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Katz und Maus. Rowohlt E-Book Only: Eine David Hunter Story (German Edition)

Katz und Maus. Rowohlt E-Book Only: Eine David Hunter Story (German Edition)

Titel: Katz und Maus. Rowohlt E-Book Only: Eine David Hunter Story (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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niemanden.»
    Zumindest niemand Bestimmten. Aber ich hatte bei vielen polizeilichen Ermittlungen mitgewirkt und meinen Teil dazu beigetragen, dass einige gefährliche Individuen hinter Schloss und Riegel gekommen waren. Ich führte nicht Buch darüber, wie viele von denen wieder auf freiem Fuß waren.
    Die Vorstellung war beunruhigend.
    «Na, wenn ich Sie wäre, würde ich noch mal darüber nachdenken», sagte Ward. «Irgendwer spielt Katz und Maus mit Ihnen, und solange wir nicht wissen, was Sache ist, sollten Sie auf der Hut sein. Sehen Sie sich vor, wem Sie die Tür aufmachen, parken Sie Ihr Auto nicht an allzu abgelegenen Stellen. Solche Sachen.»
    Ich nickte und versuchte, ruhiger zu erscheinen, als ich war. Ward trank ihren Becher aus und stellte ihn ab. «Danke für den Tee. Ich gebe Ihnen Bescheid, falls es neue Entwicklungen gibt. Zuallererst müssen wir mal herausfinden, wem der Fuß gehört. Sobald wir das wissen, sehen wir vielleicht ein bisschen klarer, womit wir es zu tun haben.»
    Vielleicht, aber so einfach, wie das klang, war es nicht. Wenn wir Glück hatten, ergab ein DNA-Test einen Treffer in der Datenbank, und wir fanden die DNA einer vermissten Person, aber das konnte Wochen dauern. «Wann kann ich ihn mir mal anschauen?»
    «Gar nicht», sagte sie, während wir zur Tür gingen. «Solange wir nicht wissen, warum er hier hingelegt wurde, werden Sie in dem Fall außen vor bleiben müssen. Wir können keinen potenziellen Interessenkonflikt brauchen, wenn es zum Prozess kommt.»
    Da hatte sie nicht unrecht, aber ich hasste die Vorstellung, untätig zu warten. «Hören Sie, ich weiß, es ist eine ungewöhnliche Situation, aber Knochen und Verwesung sind nun mal mein Fachgebiet. Mich wegen irgendeiner … Formalität auszuschließen, ist doch widersinnig. Es muss ja nicht mal offiziell sein, ich könnte bei der Autopsie einfach ein passiver Beobachter sein.»
    «Ein passiver Beobachter. Genau.» Sie hielt inne und blickte auf die Stelle, wo die Tasche gelegen hatte. Absperrband war noch darum gezogen, und Reste des grauweißen Fingerabdruckpulvers besprenkelten den Türrahmen und das Mauerwerk wie Raureif. «Ich glaube, das können Sie jetzt abmachen.»
    «Danke. Und die Autopsie?»
    Sie tauchte unter dem Band hindurch. «Überlassen Sie die mir.»

    Es gab Bewegung im Dunkeln. Zaghaft zunächst, eine kaum merkliche Regung im Innern des Lochs. Dann spitzte ein Näschen hervor, beschnupperte zitternd die Luft. Alarmbereit prüfte das Nagetier mit allen Sinnen, ob Gefahr drohte. Es konnte nichts entdecken, und doch wagte es sich lange nicht weiter vor.
    Dann flitzte es heraus.
    Die Katze sprang aus ihrem Versteck. Wie schnell sie auch war, die Reaktionen des Nagetiers waren schneller. Als die Pfote der Katze vorschoss, sauste es schon zum Loch zurück und wich einem zweiten Schlag aus, bevor es darin verschwand. Die Katze scharrte mit den Krallen an der Öffnung, kam aber nicht hinein. Mit wischendem Schwanz blieb sie eine Weile geduckt davor sitzen.
    Doch ihre Beute tauchte nicht wieder auf.

    Die Riefen sahen aus wie bei Ebbe im Sand zurückgebliebene Wellenkräusel. Reihe um Reihe überzogen sie die Schnittfläche des Knochens in derselben Richtung.
    «Das Bein wurde offensichtlich zersägt», sagte Dr. Chen. «Mit der Hand, nicht mit einer Motor- oder Elektrosäge, meinen Sie nicht auch?»
    Der asiatische Pathologe suchte mit einem Blick meine Bestätigung, ein zurückhaltender Mann über fünfzig mit stahlgrauen Haaren, den ich von einem früheren Fall kannte. Auch wenn man nicht sagen konnte, dass wir dicke Freunde waren, hatten wir doch ein entspanntes kollegiales Verhältnis. Es machte ihm nichts aus, dass ich inoffiziell bei der Autopsie zugegen war. Und er war bereit, gegensätzliche Meinungen anzuhören, was ich von manchen anderen Pathologen, mit denen ich gearbeitet hatte, nicht behaupten konnte.
    In diesem Fall aber waren wir uns einig. Ich betrachtete den gekappten Knochen und Knorpel in der Metallschale und nickte. Es war ein rechtes Bein, ein Stück unter dem Knie abgesägt, und das dunkel gefleckte Gewebe glänzte feucht, nachdem es abgespritzt worden war. Die Verwesung war recht weit fortgeschritten. Die Haut hing nur noch lose daran wie ein schlaffer Strumpf, und an Fuß und Sprunggelenk, wo das Weichteilgewebe naturgemäß dünn war, schien der schmutzige weiße Knochen durch. Vom vierten und fünften Zeh waren nur noch kleine Knorpelstummel übrig. Es roch so schlecht, wie ich es

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