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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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ein regelrechtes Dogma gemacht, und das hat Sie an die Spitze der zivilisierten Welt gebracht. Aber später werden wir noch Zeit zum Philosophieren haben. Lassen wir jetzt diese unglückliche Geschichte, und schauen wir, ob der Aperitif schon bereit ist. Bei unserer bescheidenen Mahlzeit rechnen wir selbstverständlich mit Ihrer Anwesenheit.»
    Anthony Whitelands hatte nicht an eine solche Einladung gedacht, und als er sie nun hörte, glaubte er, der Himmel tue sich auf, nicht nur, weil sie ihm Gelegenheit bot, die reizende Paquita wiederzusehen, sondern weil er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte und kurz vor dem Kollabieren stand. Bevor er zusagte, bemerkte er auf Guillermo del Valles Gesicht einen verdrießlichen Zug. Ganz offensichtlich fühlte sich der junge Erbe erniedrigt durch das geringschätzige Urteil eines Ausländers über das, was er nicht nur als sein rechtmäßiges Vermögen, sondern auch als Symbol für die Würde seines Namens betrachtete.
    «Papa», hörte er ihn flüstern, «ich erinnere dich daran, dass wir heute einen Gast haben.»
    Der Herzog schaute seinen Sohn vorwurfs- und liebevoll an und sagte: «Ich weiß, Guillermo, ich weiß.»
    Wider Willen glaubte sich der Engländer verpflichtet, sich einzumischen. «Ich möchte in gar keiner Weise … tatsächlich habe ich eine Verpflichtung …»
    «Lügen Sie nicht, Señor Whitelands», erwiderte der Herzog, «und wenn, dann tun Sie es nicht so schlecht. Und hören Sie auch nicht auf meinen Sohn. Noch bin ich es, der entscheidet, welche Gäste sich an meinen Tisch setzen. Gewiss, wir haben heute noch einen Gast, aber es ist eine Vertrauensperson, ein guter Freund der Familie. Im Übrigen bin ich überzeugt, dass er sich freut, Sie kennenzulernen, und umgekehrt wird es auch für Sie lehrreich sein. Und damit basta.»
    Er zog an der Kordel, und als der Butler erschien, sagte er: «Julián, der Herr bleibt zum Essen. Und sorgen Sie dafür, dass die Bilder mit größter Vorsicht wieder an ihren Platz gelangen. Aber wenn ich es recht bedenke, überwache ich das Ganze besser selbst. Guillermo, nimm dich unseres Gastes an.»
    Nachdem der Herzog das Arbeitszimmer verlassen hatte, herrschte angespanntes Schweigen. Um die Situation zu retten, beschloss Anthony, das Thema direkt anzusprechen. «Es tut mir leid, dass ich Sie enttäuscht habe.»
    Der junge Guillermo warf ihm einen feindseligen Blick zu. «Sie haben mich tatsächlich enttäuscht, aber nicht aus dem Grund, den Sie annehmen. Ich habe nie die Absicht gehabt, das Land zu verlassen. Im Gegenteil: Das ist der Moment, an unserem Platz zu bleiben und zu den Waffen zu greifen. Wir dürfen Spanien nicht in den Händen von Schurken lassen. Aber ich hätte gern meine Mutter und meine Schwestern in Sicherheit gewusst. Vielleicht auch meinen Vater – er ist ein Greis und gegen seinen Willen ein Klotz am Bein. Jetzt bietet meine Familie doppelten Anlass zur Sorge. Ihretwegen selbst und weil sie, wenn es so weit ist, versuchen werden, mich zurückzuhalten. Für sie bin ich noch ein Kind, dabei bin ich schon achtzehn. Nun, wenn ich bleibe, werden alle denken, das geschehe nicht aufgrund einer eigenen Entscheidung, sondern wegen fehlender Mittel, und das ärgert mich. Das können Sie nicht verstehen, Sie sind kein Spanier.»
    Nach diesen Worten hatte er das Gefühl, ein Stein sei ihm vom Herzen gefallen.

8
    Als er auf das Musikzimmer zuging, drang zu Klavierbegleitung heiser und verführerisch Paquitas unverwechselbare Stimme mit einem heiteren Couplet an sein Ohr:
    Caballero del alto plumero,
    ¿Dónde camina tan pinturero?
    Kavalier mit hohem Federbusch,
    Wohin in so adretter Gewandung?
    Vor der Tür blieb er stehen, ebenso seine beiden Begleiter. Zunehmend gerührt hörte er nach einem Triller:
    Los caminos que van a la gloria
    Son para andarlos con parsimonia.
    Die Wege zum Ruhm
    Heißt es bedächtig zu gehn.
    Doch sogleich wurde die Freude des begeisterten Zuhörers von einer Baritonstimme mit ihrer Antwort zunichte gemacht:
    Señorita que riega la albahaca,
    ¿Cuántas hojitas tiene la mata?
    Me parece que son más de ciento,
    Como las plumas de mi plumero.
    Señorita, das Basilikum gießend,
    wie viele Blättchen hat wohl der Strauch?
    Mehr als hundert, so will mir scheinen,
    wie die Federn meines buschigen Huts.
    Seine Exzellenz der Herzog von Igualada öffnete die Tür zum Musikzimmer und unterbrach die Romanze. Am Klavier saß Lilí, daneben stand ihre ältere Schwester in dem grünen Kleid, in

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