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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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bestimmt
nicht. Wir räumen das Zimmer immer ordentlich auf, wenn ein Gast abgereist ist,
und putzen gründlich. Zum Teil mache ich das selbst, und wenn Maria es tut, kontrolliere
ich«, versicherte Elsbeth Kälin.
    Ein Babymützchen?
Was hatte das zu bedeuten? Konnte es Luzias Mützchen sein?
    »Die Frau
hatte jedenfalls kein Baby dabei«, stellte die Wirtin klar. »Obwohl ich sie zweimal
in der Nähe des Babyfensters gesehen habe«, fügte sie zögernd hinzu.
    Das Babyfenster.
Natürlich. Warum hatte er nicht gleich daran gedacht? Seit etwa zehn Jahren gab
es beim Spital Einsiedeln ein sogenanntes Babyfenster, in das Mütter, die ein Kind
geboren hatten, das sie nicht behalten konnten oder wollten, ihr Neugeborenes legen
konnten. In diesen zehn Jahren war das sechsmal vorgekommen. Nur, wo war hier der
Zusammenhang mit Lieselotte Bär? Ihr Problem war ja, dass sie keine Kinder bekommen
konnte, nicht, dass sie eines loswerden wollte.
    »Was hat
die Frau für einen Eindruck auf Sie gemacht?«, fragte er Elsbeth Kälin.
    »Sie sagte
nicht viel, sie wirkte scheu. Sie ist jeweils eher spät zum Frühstück gekommen und
dann ist sie wohl spazieren gegangen. Hat sich ein Lunchpaket mitgeben lassen.«
    »Wirkte
sie verwirrt?«
    »Nein, einfach
etwas menschenscheu. Sie hat keinen Kontakt zu den anderen Gästen gesucht. Abends
hat sie hier gegessen und hat sich früh auf ihr Zimmer zurückgezogen. Dann hat man
noch den Fernseher gehört.«
    »Hat sie
irgendetwas von Kleinkindern gesagt?«
    »Nein, wie
gesagt, sie hat nicht viel geredet. Doch, warten Sie, einmal hat sie so etwas gesagt,
sie könne nicht verstehen, wie eine Mutter ihr Baby weggeben könne.«
    Streiff
und Elmer verabschiedeten sich und fuhren zum Spital. Die Rezeptionistin konnte
sich vage an die Frau auf dem Foto erinnern. Möglich, dass sie ein-, zweimal vorbeigegangen
sei oder einmal eine Weile auf der Bank vor dem Spital gesessen sei. Sie habe nicht
weiter darauf geachtet; auffällig verhalten habe die Frau sich nicht. Das Babykäppchen
sagte der Frau nichts.
    »Wenn das
Luzias Mützchen ist –«, meinte Streiff im Auto und biss sich auf die Lippen.
     
    Stefan Attinger näherte sich St.
Gallen. Er war schnell gefahren, unkonzentriert, einmal war er in eine gefährliche
Situation geraten, als er zum Überholen ansetzte und übersah, dass der Wagen vor
ihm ebenfalls blinkte und auf die Überholspur wechselte. Daraufhin hatte er sein
Tempo etwas gedrosselt. Das Bild ging ihm nicht aus dem Kopf, wie Nadine und Lotte
nebeneinander auf dem Sofa gesessen hatten, um einen Film anzuschauen, wie zwei
verlorene Kinder, verstört und verzweifelt. Wenn Lotte nur reden würde, dachte er,
dann könnte man ihr helfen. Er beschloss, Doktor Capeder anzurufen und ihn um die
Adresse einer Kinderpsychologin zu bitten. Was konnte er für Nadine tun? Nicht viel.
Sie mussten das jetzt einfach durchstehen. Wie würde ihr Leben in einem Jahr aussehen,
in zehn Jahren? Würden sie wieder lachen? Zusammen in die Ferien fahren? Oder –
er wagte nicht weiterzudenken.
    Er fürchtete
sich vor dem Besuch bei seiner Mutter. Sie war immer eine dominante Frau gewesen,
eine strenge Mutter. Früh verwitwet, war ihr einziger Sohn ihr wichtigster Lebensinhalt
gewesen, und sie wollte einen erfolgreichen Sohn, einen, der sein Leben nach ihren
Vorstellungen gestaltete. Sie hatte nichts dagegen, dass er während des Gymnasiums
ein Austauschjahr in den USA verbrachte, aber sie hatte nicht bedacht, dass er dort
nicht nur Englisch lernte, sondern sich auch ihrem Einfluss entziehen konnte. Er
war erwachsen geworden, und nach jenem Jahr war er nicht mehr der etwas unselbstständige
Junge gewesen, sondern ein junger Mann, der sich mehr und mehr von seiner Mutter
abgrenzte und seine eigenen Entscheidungen traf. Er hatte nicht Jura oder Medizin
studiert, wie es der Mutter vorgeschwebt hatte, sondern Mathematik und hatte jetzt
einen guten Job bei einer Versicherung. Er hatte eine Frau geheiratet, die seiner
Mutter nicht gefiel, hatte sich immer Mühe gegeben, ein einigermaßen gutes Einvernehmen
zwischen Mutter und Familie aufrechtzuerhalten, aber wenn es darauf ankam, stand
er auf der Seite seiner Frau. Das musste seine Mutter zähneknirschend hinnehmen.
Das würde sie auch heute tun müssen. Aber Stefan spürte, dass seine Batterien bald
leer waren, viel Energie hatte er nicht mehr, um die Attacken seiner Mutter zu parieren.
Er bog in die Straße ein, in der seine Mutter wohnte, und stellte das Auto

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