Katzendaemmerung
wie:
Grab # 19
Katzenmumie (Felis domestica)
Länge: 12 Inches
Altes Reich; verm. 5. Dyn. o. früher
Reg. # 93/7
oder:
Grab # 42
Katzenmumie (Felis Libya)
Länge: 9 ½ Inches
Altes Reich; 4. Dyn.
Reg. # 129/6
Zuweilen gab es allerdings auch Abwechslung:
Grab # 104
Löwenplastik - verm. Triphis o. Schesemtet
Größe: ca. 5 Inches
Bronze
Reg. # 142/1
Fig. # 29
Selbst einzelne Knochen wie: ›linker Femur - (Felis Libya)‹ oder Bruchstücke (›Kalksteinfragment einer Figur - verm. Uschebti‹) wurden aufgeführt. Stöhnend blätterte ich weiter. Mich interessierte nicht die Art und Beschaffenheit irgendwelcher unbedeutenden Funde. Selbst ihre Entdecker waren für mich mehr oder weniger nebensächlich. Meine Aufmerksamkeit galt ausschließlich den weiblichen Teilnehmern der Expedition: Attiya und ihrer Tochter Damiyat.
Als die Statistiken kein Ende nehmen wollten, schlug ich die Kladde kurzerhand am Ende auf und ging von dort wahllos ein paar Seiten zurück …
26. Mai: Wie es scheint, ist die Zeit des unseligen, kühlen Winterregens nun endlich vorbei. Die Wege im Ort und vor allem unser Grabungsgebiet werden aber sicher noch eine ganze Weile morastige Schlammlandschaften bleiben. Wenn ich aus dem Fenster blicke, sehe ich nur noch Braun. Nur diese eine Farbe. In allen ihren Variationen.
Mein Fieber ist heute zwar deutlich gesunken, für einen ersten Arbeitseinsatz fühle ich mich aber noch zu schwach. Onkel Norm wird sich also wohl oder übel noch zwei, drei Tage alleine zu seinen geliebten Katzenmumien durchkämpfen müssen. Die Sache ist jedoch nur halb so schlimm. Wie mir Omohid berichtete, bereitet es auch meinem Onkel keine übermäßige Freude, tagtäglich mit durchweichten Kleidern knietief im Schlamm zu stecken. Gestern hat er angeblich nur zwei Stunden auf dem Katzenfriedhof verbracht. Nachdem er den Arbeitern einige kurze Anweisungen gegeben hatte, war er schnellstmöglich wieder ins trockene Haus zurückgekehrt. Davon erzählte er mir natürlich nichts. Ich soll ruhig glauben, er müsse nun für zwei schuften. Der Filou. Allerdings, so befürchte ich, ist nicht allein das Wetter für seine nachlässige Arbeitshaltung verantwortlich. Noch immer hat sich die Empörung über den Tod des kleinen Selim nicht gelegt. Amr Karim und vier weitere Bubasiten bewachen zwar rund um die Uhr Attiyas Haus, absolute Sicherheit können aber auch sie nicht gewährleisten. Gegen fanatische Selbstmord-Kommandos könnte selbst eine zahlenmäßig überlegene Einheit den Kürzeren ziehen. Ich glaube aber nicht, dass ein derartiger Anschlag droht; schließlich hat sogar Abû Tarik alles dafür getan, um die Wogen zu glätten. Die Unsicherheit bleibt dennoch.
Ich für meine Person empfinde die Situation tatsächlich als höchst zwiespältig. Es liegt nicht an meinem Fieber, auch glaube ich nicht an Flüche, Zauberei und andere übernatürliche Dinge. Die Begleitumstände von Selims plötzlichem Tod müssten aber jedem noch so objektiven Beobachter als höchst ungewöhnlich – wenn nicht gar unheimlich – erscheinen. Die Quelle freilich, welche die abergläubischen Leute für das Unglück verantwortlich machen, ist geradezu abenteuerlich – und beängstigend.
Ich kann nur hoffen, dass Damiyat noch zu klein ist, um zu begreifen, gegen wen sich der Zorn richtet. Es wäre nicht auszudenken, welchen Schaden ein derartiger Wahn in der Seele eines Kindes anrichten könnte …
An dieser Stelle sah ich mich dazu veranlasst, die geplante Leseroute erneut zu verlassen. Wie es aussah, beschuldigten einige Leute ein kaum drei Jahre altes Kind, den Tod eines Jungen verursacht zu haben. Was war geschehen? Wie konnten Menschen nur auf eine derart abstruse Idee verfallen?
Neugierig blätterte ich einige Tage zurück. Am 22. Mai wurde ich fündig:
22. Mai : Der heutige Tag begann für mich auf eine schon gewohnt deprimierende Weise. In der Nacht hatte mich ein hartnäckiger Schüttelfrost nicht zur Ruhe kommen lassen, und kaum zeigte sich das erste graue Licht am Horizont, meinte ich, mein Kopf würde langsam auf einem Spieß gebraten.
Attiyas Entscheidung, mich im Hause des Kaimakan unterbringen zu lassen, erwies sich in zweifacher Hinsicht als klug. Zum einen erfahre ich hier durch die Tochter Abû Tariks eine exzellente Pflege, andererseits verringert sich durch meine Verlegung auch das Risiko, die Familie Peacham und vor allem Damiyat mit meinem Fieber anzustecken. Dieses
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