Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
Vom Netzwerk:
›Truthy Adamant‹ eine breite Schneise in meine Richtung schlug. Immer lauter dröhnte ihr halb wahnsinniges Kreischen in meinen Ohren. Machtlos musste ich mit ansehen, wie die hässliche Alte immer näher stampfte, um mich zum Tanz aufzufordern.
    Von nun an musste ich erleben, wie Mias Freiheitsdrang förmlich explodierte. Hatten ihr zuvor noch gelegentliche Theaterbesuche oder Einkaufsbummel genügt, so dehnte sie mit einem Mal ihre Solo-Ausflüge auf zwei oder gar drei Tage aus. Nie verlor sie ein Wort über das ›Wohin‹ und das ›Was‹, und kein einziges Mal kündigte sie ihr Fortbleiben vorher an.
    Obwohl unser intimes Verhältnis weiter bestand (und – so muss ich gestehen – kaum etwas von seinem Reiz verlor), fühlte ich mich doch mehr und mehr wie ein geduldeter Untermieter. Es wurde für mich schon zur morgendlichen Routine, zuerst die Wohnung nach Mia abzusuchen, um festzustellen, ob ich das Frühstück allein oder in Gesellschaft einnehmen würde.
    Irgendwie begann ich, mich mit diesen Verhältnissen zu arrangieren. Zwar litt meine Arbeit unter dem Wechselbad der Gefühle, die ungewohnte Stille der Wohnung hinderte mich jedoch nicht daran, recht ansprechende Werbekonzepte zu entwickeln. Solange die Kunden und Donelly zufrieden waren, kümmerte es mich kaum, dass ich nur siebzig bis achtzig Prozent meiner Leistungsfähigkeit eingesetzt hatte.
    In den kreativen Pausen gab es nämlich nur ein Thema, was mich wirklich interessierte: Mia! Oder besser gesagt: Bastet.
    Auch wenn ich mir geschworen hatte, diesmal auf gefährliche (und sicherlich meist deprimierende) Verfolgungen meiner Geliebten zu verzichten, so war doch mein detektivischer Spürsinn nicht völlig eingeschlafen. Ich durchforstete jedoch nicht ihre Gegenwart, sondern die Vergangenheit. Da Bastets gesamte Wohnung aber ein einziges Museum war, ging ich daran, jeden der zahlreichen Räume systematisch zu untersuchen. Immer dann, wenn Bastet eine Auszeit in unserem Beziehungs-Spiel genommen hatte, nutzte ich die Gelegenheit, um wie ein penibler Revisor in jeden noch so versteckten Winkel zu blicken.
    Es wurde eine anstrengende, schmutzige und vor allem leider auch meist unbefriedigende Tätigkeit. Ich war weder Archäologe noch Sprachkundler, und so blieb mir der Inhalt von Ordnern und Folianten, die in französischer, deutscher, arabischer oder gar hieroglyphischer Schrift abgefasst waren, auch weiterhin ein Rätsel.
    Nun gut , sagte ich mir, eigentlich suchst du auch etwas Persönliches. Diese Dinge hier haben zumeist nur etwas mit Mias Beruf zu tun. Bedachte man allerdings Bastets wahres Alter, so konnte sich aber gerade unter den zum Teil jahrtausendealten Fragmenten so etwas wie ihr Familienalbum befinden.
    Trotz aller Mühen war es aber auch eine aufregende Angelegenheit: Nach dem Öffnen so mancher Tür fühlte ich mich beinahe wie ein zweiter Howard Carter. Falken und Ibisse starrten mich an, Schakale und Krokodile. Und natürlich immer wieder Katzen.
    Meine erste große Entdeckung machte ich in den ersten Tagen des Dezembers. Ich hatte bereits vier größere Räume bis aufs gründlichste unter die Lupe genommen, als sich daran eine kleinere Abstellkammer anschloss. Der quadratische, etwa sechzehn Quadratmeter große Raum wurde in Kopfhöhe von zahlreichen Metallstangen durchzogen und diente Mia als begehbarer Kleiderschrank. Dicht an dicht hingen Hunderte von Blusen, Röcken, Kleidern, Mänteln und Pullovern. Nur ganz selten einmal erkannte ich einen zarten Blau- oder Rotton; die überwiegende Mehrzahl der Textilien zeichnete sich nur durch zwei klare Farben aus: Weiß und Schwarz. Taschas Lieblingsfarben entsprachen natürlich auch Mias Geschmack.
    Licht und Schatten , dachte ich wehmütig. Noch bevor ich überhaupt wusste, was ich tat, stand ich schon mitten im Raum. Nicht mein Forscherdrang ließ mich leise raschelnd durch die schmalen Gänge zwischen den Ständern schreiten, diesmal war es eindeutig die melancholische Erinnerung an eine vergangene Zeit.
    Obwohl sich viele der Stücke stark ähnelten, entdeckte ich doch nach einigem Suchen die schwarz-weiß gestreifte Bluse, die Tascha damals bei unserem ersten Treffen im Zoo getragen hatte. Versonnen streichelte ich über den feinen Stoff, dem immer noch ihr Duft anhaftete. Aus gutem Grund hatte Mia bislang keines dieser geschichtsträchtigen Kleider mehr getragen.
    Während etwas Irreales in mir hoffte, unter dem Ärmel einen weichen, warmen Arm spüren zu können, starrte ich

Weitere Kostenlose Bücher