Katzen, Killer und Kakteen
erreichen. Ein oder zwei Monate machten da kaum einen Unterschied, außer in den Augen des Gesetzes.
Debbie brachte ungefragt ein neues Glas Wein und zwinkerte Penelope zu, als sie das Glas in Kathys Reichweite auf den Tisch stellte. Kathys Bestellung – Pommes mit Chillisauce – stellte sie in Penelopes Reichweite. Die Chili-Pommes im Double B waren tödlich.
»Synchronismus«, sagte Penelope.
»Wie bitte.«
»Ein zeitliches Zusammentreffen von Ereignissen«, erklärte Penelope. »Vorhin ist Spencer Alcotts Name gefallen – und da ist er. Ich finde das sehr synchronistisch, irgendwie jedenfalls.«
Der Anwalt saß tatsächlich mit ein paar von Empty Creeks führenden Geschäftsmännern an einem Tisch. Spencer gestikulierte, um das eine oder andere Argument zu unterstreichen.
Penelope erwähnte jedoch nicht, in welchem Zusammenhang sein Name gefallen war, obwohl sie angestrengt darüber nachdachte, was Herb zuvor gesagt hatte.
»Wenn Ihr es sagt, Mylady, aber er ist jeden Tag hier.«
»Sein Name wird aber nicht jeden Tag in meiner Gegenwart genannt, verstehst du?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Wann ist dein Vorsprechen für die Hofdame?«
»Nächste Woche. O Penelope, ich bin so nervös. Was, wenn ich ihnen nicht gefalle? Dann werde ich für ewige Zeiten Schankmaid bleiben.«
»Warum solltest du ihnen nicht gefallen? Du bist doch die geborene Hofdame.«
»Ach, du weißt doch, wie die alte Krähe ist. Sie hat bei allem, was das Frühlingsfest betrifft, das letzte Wort.«
»Wenn sie dich nicht als Hofdame nehmen, werden wir einen Staatsstreich inszenieren. Ich weiß ganz genau, daß Sir Walter Raleigh und Sir Francis Drake eine ziemliche Abneigung gegen die Königin haben.«
Die Männer waren beide Englischlehrer am Community College von Empty Creek.
»Ah, da seid Ihr ja, meine Teuren, Ihr liebreizenden, engelsgleichen Damen meines Herzens.«
»Hallo, Timothy«, sagte Penelope.
»Hi, Timmy.«
Der hagere junge Dichter trug ein schwarzes Cape, das gar nicht zu seinen Jeans und seinem Westernhemd paßte und das ihn umflatterte, als er sich vor Penelope verbeugte und ihr die Hand küßte. »O himmlisches Ambrosia.« Timothy wandte sich Kathy zu, die prompt errötete.
»Und Ihr, mit den schönen Hügeln, zarte Liebe meines Lebens, ich habe Euch arg vermißt.«
»Wir waren gestern zusammen essen«, sagte Kathy. »Weißt du noch?«
»Geliebte, das war vor einer Ewigkeit; es dünkt mich wie zahllose Jahrzehnte in den trüben und staubigen Korridoren der Zeit.« Wieder verbeugte er sich und küßte Kathys Hand. »Meine süße Katherine, ich bin dein ergebenster Diener, nein, dein treuer Sklave.«
»Setz dich doch zu uns, Timothy. Möchtest du etwas trinken?«
»Gütige Dame, Ihr berauscht mich mit Eurer Schönheit, überwältigt mich mit Eurer großzügigen Einladung. Ich bin gedemütigt von…«
»Setz dich hin, Timmy«, befahl Kathy.
Timothy gehorchte sofort. »Frau Wirtin«, rief er, »einen Krug Eures feinsten Ales.«
»Ich bin keine Frau Wirtin«, sagte Debbie. »Budweiser Light, wie üblich?«
»Klar. Also, was gibt’s Neues, Ladies?« fragte Timmy und strahlte sie an. Für einen finsteren und grüblerischen Dichter strahlte er ziemlich schnell.
»›Schnöder Mord‹«, zitierte Penelope. So viel zum Thema Strahlen.
Penelope benutzte Mycrofts goldene American-Express-Karte, um zu bezahlen. Während eines anstrengenden Fluges hatte sie einmal gelangweilt eine Bewerbung auf den Namen Mycroft Warren Holmes ausgefüllt. Noch immer gelangweilt hatte sie dann eine Bewerbung für einen Vielfliegerausweis ausgefüllt. Nach einem angemessenen Zeitraum war die Kreditkarte angekommen. Weil er ein guter Kunde war, hatten sie ihm unaufgefordert eine Platinkarte angeboten und schon im voraus den Kreditrahmen genehmigt. Er gab immer großzügig Trinkgeld, besonders wenn Debbie bediente.
Als Penelope und Mycroft nach Hause kamen, lag eine düstere Stimmung über dem Haus. Es machte einen verlassenen und einsamen Eindruck, und es befiel sie eine beinah greifbare Melancholie. Penelope nahm an, daß es die Nachwirkungen der Beerdigung waren.
Sie fühlte sich schon fast wie eine Figur aus einem Hardy-Roman. Sie seufzte und machte sich an ihre abendliche Routine.
Chardonnay füttern.
Karotten und Salatblätter an die Kaninchen verteilen.
Mycroft füttern, obwohl er im Double B schon die Reste der Chili-Pommes heruntergeschlungen hatte.
Während Mycroft fraß, telefonierte Penelope zuerst mit Laney und
Weitere Kostenlose Bücher