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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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Königin! Wenn ich ihn umarmt habe, sind mir seine Silbertressen ins Fleisch gedrungen …, und mit dem Säbel … Churros , Schnaps und Apfelsaft!»
    Mit eher barmherzigem als verschmitztem Lächeln hielt sich die Justa den Zeigefinger an die Schläfe und sagte: «Beachten Sie sie nicht weiter. Die ist nicht mehr ganz dicht. Hatte was mit der Leber und ist morphiumsüchtig geworden. Arme Agapita, bloß noch ein Schatten von ihr selber! Und dieser Freund, den sie da gehabt haben will, ja, doch, schon, aber dass er der Königin gedient hat, davon kann keine Rede sein. Ein Saufbold und Streithahn war er, und darum hat man ihn aus der Armee ausgestoßen.»
    Jetzt präsentierten der Alkohol und die Müdigkeit dem Engländer die Rechnung – er bekam nichts mehr mit. Mit großer Anstrengung stand er auf und bat, die Toilette benutzen zu dürfen. Nachdem er sich erleichtert hatte, füllte er die Waschschüssel mit dem eiskalten Wasser aus dem Krug und klatschte es sich ins Gesicht. Das hellte ihm ein wenig den Geist auf, linderte aber nicht die körperliche Erschöpfung. Während er sich mit einem schmutzigen Tuch abtrocknete, glaubte er hinter einem Wändchen das Weinen eines Babys zu hören. Das erstaunte ihn nicht, aber als er ins Zimmer zurückkam, sah er dort die Toñina, die sich zu den anderen gesellt hatte und in den Armen den kleinen Schreihals wiegte. Sie sah kränklicher aus als die letzten Male, vielleicht weil sie noch halb schlief. Ein grauwollenes Nachthemd fiel ihr vom Hals bis auf die Füße, die in dicken, an den Zehen und der Ferse durchlöcherten Männersocken steckten. Niemand machte sich die Mühe, ihm zu erklären, woher dieses Baby kam, und Anthony verspürte auch nicht das geringste Interesse, es herauszufinden. Um nicht der Länge nach hinzuschlagen, stützte er sich mit beiden Händen auf dem runden Tischchen auf, so dass Flasche und Petroleumlampe bedrohlich wankten, und dann verkündete er, er gehe. Als das Baby seine Stimme hörte, verstummte es, und dafür erhob sich ein Protestchor: Was denn, gehen um diese Zeit! Das sei unvorsichtig, nicht im Traum! Das würden sie nicht zulassen! Zudem sei er außerstande, allein durch die Straßen zu gehen. Die Toñina übergab das eingehüllte Baby der Justa und umschlang mit den Armen den Rücken des Engländers. «Bleib doch da und ruh dich aus», flüsterte sie ihm ins Ohr. «Was soll die Eile? Im Hotel erwartet dich keiner.»
    «Die Kleine hat recht», sagte Higinio. «Da sind Sie unter Freunden.»
    Umsonst versuchte sich Anthony den mageren Armen des Mädchens zu entwinden. «Ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre Gastfreundschaft und Ihr Interesse, und ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich muss morgen ganz früh unbedingt an einem bestimmten Ort sein und vorher ein paar Stunden schlafen und mich dann anständig zurechtmachen.»
    «Kein Problem», sagte die Justa. «Sie schlafen hier und werden um die Zeit geweckt, die Sie uns sagen. Dann trinken Sie einen Milchkaffee und essen einen Kanten Brot, und danach gehen Sie und tun, was Sie tun müssen.»
    «Nein, nein», sagte der Engländer hartnäckig. «Sie verstehen mich nicht. Ich muss jetzt gehen. Was meine … was meine Anwesenheit erfordert, ist sehr wichtig. Ein Geschäft von höchster Bedeutung. Sie sind einfache Leute und würden es nicht verstehen. Es geht um ein Bild … ein unvergleichliches Bild, wegen seiner Qualität und seiner Bedeutung. Es muss so schnell wie möglich aus Spanien rausgeschafft werden … wie auch immer. Sie würden … Sie würden es nicht verstehen.»
    Er verlor das Bewusstsein und kam in tiefster Dunkelheit wieder zu sich, auf einem harten Bett und unter einer verfilzten, stinkenden Decke. Neben sich vernahm er das tiefe Atmen einer weiteren Person. Mit Erleichterung ertastete er die jugendlichen Umrisse der Toñina. Er tastete weiter und entdeckte zu seiner großen Überraschung das winzige Baby zwischen den Decken. Higinio hat schon recht – Spanien ist nicht zu helfen, dachte er, bevor er wieder in tiefen Schlaf fiel.

13
    In der eisig kalten Morgenluft fand er den Rückweg ins Hotel zwar unsicheren Schrittes, aber ohne Umwege. Es überraschte ihn, mit seinem aufgewühlten Magen, dem ausgetrockneten Mund, der versengten Kehle, dem abgestumpften Körper und der lückenhaften Erinnerung nichts verloren zu haben, nicht einmal den Mantel, den Hut oder die Handschuhe. Der Himmel war bedeckt, und Schnee lag in der Luft.
    Beim Betreten des Hotels sah er einen Mann,

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