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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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ließ daher auch nicht lange auf sich warten.
     
    Alles begann an einem Nachmittag Anfang Februar. Bastet befand sich wieder einmal auf einem ihrer erotischen Streifzüge. Die angenehme Stille, die sich über die Wohnung gelegt hatte, beflügelte mich auch diesmal zu kreativen Höchstleistungen. Innerhalb weniger Stunden entstanden Exposés und Foto-Ideen, für die ich früher Wochen, wenn nicht gar Monate benötigt hätte.
    Noch kurz zuvor hatte ich sogar aus alter Freundschaft erneut einen Auftrag für Schuster & Wolfton angenommen. Donelly hielt den Deal zwar nur für mäßig lukrativ, doch er konnte auch nicht ahnen, welche Gefühle mich mit dieser Firma verbanden. Ohne das damalige Shooting im Tierpark wäre mir schließlich Natascha – oder besser gesagt – Bastet niemals begegnet.
    Für die gesamte Herbst-Kollektion benötigte ich weniger als vier Tage. Und die Bilder waren gut. Nein, sie waren ausgezeichnet.
    Mein Rezept war denkbar einfach. Ich übertrug lediglich den überdrehten Stil meines Privatlebens auf die Bereiche meiner Arbeit – ›Fotografieren auf der Überholspur‹ sozusagen. Auf diese Weise gelang es mir nicht nur, einen Großteil der unerledigten Aufträge binnen Kürze abzuarbeiten und damit die Kunden und Donelly zufriedenzustellen, ich spürte auch, wie sich mein körperliches und seelisches Wohlbefinden mit jedem neuen Job verbesserte. Trotz aller Hektik und der Menge an Projekten entdeckte ich bei mir keine Anzeichen von Überarbeitung. Ich hätte meine überschüssigen Ideen stattdessen noch meistbietend an andere PR-Agenturen verkaufen können.
    An jenem Februartag hatte ich mein gestecktes Arbeitsziel – wie schon so oft – früher als erwartet erreicht. Ich überflog ein letztes Mal meine Aufzeichnungen und ging dann zum wirklich anstrengenden Teil der Tagesordnung über. Gewohnheitsgemäß zog ich mir nun bequeme Jogginghosen über und tauschte mein Oberhemd mit einem ausgewaschenen T-Shirt. In dieser Montur entrollte ich eine blaue Gymnastikmatte. Dieser kleine Handgriff reichte aus, um das Büro in ein bescheidenes Fitness-Center zu verwandeln.
    Nach 3 x 30 Liegestützen, 5 x 40 Crunches, 6 x 25 Kniebeugen und ausgedehnter Rückengymnastik war aus mir ein schwitzendes, keuchendes aber glückliches Häuflein Elend geworden. Ich hatte zwar noch längst nicht meinen alten Leistungsstand wieder erreicht, die erkennbaren Fortschritte gaben allerdings Anlass zur Hoffnung.
    Nachdem ich meinen Kreislauf noch durch Wechselduschen zusätzlich angeregt hatte, ließ ich mich mit einer wohligen Schwere auf die Couch sinken. In diesem Zustand prickelnder, entspannter, freudiger Müdigkeit erinnerte ich mich erstmals wieder an die braune Lederkladde, die ich aus Bastets verstaubter Asservatenkammer geborgen hatte. Gab es einen günstigeren Zeitpunkt für die Lektüre eines interessanten Buches?
    Ich ging also zum Schreibtisch und beförderte das unscheinbare Bändchen aus einer verschlossenen Schublade wieder ans Tageslicht. Bevor ich mich aber erneut mit der Reise des Julius Blatchford beschäftigte, starrte ich für eine ganze Weile nur auf den fleckigen Einband.
    Wie war es nur möglich, dass ich bislang nicht ein einziges Mal mehr über den Bericht jener Ägyptenreise nachgedacht hatte?, grübelte ich.
    Es stand doch außer Frage, dass diese weit zurückliegenden Ereignisse irgendeinen Bezug zu meiner göttlichen Geliebten hatten. Das Ziel der Expedition – Bubastis – konnte kein Zufall sein. Und außerdem gab es da noch einen weitaus verwirrenderen Namen: Natascha. Doch wo genau lagen die Zusammenhänge? Wo war der rote Faden, der sich aus dem Ägypten des 19. Jahrhunderts bis hinüber ins weit entfernte Südkalifornien der Gegenwart schlängelte? Bastets freizügige ›Geschenke‹ hatten meinen Sinnen geschickt Scheuklappen aufgesetzt. Mein ganzes Fühlen, Denken und Handeln war von ihnen beherrscht worden; jetzt aber, nachdem ich meine Sucht überwunden hatte, wollte ich die Spur wieder aufnehmen.
    Nicht ohne eine gewisse Besorgnis schlug ich das Buch auf.
     
     

4. Kapitel
     
    »El-Werethekau«
Bubastis, 1881

Zuerst erwartete mich jedoch eine Enttäuschung. Als ich ungefähr die Stelle wiedergefunden hatte, bei deren Lektüre ich unterbrochen worden war, stieß ich schon nach wenigen Minuten auf detaillierte Ausgrabungsprotokolle. Der eifrige Archäologie-Student hatte Seite um Seite mit akribischen Tabellen gefüllt. Immer wieder las ich so ›aufregende‹ Dinge

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