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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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für einen Fußmarsch zu weit entfernt. Er stand auf dem Bürgersteig und überlegte, ob er ein Taxi oder ein öffentliches Verkehrsmittel nehmen sollte, als zwei Kameraden im blauen Nankinghemd mit dem aufgestickten roten Falangeabzeichen aus dem Sitz kamen und ihn fragten, was er da mache. Nachdem er sie aufgeklärt hatte, erbot sich einer der beiden, ihn mit seinem Auto ins Hotel zu fahren. Guillermo nahm erfreut an, und der andere Kamerad schloss sich der Expedition an. Sie parkten in der Calle de Espoz y Mina und betraten zu dritt und zum Schrecken des Empfangschefs das Hotel. Da Anthony nicht zurückgekommen war, teilte ihm Guillermo del Valle in einer kurzen Nachricht die Verschiebung der Versammlung und also des Gesprächs mit, steckte den Zettel in einen Umschlag, verschloss ihn und übergab ihn dem Empfangschef, wonach die drei ausgelassen auf den Platz hinaustraten, und zwar genau in dem Moment, da die beiden Polizeibeamten, die Anthonys Spur in der Metrostation Puerta del Sol verloren hatten, beim Hotel eintrafen. Nervös wegen der vorhersehbaren Folgen ihrer Unbeholfenheit, fühlten sie sich von der plötzlichen Begegnung mit drei jungen Falangisten überrumpelt. Sie wähnten sich in einem Hinterhalt und zückten instinktiv die Pistole, um den Angriff abzuwehren. Überrascht von dieser unerwarteten Geste zweier Zivilisten, griffen auch Guillermos Kollegen zur Waffe, und gleichzeitig eröffneten alle vier das Feuer. Eher darum bemüht, nicht getroffen zu werden, als zu treffen, zielte niemand, und die Schüsse gingen ins Blaue hinaus. Dann ergriffen Guillermos Kameraden die Flucht, denn die Falangisten hatten die Weisung, wenn immer möglich Konflikten auf offener Straße auszuweichen, um Opfer und politisch unproduktive Repressalien zu vermeiden.
    In dieser Art Scharmützel hatte Guillermo del Valle keine Erfahrung. An Mut fehlte es ihm nicht, wohl aber an Reaktionsfähigkeit und Kaltblütigkeit. Als die anderen schossen, war er zur Salzsäule erstarrt. Sowie er sich von seiner Benommenheit erholt hatte, griff er zur eigenen Pistole und stand allein zwei bewaffneten Polizisten gegenüber. Als diese sahen, dass auf sie angelegt wurde, schossen sie erneut, bevor er abdrücken konnte. Sein Körper blieb mit mehreren Einschüssen auf dem Gehweg liegen; eine Kugel hatte, nachdem sie den Oberkörper durchdrungen hatte, eine Scheibe der Hoteldrehtür zersplittert.
    Nichts ahnend von diesem schrecklichen Ereignis, dessen indirekte Ursache er war, stieg Anthony aus der Metro, und nachdem er einige Schritte gegangen war, befand er sich auf dem Vorplatz des Fischmarkts in der Nähe der Puerta de Toledo. Zu dieser Zeit war nichts mehr los, und auf dem Vorplatz stritten sich im schwachen Licht der Straßenlaternen Katzen und Ratten um stinkende Abfälle. In der eisigen Nachtluft, die furchtbar nach verfaultem Fisch und Meeresgetier stank, schwirrten Schwärme von Fliegen. Umsonst suchte Anthony in dieser dantesken Öde jemanden, der ihm hätte erklären können, wo die Calle Arganzuela lag. Am einen Ende des Platzes stand eine Reihe Lastwagen. Die Schuhe tief in den verpfützten Radspuren, ging Anthony auf sie zu, in der Hoffnung, einen in seiner Kabine schlafenden Fahrer zu finden, aber alle waren leer, was angesichts des ekelhaften Gestanks der Laster nur zu verständlich war.
    Nach mühsamem Herumsuchen in der Gegend wurde er fündig. Als er endlich an die Ecke Calle Arganzuela/Callejón del Mellizo gelangte, war es bereits acht Minuten nach sieben.
    Während seiner Suche war ihm die ganze Geschichte doch etwas mulmig vorgekommen. Bis dahin war er vollkommen ruhig gewesen, schließlich war der Mann, der ihn herbestellt hatte, laut dem Empfangschef Engländer, und von einem Landsmann war nichts Ungutes zu erwarten. Doch mittlerweile fragte er sich, was für ein Engländer als Treffpunkt wohl diesen düster-verlassenen Ort ausgesucht haben mochte, es sei denn, um sich den Nachforschungen der lokalen Polizei zu entziehen.
    Sein Ziel war ein neunstöckiges Haus, schmal und hässlich, mit grauer Fassade und engen vergitterten Fenstern. Die Tür zur Straße war verschlossen, und klingeln konnte man nicht. Neben dieser befand sich eine weitere, etwas breitere Holztür, die wahrscheinlich zu einem Laden, einer Werkstatt oder einem Lagerraum führte. Auch sie war nicht zu öffnen, und so beschloss Anthony, die Bemühungen aufzugeben und den Rückweg anzutreten. Höchstwahrscheinlich hatte der Empfangschef die Nachricht

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