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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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Señora.»
    In wirren Sätzen berichtete er, was geschehen war, und versuchte die beiden Frauen zu beruhigen, was seine Absichten betraf. Auf die Bewohner dieser würdigen Stätte falle kein Verdacht, noch gedenke er die Behörden einzuschalten. Er sei nur in einer schwierigen Lage, so als Ausländer ohne Geld und Papiere, und er wolle fragen, ob sie den Mann kennten, der ihn betrogen habe. Wie vorauszusehen war, konnten diese Worte die beiden Frauen nicht beschwichtigen. Sie schworen, nichts von dem Betreffenden zu wissen, und die Alte sagte immer wieder, keine Fragen zu stellen und sich keine Gesichter zu merken sei eine Grundregel des Hauses. Anthony bedankte sich und verabschiedete sich. Bevor er ging, sagte die Alte: «Wenn Sie keine Knete haben, haben Sie sicher auch nix gegessen.»
    «Nein, Señora.»
    «Passen Sie auf, umsonst gibt’s hier nix, aber ein Stück Brot wird einem Christen nicht verwehrt. Auch wenn er Engländer ist. Stimmt es, dass bei Ihnen die Männer Röcke tragen?»
    «In Schottland, und nur an Festtagen.»
    «Ha, ich kann mir etwa vorstellen, was das für Feste sind», lachte sie.
    Nach einer Weile kam Toñina mit einem Napf voll dicker, fettiger Suppe, einem Holzlöffel und einem Glas Wasser zurück. Beim Essen erinnerte sich Anthony an jedes Detail von Velázquez’ Bild Christus im Hause von Martha und Maria .

10
    Auf den Arbeitseifer seiner Landsleute bauend, machte sich Anthony Whitelands am nächsten Morgen zeitig auf den Weg zur englischen Botschaft im Paseo de Recoletos. Dem Beamten, der ihn am Eingang aufhielt und seine Papiere sehen wollte, erklärte er, er sei hier, weil er sie eben verloren habe. Der Beamte zögerte. Er könne sich also nicht als Staatsangehöriger der Krone ausweisen? Dann dürfe er ihn nicht hereinlassen. Als Anthony sah, dass sein Aussehen und sein unverwechselbarer Cambridge-Akzent nicht genügten, verlangte er aufgebracht, den Botschafter persönlich oder wenigstens einen höhergestellten Diplomaten zu sehen. Der Beamte hieß ihn in der Vorhalle warten, während er Rat einhole.
    In einem an die Halle angrenzenden Raum erblickte Anthony eine adrett gekleidete alte Frau mit einer Strickarbeit. Als sie sich beobachtet sah, grüßte sie ihn mit leichtem Nicken. Während sie sich über das Wetter unterhielten, kam der Beamte zurück und bedeutete dem Engländer frostig, als habe er seinetwegen einen Rüffel einstecken müssen, er solle ihm folgen. Über eine breite, mit Teppich ausgelegte Treppe stiegen sie in den ersten Stock hinauf, brachten einen kurzen Gang hinter sich, und dann klopfte der Beamte an einer Tür, öffnete sie, ohne eine Antwort abzuwarten, und trat zur Seite.
    In einem mittelgroßen Büro mit Regalen voller Gesetzeswälzer, einem massigen Schreibtisch und mehreren gepolsterten Stühlen empfing ihn ein junger Mann mit deutlichen Zeichen der Freude. «Harry Parker, Botschaftsrat», sagte er und reichte seinem Landsmann eine schlaffe Hand. «Was kann ich für Sie tun?»
    Seine Manieren waren sanft, aber sein apathisches Aussehen und ein Anflug von Besorgnis in seinen Augen wiesen auf die Unsicherheit des Beamten hin, der sich nur wohl fühlt, wenn alles seinen vorgezeichneten Gang geht. Seine noch kindlichen Züge wiesen auf Haarausfall und Fettleibigkeit in späteren Jahren voraus. In einer Ecke des Schreibtischs stand ein gerahmtes Foto von Harry Parker, wie er Neville Chamberlain die Hand schüttelte. An der Wand hing eine Fotografie Seiner Majestät König Eduards VIII. – das war alles, was das Büro über seinen Insassen verriet.
    «Sehr erfreut, Sie kennenzulernen. Mein Name ist …»
    «Anthony Whitelands», sagte der junge Diplomat eilig. «Und Sie haben Ihre Brieftasche verlegt. Lästig, wirklich lästig. Eigentlich haben wir Sie schon gestern erwartet, sowie wir von dem Missgeschick Kenntnis erhielten. Ich frage mich, wie Sie den ganzen Tag ohne einen Penny überstanden haben. Bewundernswert. Zum Glück kann man sagen: Ende gut, alles gut, nicht wahr?»
    Beim Sprechen kramte er in der Schreibtischschublade, zog dann Anthonys Brieftasche, Pass, Uhr und Füllfederhalter hervor und händigte sie ihm aus. «Prüfen Sie bitte, ob alles dabei ist. Unter uns ist das natürlich nicht nötig, aber die Botschaft hat eine Quittung unterschrieben, und Sie werden sie gegenzeichnen müssen. Nur wenn Sie einverstanden sind, natürlich.»
    Als er sich von seinem Staunen erholt hatte, prüfte Anthony den Inhalt der Brieftasche, stellte fest, dass

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