Katzen, Killer und Kakteen
»Mycroft!«
Penelope kniete sich hin und schaute unter Fredas Auto und die Limousine.
»Er war eben noch hier.«
»Wir werden ihn schon finden«, sagte Penelope grimmig. Dieser verdammte Kater. Hielt die ganze Welt für ein Katzenklo.
»Da ist er«, rief Kathy und zeigte auf die Steinmauer.
Penelope rannte auf Mycroft zu. Er knurrte, als sie näherkam. Irgend etwas stimmte da nicht, da war sich Penelope sicher. Mein Gott! Hatte ihn etwa eine Klapperschlange gebissen? Es war noch zu früh dafür, daß die Schlangen aus ihrem Winterschlaf aufwachten.
»Mikey, was ist los?« fragte sie sanft. Sie sah Blut an seiner rechten Vorderpfote.
Mycroft knurrte erneut.
Als Penelope über seine Schulter blickte, sah sie den Grund für sein Verhalten. Er hatte Freda Aisberg gefunden.
»O Gott«, rief Cassie.
»Geh zurück zum Auto, Cassie«, sagte Penelope. »Ruf einen Krankenwagen.«
»Ist sie tot?« fragte Kathy.
Penelope kletterte über die Mauer und rutschte den Abhang bis zu Freda hinunter, die mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag. Sie schauderte, als sie nach dem Handgelenk der Frau faßte. Es war immer noch warm, aber ohne Puls.
»Ich fürchte, ja«, sagte Penelope. In Kathys erschrockenen Augen standen Tränen.
Abraham Lincoln starrte Penelope ungerührt vom Griff des Fleischermessers aus an, das jemand tief in Freda Aisbergs Rücken gestoßen hatte.
Vom Gipfel des Crying Woman Mountain war ein wunderschöner Sonnenuntergang zu sehen, aber niemand schenkte ihm Beachtung. Im Westen färbte sich der Himmel in den unterschiedlichsten Rottönen, bis er schließlich in ein kräftiges Rot getaucht war. Sogar als es Nacht wurde, durchzogen rote Streifen den Horizont. Unglücklicherweise war es die Farbe von Blut. Freda Aisbergs Blut.
Penelope war die Routine, die einem Gewaltverbrechen folgte, schon fast vertraut, und das fand sie unerträglich. Die anderen beobachteten mit morbider Faszination die Polizeibeamten, die methodisch den Tatort untersuchten.
Der Polizeichef übernahm die Leitung der Untersuchung. Fowler arbeitete verbissen. Er schüttelte den Kopf und blickte Penelope stirnrunzelnd an. »Eine schlimme Sache«, sagte er.
Sie nickte mit ernstem Gesicht. Empty Creek wurde langsam zur Mordhauptstadt Nummer eins.
So rasch Larry Burke und Willie Stoner den Tatort erreicht hatten, so schnell trennten sie auch die kleine Gruppe, die die Leiche gefunden hatte. Penelope war froh, diesmal Stoner erwischt zu haben. Er war nicht ganz so widerlich wie Zwiddeldei, dem die frühere Begegnung mit Penelope eingefallen war und der sich daher Cassandra zum Befragen ausgesucht hatte. John und Kathy durften sich in die Limousine setzen, bis sie an die Reihe kamen. Zwiddeldei ließ John jedoch die Scheibe hochfahren, damit Kathy und Mycroft auf den Rücksitzen isoliert waren.
Penelope schüttelte den Kopf. Detective Lawrence Burke war wirklich ein Blödmann.
Mycroft war wütend, daß er im Auto festsaß, während es draußen soviel Detektivarbeit zu erledigen gab. Schließlich hatte er die Leiche gefunden. Er lief vor dem hinteren Fenster auf und ab, knurrte gereizt und ignorierte sogar Kathy, die immer noch auf Grund des Schocks weinte, den ihr die plötzliche Konfrontation mit einem Mord versetzt hatte.
»Wenn das so weitergeht«, sagte Penelope, »müssen wir Fleischermesser verbieten.«
»He?« fragte Willie Stoner, ganz nach bester Manier der Empty-Creek-Mordkommission.
»Und wenn Fleischermesser verboten sind«, fuhr Penelope fort, »dann haben nur noch Verbrecher Fleischermesser.«
»He?« wiederholte Stoner bei dem Versuch, den Sinn ihrer Aussage zu ergründen.
»Ach, nichts.«
Stoner änderte seine Vorgehensweise. »Hä?« fragte er.
Penelope verstand dies als »Was haben Sie hier gemacht?« Oder sollte es etwa »Wie haben Sie die Leiche gefunden?« heißen?
»Mikey hat Freda gefunden«, verkündete Penelope. »Er hatte Blut an der Pfote.«
»Is’ Mikey der Homo?«
»Ein vollständiger Fragesatz«, sagte Penelope. »Ist das zu fassen? Naja, nicht ganz vollständig, aber zumindest verständliche Worte auf verständliche Art und Weise zusammengefügt.«
Wo hatte Fowler diese Idioten bloß her? »Mikey ist der Kater«, erklärte Penelope. »John ist der Homo, aber Sie sollten das nicht sagen. Es ist nicht politisch korrekt. Sie sollten ihn als homosexuelle Person bezeichnen, wenn Sie seine sexuellen Neigungen überhaupt erwähnen müssen. Ich muß wirklich mal mit Ihrem Chef sprechen
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