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Katz und Maus

Katz und Maus

Titel: Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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Manchmal riß weit draußen das ausgefahrene Sehrohr eines getauchten Bootes den deutlichen Schaumstreifen. In Serien wurden die Siebenhundertfünfzigtonnenboote auf der Schichauwerft gebaut, machten in der Bucht oder hinter Heia Probefahrten, tauchten im tiefen Fahrwasser auf, liefen die Hafeneinfahrt an und vertrieben uns die Langeweile. Sah schön aus, wenn sie hochkamen: zuerst das Sehrohr. Kaum war der Turm draußen, spuckte er ein zwei Figuren. In stumpfweißen Bächen lief die See vom Geschütz, vom Vorschiff, dann achtern ab: Gekrabbel aus allen Luken, wir schrien und winkten – ich bin nicht sicher, ob vom Boot aus zurückgewinkt wurde, obgleich ich das Winken als Bewegung in Einzelheiten sehe und als Anspannung im Schultergelenk noch einmal erlebe; aber mit und ohne Zurückwinken: Das Auftauchen eines Unterseebootes trifft das Herz und hört nicht mehr auf– nur Mahlke winkte nie.
    . . . und einmal – es war Ende Juni, noch vor den großen Sommerferien und bevor der Kapitänleutnant in der Aula unserer Schule den Vortrag hielt – verließ Mahlke seinen Schatten, weil ein Untertertianer aus dem Bugraum des Minensuchbootes nicht mehr hochkommen wollte. Er stieg in die Luke zum Vorschiff und holte den Jungen hoch. Mittschiffs, aber noch vor dem Maschinenraum, hatte er sich verklemmt. Mahlke fand ihn unter der Decke zwischen Rohren und Kabelbündeln. Zwei Stunden lang arbeiteten Schilling und Hotten Sonntag abwechselnd nach Mahlkes Angaben. Langsam bekam der Tertianer wieder Farbe, mußte aber beim Zurückschwimmen geschleppt werden.
    Tags drauf tauchte Mahlke wieder regelmäßig besessen aber ohne Schraubenzieher. Schon beim Hinschwimmen verfiel er dem alten Tempo, zog uns davon und war schon einmal unten gewesen, als wir uns auf die Brücke zogen.
    Der Winter mit Vereisung und heftigen Stürmen im Februar hatte dem Kasten den letzten Rest Reeling, beide Drehkränze und das Dach des Kompaßhäuschens genommen. Nur der verkrustete Möwenmist war gut über den Winter gekommen und vermehrte sich. Mahlke brachte nichts hoch, gab auch keine Antworten, wenn wir immer wieder neue Fragen erfanden. Erst am späten Nachmittag, nachdem er zehn- oder zwölfmal unten gewesen war, und wir uns schon die Glieder für den Rückweg lockerten, kam er nicht mehr hoch und machte uns alle fertig.
    Wenn ich jetzt sage, fünf Minuten Pause, sagt das gar nichts; aber nach etwa fünf jahrelangen Minuten, die wir mit Schlucken füllten, bis unsere Zungen dick und trocken in trockenen Höhlen lagen, stiegen wir einer nach dem anderen in den Kahn: im Bugraum nichts, Strömlinge. Hinter Hotten Sonntag wagte ich mich zum erstenmal durch das Schott, stöberte oberflächlich in der ehemaligen Offiziersmesse, mußte hoch, schoß kurz vorm Platzen aus der Luke, ging wieder hinunter, schob mich noch zweimal durch das Schott und gab das Tauchen erst nach einer guten halben Stunde auf. Sieben oder sechs lagen platt und hechelnd auf der Brücke. Die Möwen schnürten ihren Kreis immer enger, mußten wohl was gemerkt haben. Zum Glück waren keine Tertianer auf dem Kahn. Alle schwiegen oder redeten durcheinander. Die Möwen warfen sich seitlich weg, kamen wieder. Wir legten uns Worte für den Bademeister, für Mahlkes Mutter, für seine Tante und für Klohse zurecht, denn mit einem Verhör in der Schule war zu rechnen. Mir halsten sie, weil ich so gut wie Mahlkes Nachbar war, den Besuch in der Osterzeile auf. Schilling sollte vor dem Bademeister und in der Schule den Wortführer abgeben.
    »Wenn sie ihn nicht finden, müssen wir mit nem Kranz rausschwimmen und hier ne Feier machen.«
»Wir legen zusammen. Jeder gibt mindestens fünfzig Pfennige.« » Entweder werfen wir ihn von hier aus über Bord, oder wir versenken ihn im Vorschiff.«
»Singen müssen wir auch«, sagte Kupka; aber jenes scheppernde hohle Gelächter, das seinem Vorschlag folgte, kam aus keinem von uns: im Inneren der Brücke wurde gelacht. Und während wir noch aneinander vorbei guckten und auf eine Wiederholung des Gelächters warteten, lachte es vom Vorschiff her normal und nicht mehr ausgehöhlt. Mit triefendem Mittelscheitel schob sich Mahlke aus der Luke, atmete kaum angestrengt, rieb sich den frischen Sonnenbrand im Nacken, auch auf den Schultern, und sagte aus wenig höhnischem, eher gutmütigem Meckern heraus: »Na, habt Ihr ne Rede verfaßt und mich schon abgemeldet?»
Bevor wir zurückschwammen – Winter hatte kurz nach der beklemmenden Geschichte einen Heulkrampf

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