Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
Vom Netzwerk:
History‹. Vermutlich imitierten nur zwei lockere Drähte ein Wind-Spiel. Die Tatsache, dass hinter dem Gobelin kein Lufthauch wirksam werden konnte, kam mir dabei aber nicht in den Sinn.
    Hinter einem hohen, mit türkisfarbenen Hieroglyphen verzierten Schrein versteckt, stieß ich auf einen weiteren Thronsessel. In Überlebensgröße saß darauf die Figur einer Pharaonin. Kerzengerade, die Arme auf den Lehnen ruhend, blickte sie auf imaginäre Untergebene herab. In ihrer linken Hand hielt sie einen schmalen Krummstab, ein schwarzgrün gestreiftes Szepter, das sich am oberen Ende zu einer Art Haken bog. Obwohl ich mir sicher war, das Szepter nicht während des Sarx-Ritus gesehen zu haben, kam es mir sonderbar vertraut vor. Konnte es etwa sein, dass ich davon geträumt hatte?
    Meine Verwirrung wurde komplett, als ich den anderen Gegenstand sah. Die rechte Hand der Statue hielt die grün-goldene Sescheschet, die ich in der Funktion des Hohen Priesters bereits ausgiebig geschwungen hatte. Stirnrunzelnd starrte ich auf das katzengesichtige Klanginstrument. Das Rasseln hatte nach einem Sistrum geklungen, zugegeben, wie aber hatte das Geräusch entstehen können? Meine Windspiel-Theorie gab dafür keine Erklärung.
    Ich beugte mich über die Lehne, um den Sitz des Sistrums zu überprüfen, als sich plötzlich eine schmerzhafte Stahlklaue um mein Handgelenk legte. Mein Schrei klang so verzerrt, als müssten auch meine Stimmbänder unter dem ungeheuren Druck leiden. Das klirrende Aufschlagen des Krummstabes am Boden nahm ich kaum mehr wahr. Keuchend und zappelnd wie ein gefangenes Tier, versuchte ich mich mit heftigen Bewegungen loszureißen. Je mehr ich jedoch zog, umso fester schlossen sich die Stahlklammern um meinen Arm. Gehetzt suchte ich nach dem Mechanismus dieser perfiden Falle, die offenbar als Abwehr gegen Schatzräuber aufgestellt worden war.
    Ich sah nach unten … und erstarrte. Mein wie wild pochendes Herz überlegte sich, ob es noch schneller schlagen oder seine Arbeit besser ganz einstellen sollte.
    Keine Schlinge oder Klammer hatte mich erfasst; mein schon taub gewordenes Gelenk wurde von langen, spinnenartigen Fingern gehalten. Von Fingern, die in spitzen, gelben Krallen ausliefen. Und dann drehte sich die Statue zu mir um.
    »Welch unverhofftes Wiedersehen«, hörte ich Achs tiefe Stimme. Ihre geschlossenen, grünen Lippen lächelten ironisch. »Hat die Neugier meinen kleinen, sterblichen Freund schließlich doch zum Baum der verbotenen Frucht getrieben.«
    Ich war unfähig, ein klares Wort zu formulieren. »Ich … wie …?«, stammelte ich. In meiner grenzenlosen Naivität hatte ich Bastets dämonische Botin vollkommen vergessen.
    Laut rasselnd schwang sie ihr Sistrum. »Was schlägst du vor?«, grinste sie mich an. »Soll ich dich zuerst häuten und dann deine Gedärme herausreißen oder wärst du eher dafür, wenn ich damit anfinge, dir die Füße abzuschneiden?« Ihr Grinsen beschränkte sich nur auf die Lippen; in den zu Schlitzen verengten, tiefschwarzen Augen las ich dagegen pure Mordlust.
    »Wie? Aber, was habe ich … ich meine … warum … ich verstehe nicht …«, wimmerte ich kläglich.
    »Nein? Wirklich nicht?«, höhnte sie. »Mein armer, kleiner, neugieriger Freund weiß nicht, warum ich ihm gleich seine Glieder wie knusprige Hähnchenschenkel aus den Gelenken reißen werde?« Ach führte meinen gepeinigten Arm an ihre Lippen und drückte mir einen Kuss auf den Handrücken. Für einen kurzen Moment wurde meine Angst von einem Gefühl des Ekels überlagert. Zwei kühle, wulstige Maden pressten sich auf meine Haut. Der Dämonin gelang es, selbst einen Handkuss zu einer obszönen Geste werden zu lassen.
    »Du amüsierst mich, weiß du das?«, kicherte sie leise. »Du wagst es, hierher zu kommen, in den heiligsten Tempel der Großen Bastet – Herrin von Aset und Hetepet, Fürstin des Moeris-Sees und Gebieterin über Bubastis –, an einen Ort, den selbst höchste Priester nicht entweihen dürfen, und tust so, als wäre dir nicht bewusst, welche verdammungswürdige Verfehlung du begangen hast. Das ist wirklich köstlich. Nur Narren oder Verrückte könnten derart unbedarft handeln. Zu welcher der beiden Gruppen zählst du eigentlich?«
    Achs beißender Spott machte mich zunehmend wütend. Nur noch wütend. »Verdammt, ich wusste nichts von dieser geheimen Kammer!«, schrie ich sie an. »Und erst recht nichts davon, dass niemand sie betreten darf. Zum Teufel, das hier ist mittlerweile auch

Weitere Kostenlose Bücher