Katzenkrieg
dem Anthony sie zum ersten Mal im Garten gesehen hatte. Neben ihr ein gutaussehender Mann von etwas über dreißig Jahren, mit dunklem Teint, männlichen Zügen, großen, intelligenten Augen, hoher Stirn, schwarzem Haar und der distinguiert-schlichten Haltung der spanischen Aristokratie. Beim Eintreten der drei Männer waren Sängerin und Sänger verstummt, sahen sich aber weiter in die Augen, den Mund halb geöffnet, noch versunken in die galante Verschworenheit des Duetts. Doch einen Moment später reagierten sie und schauten zur Tür. Kurz begegneten die Augen des Engländers denen des schmucken Unbekannten. Der Anblick der Herzogin, die es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte, setzte dem beginnenden Salonduell zwischen den beiden Männern ein Ende. Beflissen trat der Engländer zur Hausherrin, um sie zu begrüßen, und diese gab ihm die Hand mit den Worten: «Gelobt sei Gott, Antoñito, wir haben Sie schon vermisst.»
Anthony wusste nicht recht, ob diese Worte Zuneigung verrieten oder spöttisch gemeint waren. Vielleicht fiel der Herzogin sein wiederholtes Erscheinen lästig, dachte er. Wenig beschlagen in der Kunst des Hofierens, verlor der Gast ein wenig die Fassung, bis Lilí sich ihm mit spontaner Unschuld in die Arme warf und ihn so aus der Verlegenheit rettete. Der Herzog tadelte sie: «Alba María, lass deinen Vorzugsprotestanten in Frieden, und benimm dich wie eine wohlerzogene Señorita.» Und zu Anthony sagte er in jovialem Ton: «Entschuldigen Sie dieses verzogene Mädchen, mein lieber Whitelands, und erlauben Sie mir, Ihnen den guten Freund vorzustellen, von dem ich Ihnen vorhin gesprochen habe.»
Seiner kindlichen Bewunderin jetzt zwar ledig, musste Anthony die Begrüßung Paquitas dennoch aufschieben, um sich auf den gutaussehenden Unbekannten zu konzentrieren. Der Herzog stellte die beiden einander formell vor. «Der Marquis de Estella ist nicht nur eine von meiner Familie hochgeschätzte Persönlichkeit, sondern auch ein Mann mit vielseitigen Interessen. Ich bin überzeugt, dass es Ihnen nicht an Gesprächsthemen fehlen wird. Señor Whitelands, ein herausragender Experte in spanischer Malerei auf der Durchreise durch Madrid, war so freundlich, im Hinblick auf eine Schätzung einen Blick auf bestimmte Bilder zu werfen. Der Marquis de Estella», fügte er erläuternd hinzu, «weiß von unseren Absichten.»
Mit einem festen Händedruck und einem strahlenden Lächeln wischte der Marquis jeden Anflug von Spannung hinweg.
«In diesem Haus halten alle große Lobreden auf Sie», sagte er. «Ich freue mich, Sie kennenzulernen.»
«Das Vergnügen ist ganz meinerseits», antwortete Anthony, unwillkürlich gefangen von der Natürlichkeit des Adligen.
Auf einem Silbertablett servierte ihnen der Butler einen Sherry.
«Lassen Sie sich nicht von den guten Manieren täuschen», sagte der Herzog ironisch. «Der Marquis und ich gehören verschiedenen Generationen und ganz offensichtlich zwei gegensätzlichen Welten an. Ich bin glühender Monarchist, er dagegen ist ein Revolutionär, der die Welt auf den Kopf stellen würde, wenn man ihn nur ließe.»
«So schlimm ist es nun auch wieder nicht, Don Álvaro», lachte der Marquis.
«Ich habe es nicht als Vorwurf gemeint», erwiderte der Herzog. «Das Alter mäßigt uns. Die Jugend ist radikal. Der liebe Whitelands zum Beispiel ist bei seinem ganzen englischen Phlegma ein Ikonoklast. Alles, was nicht Velázquez ist, würde er am liebsten ins Feuer schmeißen, nicht wahr?»
Da er immer noch nichts gegessen hatte, trübte der starke, aromatische Wein das Begriffsvermögen des Engländers und hemmte ihm die Zunge. «So etwas habe ich nie gesagt», erwiderte er. «Jedes Kunstwerk muss nach seinen eigenen Kriterien beurteilt werden.»
Bei diesen Worten schielte er unfreiwillig zu Paquita und errötete. Maliziös steigerte sie seine Unruhe noch. «Señor Whitelands ist zwischen nüchterner Gelehrsamkeit und zügelloser Leidenschaft hin- und hergerissen.»
Der Marquis verteidigte ihn: «Das ist doch ganz natürlich. Echte Überzeugung ohne Leidenschaft kann es nicht geben. Das Gefühl ist den tiefen Ideen Wurzel und Nahrung. Meiner Meinung nach sollten wir froh und dankbar sein, dass ein Engländer sein Herz an etwas so Spanisches wie Velázquez gehängt hat. Erzählen Sie uns von Ihrer Liebe zu diesem Maler und wie es dazu gekommen ist, Señor Whitelands.»
«Ich möchte Sie nicht mit meinen Geschichten langweilen», protestierte Anthony.
«Oh, mein Lieber»,
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