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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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andere Einstellung dazu.

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    Die dramatischen Ereignisse, die sich unmittelbar danach überstürzten, waren zum großen Teil auf die Überschneidung der vielen an dieser Geschichte beteiligten Kräfte, zu einem weiteren Teil auf die Atmosphäre von Angst und Gewalt in ganz Spanien und schließlich auf eine unglückliche Verkettung von Irrtümern und Zufällen zurückzuführen.
    Gegen sechs Uhr abends verließ Anthony Whitelands das Hotel, um die Person zu treffen, die ihn angerufen hatte, ohne ihre Identität oder den Grund für das Treffen zu kennen. So viel Sorglosigkeit müsste man als Dummheit bezeichnen, wäre sie nicht bis zu einem gewissen Grad durch die Verwirrung zu erklären, in die ihn die jüngsten erotischen und anderen Erlebnisse gestürzt hatten – und durch die Nervosität wegen der bevorstehenden Konfrontation mit José Antonio Primo de Rivera, die für ihn von höchster Wichtigkeit war.
    Dem Rat des Empfangschefs folgend, ging er durch die Calle de Carretas Richtung Puerta del Sol, um dort die Metro zu besteigen. Sowie er seinen Fuß auf die Straße setzte, nahmen zwei von Oberstleutnant Marranón auf ihn angesetzte Beamte in Zivil die Verfolgung auf, um ihn laut Befehl keine einzige Sekunde aus den Augen zu lassen. Nach dem, was Hauptmann Coscolluela zugestoßen war, hatte der Oberstleutnant zwei Leute mit der Aufgabe betraut, eine zweifellos vernünftige Maßnahme, die sich jedoch in der Praxis als verhängnisvoll erweisen sollte.
    In der Metrostation Puerta del Sol musste Anthony, der das Madrider Metronetz nicht genau kannte, mehrmals durch die verschiedenen Gänge gehen, bis er die richtige Linie und den richtigen Bahnsteig fand. Der zentral gelegene Bahnhof war überfüllt, und da der Engländer immer wieder unversehens die Richtung wechselte, verloren ihn die Beamten trotz seiner Größe aus den Augen. Nachdem sie ihn eine Weile fieberhaft gesucht hatten, glaubten sie ihn gefunden zu haben, doch da sie ihn zum ersten Mal beschatteten und mit seinem Aussehen nicht so vertraut waren wie ihr Vorgänger, Hauptmann Coscolluela, täuschten sie sich in der Person und folgten jemand anderem, ohne ihren Irrtum zu bemerken, weil sie sich je und je auf den anderen verließen. Als die Verwechslung durch eine zufällige Bemerkung an den Tag kam, war bereits über eine halbe Stunde vergangen und die Spur unwiederbringlich verloren. Also beschlossen sie, ins Hotel zurückzugehen, von dort ihren Vorgesetzten zu informieren und zu warten, bis der Engländer wieder auftauchte. Die falsche Verfolgung hatte sie ziemlich weit geführt, so dass sie, obwohl per Taxi, erst um zehn nach sieben vor dem Hoteleingang anlangten, nur wenige Minuten nach Guillermo del Valle.
    Guillermo hatte den Nachmittag im Sitz der Falange in der Calle Nicasio Gallego 21 verbracht, weil er hoffte, José Antonio zu begegnen und ein Treffen mit ihm und Anthony Whitelands zu arrangieren, wie Letzterer es von ihm erbeten hatte. Die Versammlung des Nationalen Rats war auf sieben Uhr angesetzt, und Guillermo vertraute darauf, dass José Antonio schon früher in den Sitz käme, doch dem war nicht so. Etwa um halb sieben hörte er Raimundo Fernández Cuesta sagen, José Antonio habe ihn telefonisch informiert, dass ihn eine Privatangelegenheit zurückhalte und die Versammlung bis auf weiteres vertagt werde. In diesem Telefongespräch sagte er seinem Freund und Kameraden, die Vertagung habe nichts zu bedeuten, denn die Versammlung sei einberufen worden, um das Gespräch zu analysieren, das er an diesem Vormittag mit General Franco geführt habe, und leider lasse dieses keine Spalte für irgendeine Zusammenarbeit zwischen der Falange und der Armee offen. Also müsse die Politik der Partei grundsätzlich überdacht werden, und so etwas erfordere eine gewissenhafte Vorbereitung. Die Versammlung des Nationalen Rats könne warten. In keinem Moment dieses Gesprächs sagte José Antonio, woher er anrief noch welcher Art die Privatangelegenheit war, die ihn zurückhielt.
    Sowie er von der Absage der Versammlung erfuhr, rief Guillermo del Valle vom Sitz aus in Anthonys Hotel an, nachdem er versprochen hatte, ihn über das Ergebnis seiner Bemühungen zu unterrichten. Der Empfangschef sagte, Señor Whitelands sei weggegangen. Da Guillermo del Valle es nicht für klug hielt, den Mann einzuweihen, beschloss er, auf dem Heimweg persönlich beim Hotel vorbeizugehen. Als er den Sitz verließ, war es bereits dunkel, und ein kalter Wind wehte; das Hotel war

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