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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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gestürzt, als wüsste sie um sein Vorhaben. Das erschreckte den Engländer, der die Augen zusammenkniff, um deutlicher zu sehen, ohne selbst gesehen zu werden oder sein prekäres Gleichgewicht zu verlieren. Trotz der Entfernung und seiner Verwirrung entging ihm nicht, dass die junge Marquise zutiefst erregt war.
    Das hatte seinen Grund. Kurz zuvor hatte die Herzogin etwas Ähnliches erlebt und war in ihren Muttergefühlen schmerzlich erschüttert worden. Von Kindesbeinen an durch die gesellschaftliche Stellung und eine strikte Erziehung davon befreit, ihre natürliche Intelligenz für die praktischen Aspekte des Lebens zu nutzen, hatte sich Doña María Elvira Martínez de Alcántara, durch die Ehe Herzogin von Igualada geworden, gutwillig in ihre dekorative Rolle geschickt und eine bemerkenswerte Gewandtheit entwickelt, die unterschiedlichsten Nuancen der Frivolität zu entdecken und auf alle schlagfertig zu reagieren. Mit der unheilvollen Wendung der Ereignisse in Spanien nach der Ausrufung der Republik hatte sich ihre Art jedoch radikal geändert. Jetzt diente ihr ehemaliger Scharfsinn nur noch dazu, sie in den kleinsten Kleinigkeiten Anzeichen eines kommenden Dramas sehen zu lassen. Als sie kurz zuvor in ihrer Langeweile durchs Palais gestreift und dabei unversehens Paquita begegnet war, die, nach ihrer Kleidung zu schließen, ausgegangen gewesen war, bemerkte sie sofort die Verstörung der jungen Frau, obwohl diese sie mit ihrer Distanziertheit und der Spur Hochmut, die die Beziehung der beiden charakterisierte, zu übertünchen versuchte. Die Mischung aus mütterlicher Intuition und gesellschaftlichem Drill verboten ihr die direkte Frage, ob ihr etwas zugestoßen sei, doch sie hielt Paquita unter einem nichtigen Vorwand zurück. Die Tochter konnte den Schein nur einen kurzen Moment wahren, brach dann in Tränen aus und lief in ihr Zimmer, um sich einzuschließen. Die Herzogin, eine Frau auch sie, glaubte die Ursache des Elends zu erraten und machte sich, außerstande, etwas zu unternehmen oder, sollte sich das als angezeigt erweisen, nichts zu unternehmen, auf die Suche nach ihrem Mann und platzte dabei in die Verschwörung der Generale hinein. Die Stimmen und die Türgeräusche warnten Paquita. Um einen familiären Zusammenstoß zu vermeiden, solange sich ihre Aufregung nicht gelegt hatte, ging sie im Garten Zuflucht suchen.
    Sich oben an der Mauer festklammernd, sah Anthony, wie sie sich vergewisserte, dass sie allein war, und dann mit gesenktem Kopf und unter Stoßseufzern auf die Laube zuging. Am dicksten Ast einer alten Ulme hing eine Schaukel. Paquita trat zu ihr und strich zart über ihre Seile, als erinnere die Schaukel sie an die harmlosen Spiele ihrer Kindheit. Als er so viel Traurigkeit sah, wäre Anthony am liebsten in den Garten hinuntergesprungen, um die Unglückliche in die Arme zu nehmen und zu trösten, und nur die Gewissheit, dass die Hotelepisode von kurz zuvor den ganzen Kummer ausgelöst hatte, hinderte ihn daran. Doch zugleich verwirrte ihn diese Gewissheit: Er verstand den brüsken Sprung von der Forschheit zur Trostlosigkeit nicht – das ungelegene Auftauchen der Toñina allein konnte ihn nicht erklären.
    Die Lähmung war von kurzer Dauer. Laute Rufe hinter ihm erschreckten ihn dermaßen, dass er um ein Haar von der Mauer gepurzelt wäre. «Kommen Sie da sofort runter, Sie Blödmann!»
    Mehr vom Schrecken als vom Selbsterhaltungstrieb oder Kalkül in Bewegung versetzt, stemmte sich Anthony hoch, um die Mauer zu überwinden und so dem Rufer zu entkommen, und fiel kopfüber in den Garten.
    Der Aufprall wurde von der aufgelockerten Erde eines Blumenbeets gemildert. Gequetscht, aber sonst heil kroch der Engländer auf allen vieren in ein Versteck hinter der nächsten Hecke. Alles ging so schnell, dass Paquita, als sie in die Richtung der Geräusche und der Stimme schaute, nur noch einen Unbekannten sah, dessen Kopf und Schultern die Mauerkante überragten. In ihrer Gedankenverlorenheit erschreckten sie diese plötzliche Vision und das puterrote Gesicht des Mannes doppelt. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und lief zur Tür, ohne dem Mann auf der Mauer Beachtung zu schenken, der sie bat, keinen Alarm zu schlagen. Schon ging die Tür auf, und der Butler, alarmiert durch Paquitas Schrei, betrat mit einer Jagdflinte den Garten. Flink und voller Jagdinstinkt sauste er die Treppe herunter, schaute um sich, entdeckte den Eindringling, hielt sich die Flinte an die Wange und hätte abgedrückt,

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