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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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Higinio einen besorgten Blick zugeworfen hatte. Wieder begann Higinio zu zittern.
    «Wichtig ist jetzt», sagte der Spion, sowie sie allein waren, «ihn seine Aufgabe erledigen zu lassen. Was dieser Verkauf auch sein mag, wir müssen alles beseitigen, was ihm im Weg stehen könnte.»
    «Aber ich dachte …»
    «Die Dinge haben sich eben geändert. Befehle von ganz oben. Und wenn die Sache gelaufen ist, liquidieren wir ihn.»
    «Den Engländer? Muss das wirklich sein? Er hat keine Schuld an nichts.»
    Mit einer erneuten dekadenten Handbewegung setzte sich der verruchte Spion wieder hin. «Sobald er seine Arbeit erledigt hat, nützt er uns nichts mehr, und zudem weiß er zu viel.»
    «Er wird nichts ausplaudern, das kann ich Ihnen garantieren – er ist ganz verrückt nach der Kleinen.»
    Kolja durchbohrte ihn mit einem eisigen Blick. «Und sie?», sagte er. «Kann man ihr vertrauen?»
    «Der Toñina? Um Gottes willen! Die wird das tun, was man ihr sagt.»
    «Das will ich ihr auch geraten haben.»
    Allmählich hatten die Finger des Spions das Veilchensträußchen durchgekämmt, und die auf dem Wachstischtuch verstreuten Blütenblätter unter der schwachen Glühbirne erinnerten Higinio fatal an einen Friedhof. «Sie werden doch wohl nicht daran gedacht haben …», flüsterte er, zitternd wie Espenlaub.
    «Ich denke gar nichts. Ich führe nur das Notwendige aus. Und schreib dir eines hinter die Ohren: Kein Geschwätz beim Zentralkomitee. Du tust deine Pflicht, und wenn ich’s dir sage, knöpfst du dir den Engländer vor. Das dürfte dir nicht schwerfallen – er vertraut dir. Und wenn du Schiss hast, sag es lieber gleich, dann such ich mir einen anderen. Aber verplapper dich nicht.»
    Zur selben Zeit, fern von dort und ohne die geringste Ahnung von seiner Aburteilung durch den Lubjanka-Agenten, ließ Anthony Whitelands das Taxi hundert Meter vom Palais entfernt anhalten, da er das letzte Stück auf dem Paseo de la Castellana im Schutz der Bäume und Pflanzen zu Fuß gehen wollte. Sämtliche Vorsichtsmaßnahmen erschienen ihm zu gering, wenn er, wie ihm die Erfahrung gezeigt hatte, im Zentrum mehrerer konzentrischer Kreise stand, die ihn und einander gegenseitig beschatteten. Einmal hatten ihn ja bereits José Antonios Leibwächter überrascht, und nur das rasche, gütliche Eingreifen des Chefs hatte ein tragisches Ende verhindert. Jetzt wusste er zudem, dass die Oberste Polizeidirektion die Schlinge um den Herzog von Igualada und alle, die eine Beziehung zu ihm oder seiner Familie pflegten, enger zog. Doch all diese Erwägungen brachten seinen Entschluss nicht ins Wanken, mit Paquita zu sprechen und das Missverständnis auszuräumen.
    Die Vorsicht erwies sich als angebracht: Vor dem Eingang des Palais parkten zwei Autos, deren Fahrer sich auf dem Gehsteig Zigaretten rauchend unterhielten. So, wie die Fahrzeuge und die beiden Männer aussahen, konnten sie weder zur Falange noch zu den Sicherheitskräften gehören. Bei der Vorstellung, dass es in diesem Verwirrspiel noch weitere Akteure gab, wurde ihm schwindelig, und er verschob das Nachdenken auf später und rückte verstohlen weiter vor. Über einen Umweg erreichte er das Seitensträßchen, ohne von den Fahrern bemerkt zu werden. Dort ging er dicht an der Mauer weiter bis zur Metallpforte. Er versuchte sie zu öffnen, doch sie war abgeschlossen. Die Mauer war zu hoch, um ihm einen Blick in den Garten und zum Haus hinüber zu erlauben, aber sich an die Vorsprünge klammernd, konnte er sie erklimmen und hinüberschauen. Verlassen lag der Garten da. Im Fenster des Arbeitszimmers bewegte sich die Silhouette des Herzogs. Um nicht entdeckt zu werden, ließ er sich rasch wieder fallen und kratzte sich dabei an der rauhen Mauer die Hand blutig. Er verband sich mit dem Taschentuch und ging weiter auf der Suche nach einem günstigeren Beobachtungsposten. An einer Stelle, wo der Garten etwas dunkler war, zog er sich erneut an der Mauer hoch und überblickte nun einen Bereich, der durch Zypressen vor unerwünschter Neugier geschützt war. Er sah die Rückseite des Palais, deren Tür auf den privatesten Teil des Gartens hinausführte; eine breite Treppe mündete in ein mit Platten ausgelegtes Rechteck, wo unter einer Pergola, die in heißen Monaten Schatten spendete, ein Marmortisch und ein halbes Dutzend Schmiedeeisenstühle standen. Die winterlich kahlen Weinranken und das ungenutzte Sommermobiliar tauchten den Winkel in Melancholie.
    Da kam auf einmal Paquita aus der Hintertür

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