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, hach!«
    Wenn man nicht selbst mitmachte, war dieses Gestöhne und Gerammle auf die Dauer doch eine ziemlich öde Veranstaltung. Außerdem wurde mir warm, ich bekam Durst und Hunger. Eine Tüte Erdnüsse, Mensch, das wäre es jetzt gewesen! Und dazu ein kühles Bier. Ich tröstete mich stattdessen mit einer Fingerkuppe Schnee. Schnee stillt ja auch den Durst.
    »Uh, uh, uh, jaaaaaa, ach, hach, hach, ah!«
    »Hmmh, hmmmh, hmmmmhhhhh!«
    »Ah, ah, ah, ah, jaaaaaaa, schneller, ah!«
    »Hmmmm, oh, oh, oh, aaaaaaarrrrrrrh, ha!«
    »Ja, ja, ja, ja!«
    »Uh, uh, uh, uh!«
    »Ja, ja, ja, ja!«
    »Uh, uh, uh, uh!«
    Mein rechtes Bein schlief prickelnd ein und signalisierte Ungeduld. Der Akt der verhüteten Fortpflanzung, so wie er sich einen

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