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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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oder vielleicht gerade deswegen – eine reiche Quelle offizieller Dokumente, minutiöser Überwachungen, detailreicher Informationen und Geklatsche. All das ist schriftlich belegt. Mit viel Geduld, den geeigneten Mitteln und gesundem Menschenverstand lässt sich unschwer die Spreu vom Weizen trennen. Aber obwohl uns das Aufschluss über die tägliche Wirklichkeit gibt, wird uns nichts und niemand das innerste Geheimnis des Menschen und Künstlers enthüllen können. Je mehr ich Velázquez’ Bilder und Velázquez selbst anschaue und studiere, desto mehr werde ich mir des tiefen Rätsels bewusst, das ich vor meinen Augen habe. Und es ist genau dieses Rätsel und die Überzeugung, dass ich es nie werde lösen können, was meine Arbeit so begeisternd und mein langweiliges Professorenleben würdig macht.»
    Nachdem er ausgeredet hatte, trat ein angespanntes Schweigen ein, als läge in der Rede des Engländers eine Anschuldigung. Zum Glück meldete sich sogleich der Herzog mit seiner Offenherzigkeit. «Ich habe dir ja gesagt, Paquita, du sollst dich nicht mit ihm einlassen.»
    Die junge Frau warf dem Engländer einen bedeutungsvollen Blick zu und antwortete: «Er hat überzeugend gesprochen, aber die Schwerter bleiben gezückt.»
    «Nun, ich schlage vor, wir tauschen diese Schwerter gegen Löffel und Gabel», sagte der Herzog und deutete auf die Tür, die sich eben für das einfältige Dienstmädchen und die Ankündigung, das Essen sei fertig, geöffnet hatte.
    Alle gingen ins Speisezimmer, und diesmal hakte Paquita, aus protokollarischen Gründen oder aus Groll, den Marquis de Estella unter, dem sie einen für die anderen unverständlichen Satz ins Ohr raunte.

9
    Nach dem kurzen Moment der Sammlung, die die diesmal vom brummbärigen Pater Rodrigo vorgenommene Segnung der Speisen gebot, erkundigte sich die Herzogin, während das Dienstmädchen mit der dampfenden Suppenschüssel die Runde machte, was denn die Schätzung der Bilder ergeben habe. Wie abgesprochen, gab sich der Herzog einigermaßen zufrieden. «Unser Freund Whitelands hat seinem Ruf Ehre erwiesen – weder enthusiastisch noch defätistisch hat er festgehalten, was er als gerechten Preis betrachtet. Er hat auch gesagt, dass die Transaktion kein Honiglecken sein wird. Korrigieren Sie mich, wenn ich Sie falsch interpretieren sollte.»
    «Nein, nein», bekräftigte der Engländer hastig, «es ist genau so, wie Ihre Exzellenz es erklärt.»
    Die Herzogin, die nur verstanden hatte, was sie verstehen wollte, faltete die Hände, blickte zum Himmel empor und rief: «Gelobt sei Gott, endlich werden wir aus dieser Hölle herauskommen. In meinen Gebeten habe ich das Herz Jesu und die Heilige Muttergottes oft darum angefleht, und meine Gebete sind nicht unerhört geblieben. Und alles dank Ihrer Vermittlung, lieber Antoñito – sage und schreibe ein Protestant, und dennoch das Instrument des göttlichen Schutzes. Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade, oder umgekehrt. Mit Redensarten habe ich immer meine Schwierigkeiten. Wie auch immer, im Namen der ganzen Familie und in meinem eigenen segne ich Sie aus tiefstem Herzen.»
    Anthony murmelte etwas Konfuses in der Hoffnung, es würde als Zeichen von Bescheidenheit oder Höflichkeit verstanden, denn obwohl er überzeugt war, redlich gehandelt zu haben, verspürte er doch die ätzenden Gewissensbisse des frisch bekehrten Verräters, und wie sehr ihn auch die kräftige Suppe wiederbelebte, hätte er gern auf sie verzichtet, wenn er dafür von dem Schauplatz dessen hätte fliehen können, was er als grausame Lüge empfand. Seine Unruhe bemerkend, kam ihm einmal mehr Seine Exzellenz der Herzog von Igualada zu Hilfe. «Schade ist nur, dass unser Freund, nachdem seine Mission erfüllt ist, in sein Land zurückkehren wird, und wer weiß, wann wir ihn wiedersehen werden.»
    «Sag das nicht, Álvaro», sagte die Herzogin. «Wohin auch immer wir gehen, und sei es nach Südamerika, Antoñito wird uns stets willkommen sein, mir und uns allen.»
    Niemand schloss sich dieser Zuneigungsbekundung an, aber in Paquitas schönen Augen glaubte Anthony leichten Sarkasmus und in denen ihrer jüngeren Schwester aufrichtige Traurigkeit zu erkennen. Um das unangenehme Schweigen zu brechen, sagte der schmucke Marquis de Estella, der bis dahin geschwiegen hatte, obenhin: «Nun, auch ich werde Sie vermissen, wenn auch aus recht egoistischen Gründen. Wie jeder Madrilene aus guter Familie bin ich seit frühester Jugend in den Prado gegangen,

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