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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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meine Wohnung. Ich werde doch wohl noch ein Zimmer in meiner eigenen Wohnung betreten dürfen!«
    Als Antwort drückte Ach mein Gelenk noch fester zusammen. Blut tropfte bereits aus den Stellen, an denen sich ihre gelben Nägel in meine Haut gegraben hatten. »Jetzt bin ich mir sicher, dass du ein Narr bist!«, zischte sie mich an. Langsam erhob sie sich von ihrem Thron und zog mich mit sich zurück in das eigentliche Zentrum des Tempels. Das Sistrum beschrieb rasselnd einen Halbkreis. »Das hier ist keine Wohnung, elender Sterblicher. Es ist das Reich Bastets der Großen, Herrin des Türkislandes und Schutzgöttin des Wüstengebirges der Toten. Niemand – am allerwenigsten du, mein größenwahnsinniger Freund – wird jemals auch nur Anteil an einem einzigen Sandkorn ihres Reiches haben. Vermag dein jämmerlicher Geist dies zu begreifen?«
    »Ja!«, stieß ich unter Schmerzen aus. Mein rechter Arm pulsierte, als würden zersplitterte Knochen aus der Haut ragen. »Ja! … Ja, mag sein, verdammt! Diese Kammer, diesen Tempel hier, habe ich aber nur zufällig entdeckt. Ich hatte keine Ahnung von seiner Existenz.«
    Achs libellenartig schimmernde Lider verwandelten das Schwarz darunter zu einer kosmischen Finsternis. »Schweig!«, herrschte sie mich an. »Wage es nicht, dich mit deiner Unwissenheit zu entschuldigen. Du weißt ohnehin schon viel zu viel über Dinge, die nie ein menschliches Wesen je erfahren sollte.« Die Sescheschet rasselte wie ein ganzes Nest voller Klapperschlangen. »Du hast dich schuldig gemacht; das allein zählt. Ob nun wissentlich oder nicht, ist hierbei ohne Belang. Sagen denn nicht selbst deine eigenen Gesetze, dass auch derjenige dem Schwert des Henkers übergeben wird, der nichts von der Verderbtheit seiner Tat ahnte?« Ach zerrte mich zu einer der am Boden stehenden Schalen und drückte mich auf die Knie. »Oh, Große Bastet! Erhabene, Mächtige, Ewige! Empfange dieses Opfer als Buße für die Schändung deines heiligen Tempels. Erfreue dich am Blut dieses Unwürdigen, auf dass dein Zorn erlösche. Ergötze dein Ohr an der lieblichen Musik seiner Schreie.«
    In diesem Augenblick erst begann ich zu begreifen, in welcher Todesgefahr ich schwebte. Ach wollte es diesmal nicht bei zynischen Worten und kleinen Kratzern bewenden lassen; sie gierte danach, mein Fleisch in Stücke zu reißen, mein Blut in Sturzbächen fließen zu lassen. Meine Chancen waren verschwindend gering, dennoch war ich nicht gewillt, mich als wehrloses Opferlamm hinschlachten zu lassen.
    Kämpfe! , spornte ich mich an. Wehre dich! Ganz gleich, ob du verlierst, aber KÄMPFE! Zeige es dieser widerlichen Hexe. Vielleicht gelingt es dir ja immerhin, ihre Nase einzuschlagen.
    Heißes Adrenalin durchflutete meinen Körper. Ungeachtet des enormen Drucks, der auf meinen Schultern lastete, sprang ich auf und zerrte wie wild an meinem Arm. »Lass mich los, du grün geschminkte Mumie!«, schrie ich sie an. »Du bist diejenige, die wahnsinnig ist. Ich stehe unter Bastets Schutz; wenn sie erfährt, was du hier tust, wird sie dir jede deiner verfluchten, gelben Krallen einzeln herausreißen!«
    Ach war von meiner Attacke so überrascht, dass sich ihr Griff kurzfristig lockerte; mein Handgelenk blieb aber auch weiterhin gefangen. Keuchend vor Wut fuhr die Dämonin herum und holte mit dem Sistrum aus. Die Bewegung verlief so schnell, dass ich nur einen Teil des Schlages mit meinem linken Arm abfangen konnte. Mit einem dumpfen Klirren zersplitterte die Sescheschet auf meinem Schädel. Ich hörte nur noch, wie unzählige Metallstückchen auf den Boden prasselten, dann aber verlor ich die Besinnung.
    Meine Ohnmacht konnte allerdings nur wenige Sekunden gedauert haben; als ich die Augen wieder aufschlug, befand ich mich nämlich im engen Clinch mit Bastets Botin. Ich lag mit dem Rücken am Boden und hatte instinktiv die Arme zur Abwehr erhoben.
    Ach hockte wie eine Raubkatze auf mir. Kreischend und mit wild fuchtelnden Armen versuchte sie, meine Deckung zu durchbrechen. Ich dachte nicht an meine schmerzenden Arme, die tiefen Schnitte, die ihre Nägel hinterließen, auch nicht an meinen grässlich pochenden Schädel, der zu seiner dreifachen Größe angeschwollen zu sein schien. Das Einzige, was ich immer wieder hörte, lauter als Achs Kreischen und mein erschöpftes Keuchen war: Kämpfe! … Kämpfe! … KÄMPFE!
    Ich wusste, ich konnte diesen ungleichen Kampf nicht gewinnen, aber ich würde es meiner Gegnerin so schwer wie möglich machen.

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