Katzen, Killer und Kakteen
Hause und widmete den Nachmittag all den Dingen, die nötig waren, damit ihre kleine Ranch funktionierte – sie mistete den Stall aus, wusch drei Maschinen Wäsche, bestellte zwei Ballen Heu und spielte mit dem Gedanken, unangekündigt mit Mycroft im Schlepptau bei Doktor Bob vorbeizuschauen, aber sie bezweifelte, daß sie ihn heute alleine fangen würde. Big Mike war kein Kater, den man gefügig über den Arm drapieren und zum Tierarzt bringen konnte. Solch ein Besuch erforderte Planung und Verstärkung. Diese Entscheidung war eine Erleichterung. Im Haus herumzutrödeln war viel besser, als halb Empty Creek mit Mycrofts Besuch bei Doktor Bob in Aufruhr zu versetzen und die andere Hälfte dabei zu amüsieren.
Andy war ein bißchen verstimmt gewesen – und mehr als ein bißchen eifersüchtig –, als er herausgefunden hatte, daß Penelope mit Phil Simmons zu Abend essen würde. »Aber ich dachte…« beschwerte er sich.
»Da hast du auch richtig gedacht«, unterbrach ihn Penelope. »Du bist der einzige Mann in meinem Leben.« Vielleicht abgesehen von Sean Connery, oder dem alten Knaben, dachte Penelope, behielt diese Information jedoch für sich. »Das ist geschäftlich. Phil Simmons ist ein Hauptverdächtiger. Und fang jetzt nicht wieder damit an. Mir wird schon nichts passieren. Seine Mutter ist auch dabei.«
Mycroft war ebenfalls beleidigt, daß sie ihn heute zum zweiten Mal zurückließ, aber Penelope wollte nicht das Risiko eingehen, daß Mycroft auf Anhieb eine Abneigung gegen Mutter Simmons entwickelte und die arme alte Frau mißhandelte. Wie sich herausstellte, war Mutter Simmons eine zerbrechliche Frau, die aussah wie ein Vogel und wahrscheinlich neunzig oder hundert werden würde. Sie war in ihren einzigen Sohn so vernarrt, daß es schon abstoßend war. Penelope kam zu dem Schluß, daß die Gastgeberin eine Abreibung verdient hatte, und sie bedauerte, daß sie Big Mike nicht mitgebracht hatte, damit er ihr eine Lektion erteilte.
»Philip war immer der klügste Junge in seiner Klasse«, sagte Mutter Simmons.
Man mußte ihm zugute halten, daß Philip protestierte. »Mutter, Penelope will doch nicht meine Lebensgeschichte hören.«
»Natürlich möchte sie das, Liebling. Junge Frauen wollen immer alles über einen Mann wissen.«
Penelope war da eigentlich eine Ausnahme, aber Mutter Simmons fuhr trotzdem fort.
»Philip war immer so gut beim Sport und beim Lesen, in Mathematik und bei allem anderen auch.«
Die Spaghetti waren nicht besonders gut. Mycroft, ein sehr kritischer Gourmet, hätte wahrscheinlich versucht, das Essen verstohlen unter den Tisch zuwerfen. Bei diesen Spaghetti konnte sich Penelope gut vorstellen, wie Mutter Simmons’ Hackbraten wohl sein mochte. Absolut ekelhaft.
Zum Glück hielt die alte Ziege endlich den Mund, als sie kleine Marshmellows servierte, die wie Fossile in krustigem Himbeergelee eingebettet waren. Penelope mochte keinen Gelee, ob krustig oder sonstwie. Und Marshmellows konnte sie überhaupt nicht ausstehen, ob kleine oder große.
Ziemlich schnell fand sie heraus, daß sie für Mutter und Sohn ähnliche Gefühle hegte.
Mutter Simmons plazierte Penelope und Philip auf das Wohnzimmersofa vor dem großen Fernseher. »Nun, ich lasse euch Kinder wohl besser alleine«, sagte sie, als sie das Licht herunterdrehte und den Raum verließ.
Penelope stand sofort auf und drehte das Licht wieder an.
»Möchten Sie die Videos über meine politische Laufbahn sehen?« fragte der ehemalige Bürgermeister von Empty Creek und gestikulierte mit der Fernbedienung in Richtung Fernseher.
»Später, Phil. Zuerst möchte ich von Ihnen alles erfahren, was Sie über Louise Fletcher wissen.«
»Ich habe sie nicht gemocht. Sie hat mich nicht gemocht. Louise hat überhaupt niemanden gemocht.«
»Und Sie waren mit Ihrer Mutter zusammen, als Louise ermordet wurde?«
»Ja, es war Freitag, also gab es Brathähnchen. Mutter macht freitags immer Brathähnchen.«
»Ja, das hat sie erzählt.« Wahrscheinlich Hähnchen, das nur so vor Fett trieft, dachte Penelope.
»Wollen Sie jetzt meine Videos sehen?«
»Noch eine Minute.« Alibi, aber klar doch. Diese Frau würde ihrem Sohn wahrscheinlich noch bei einem Mord helfen und ihn dann bereitwillig decken. »Wenn Louise Fletcher vor Ihrer Tür ermordet worden wäre, wen würden Sie verdächtigen?«
Phil Simmons zählte sofort jeden auf, über den Louise Fletcher eine Akte angelegt hatte – einschließlich Freda Aisberg, über die es keine gab –
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