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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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    Der Plan war hirnverbrannt, doch der erste Teil erwies sich als leichter als geahnt: Aller Aufmerksamkeit war auf Hauptmann Coscolluela konzentriert, und der hatte, obwohl Anthony direkt vor seinen Augen ein Stück ohne Deckung zurücklegen musste, nur welche für seinen ehemaligen Vorgesetzten, der ihm in diesem Augenblick eine hitzige Predigt hielt: «Hören Sie mir gut zu, Hauptmann! Welchen Funktionärsjob Sie auch immer ausüben mögen, Sie sind und bleiben ein Offizier. Ein Offizier der spanischen Armee! Haben Sie mich verstanden? Ja? Dann dürften Sie wissen, wem Sie zu gehorchen haben und wem nicht, und zwar nicht allein aufgrund der unserem Dienstgrad innewohnenden Autorität, sondern weil ein Offizier unserer ruhmreichen Armee einen unseren Interessen zuwiderlaufenden Befehl, da unwürdig, nicht ausführen darf. Spanien ist in Gefahr, Hauptmann! Die kommunistische Bewegung wartet nur auf eine Weisung der Sowjets, um die Revolution auszulösen und Spanien zugrunde zu richten. Hauptmann Coscolluela! Ein spanischer Offizier schuldet nur Spanien Treue, und die wir hier anwesend sind, vertreten Spanien.»
    «Wehret den Anfängen!», fügte Queipo de Llano mit leicht spöttischem Unterton hinzu, der den Predigenden wurmte. «Und vergessen Sie nicht, dass jede Wand leicht zur Wand wird, an die man gestellt werden kann.»
    Bei diesem ominösen Satz erreichte Anthony eben die Tür, schlüpfte hindurch und fand sich in einem quadratischen Raum, von dem ein Korridor ausging.

30
    Ängstlich, lautlos, eilig huschte Anthony durch die Gänge des Palais und stellte mit zunehmender Beklemmung fest, dass er desto orientierungsloser wurde, je tiefer er ins Haus eindrang, dass eine Rettung also immer unwirklicher wurde. Die Zeit zerrann, und jeden Augenblick, an jeder Ecke konnte er unvermittelt auf den gefürchteten Butler oder das famose Generalstrio treffen. Schon eine ganze Weile tat es ihm leid, Hauptmann Coscolluela nicht gehorcht zu haben, der in seinen Augen jetzt alle Vorteile des Gesetzes verkörperte. Da hörte er Schritte näher kommen und suchte verzweifelt ein Versteck. Zum Glück fehlte es in dem reichhaltig dekorierten Palais nicht an Vorhängen, und einer aus dickem karminrotem Samt bot ihm Unterschlupf und zudem die Möglichkeit, zu hören, wenn auch nicht zu sehen, was sich im Korridor abspielte.
    Es gab ihm einen Stich ins Herz, als er ein tiefes weibliches Schluchzen vernahm, das nur Paquitas Kehle entstammen konnte. Er kämpfte seinen inbrünstigen Wunsch, unvermittelt vor sie hinzutreten, sie in die Arme zu nehmen und zu trösten und ihr seine Liebe anzubieten, nieder – nicht nur aus der Überzeugung, ungewollt der Urheber ihres Kummers zu sein, sondern auch, weil sich jetzt aus dem anderen Teil des Hauses weitere, festere Schritte näherten. Das Aufeinandertreffen überrumpelte die beiden tief in ihre Gedanken versunkenen Protagonisten.
    «Oh, Pater Rodrigo!», hörte der Engländer Paquita rufen. «Sie haben mich vielleicht erschreckt! Ich habe Sie nicht hier erwartet …, aber der Himmel schickt Sie.»
    Rauh antwortete Pater Rodrigos Stimme: «Im Moment kann ich mich nicht um dich kümmern, mein Kind, gewichtigere Angelegenheiten rufen mich.»
    «Nicht ist gewichtiger als die Rettung der Seele, Pater», sagte Paquita. «Um der Nächstenliebe willen bitte ich Sie: Nehmen Sie mir die Beichte ab.»
    «Mitten auf dem Korridor? Das Sakrament der Buße ist kein Spiel, mein Kind.»
    So wollte der barsche Gottesmann das Problem beiseiteschieben, doch Paquita, störrisch, ließ nicht locker: «Dann beantworten Sie mir wenigstens eine Frage, Pater. Ist es nicht so, dass einen die Liebe von einer verurteilenswerten Tat erlösen kann?»
    «Möglicherweise die göttliche Liebe, nicht jedoch die menschliche.»
    Beim Thema Beichte spitzte der Engländer hinter dem Vorhang die Ohren. «Aber wenn sich eine in unwiderstehlicher Liebe zu einem Mann entbrannte junge Frau etwas zuschulden kommen ließe, würde ihr dann in den Augen Gottes nicht leichter verziehen? Hat nicht gerade Gott unseren Herzen eine Liebesfähigkeit eingegeben, derentwegen wir uns selbst vergessen, Pater?»
    Als er diese Erklärung hörte, musste sich Anthony gewaltig zusammennehmen, um nicht alle Vorsicht fahren zu lassen und sogleich seine Anwesenheit kundzutun. Ganz anders indessen war die Reaktion des Hauslehrers. «Du machst mir Angst, mein Kind. Was für eine Dummheit hast du vor?»
    «Die Dummheit ist bereits geschehen, Pater. Ich

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