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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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Disziplin.»
    Anthony nippte an seinem Glas und spürte, wie ihm der Schnaps die Kehle verbrannte. Hustend sagte er: «Besser, es gibt keine Revolution, und sei es nur aus Trägheit.»
    «Revolution wird es keine geben», sagte Higinio, «aber einen Staatsstreich wird es geben. Und zwar von Seiten der Militärs, das ist ganz klar. Es fragt sich nur noch, wann – heute Nacht, morgen oder in drei Monaten. Das wird die Zeit sagen.»
    «Na ja», sagte die Justa, «vielleicht kommen die Dinge mit den Militärs wieder ein bisschen ins Lot. So, wie es ist, kann’s ja nicht weitergehen.»
    «Red keinen Unsinn, Justa», antwortete Higinio ganz ernst. «Wenn’s einen Militärputsch gibt, dann ist hier die Hölle los. Dann wird sich das ganze Volk erheben, um zu beschützen, was ihm gehört.»
    Mit einer ausholenden Handbewegung umfasste die Alte den Raum und seine Insassen und sagte: «Um was zu beschützen? Diesen Dreck da?»
    Higinio trank sein Glas in einem Zug aus und stellte es hart auf den Tisch. «Um die Freiheit zu verteidigen, zum Teufel!»
    « Churros , Schnaps und Apfelsaft!», ergänzte Doña Agapita das Wortgefecht.
    Die Alte lachte auf und schenkte nach. Von einem nahen Kloster schlug es zwei Uhr.
    «Beachten Sie ihn nicht», sagte sie zum Engländer. «Wenn man ihn so reden hört, könnte man meinen, er glaubt daran, aber im Grunde ist er ein Lämmchen. Und eine Seele von Mensch.»
    «Fang nicht wieder an, Justa. Diese Geschichten interessieren einen Ausländer nicht.»
    «Mich aber schon», antwortete die Justa, «und hier sind wir in meiner Wohnung. Also.»
    Und ohne auf die Zurechtweisungen zu achten und immer wieder unterbrochen vom Gegacker der Greisin, erzählte die Justa Anthony eine wirre Geschichte, von der dieser nur gerade das Wichtigste mitbekam. In ihrer Jugend hatte sie, wie so viele andere Dörflerinnen im Durcheinander der Großstadt, einen Fehltritt begangen und war auf dem Strich gelandet, bis ihr ein hübscher Arbeiter über den Weg lief, ein sensibler, ganzer Kerl, der sie, die bürgerliche Moral herausfordernd, von ihrem schlechten Lebenswandel abbrachte und vor den Altar führte. Nach einigen Jahren des Glücks (und einigem Verdruss) starb der Arbeiter eines natürlichen Todes (oder auch nicht, das konnte Anthony nicht genau verstehen) und ließ die Justa und die gemeinsame Tochter in größter Hilflosigkeit zurück. Als die Welt über ihren armen Köpfen einzustürzen schien, wurde überraschend Higinio Zamora Zamorano bei ihnen vorstellig, von dem sie bisher noch nie etwas gehört hatten, und sagte, er sei im Marokkokrieg ein Kampfgefährte des Verstorbenen gewesen und wie viele junge Burschen durch das Los in jenes Land geschickt worden, wo dieser jenem oder jener diesem das Leben gerettet hatte, weshalb jetzt Higinio, im Wissen um die traurige Situation der Witwe und des Töchterchens seines ehemaligen Kameraden, herkomme, um die Schuld zu begleichen oder das auf dem Schlachtfeld oder am Vorabend des Gefechts oder mehrmals im Laufe des unseligen Feldzuges abgegebene Versprechen einzulösen.
    Während die Justa ihre Geschichte zum Besten gab, lächelte Higinio und schüttelte den Kopf, um seine Verdienste herunterzuspielen. Letzten Endes habe er nur getan, was jeder an seiner Stelle getan hätte, vor allem weil er in jener Zeit als Hilfsklempner recht gut verdient habe und für niemanden habe aufkommen müssen, denn seine Eltern seien schon gestorben gewesen, seine beiden Brüder nach Venezuela ausgewandert und er ohne Beziehung, obwohl es ihm bei seinen persönlichen Geistesgaben und seinen Einkünften nicht an Bewerberinnen gefehlt habe. Er behauptete, weder einer Gewerkschaft anzugehören noch in irgendeiner politischen Organisation aktiv zu sein, obwohl er fest daran glaube, dass die Proletarier einander helfen müssten. Eilig fügte die Justa hinzu, Higinio habe für seine Hilfe nie eine Entschädigung verlangt oder annehmen wollen.
    In diesem Augenblick kehrte Doña Agapita, als hätte sie die Erzählung oder ein Bruchstück von ihr mitbekommen, ins Leben zurück und verkündete, es gebe keine besseren Liebhaber als die Soldaten, wie ein Freund, den sie vor langer Zeit gehabt hatte. «Ich sehe ihn immer noch vor mir», sagte sie plötzlich hellwach, «mit seinem Schnauzer und seinem blauroten Käppi. Als ich ihn kennengelernt habe, diente er bei Isabella II. Ob im königlichen Bett, weiß ich nicht, das hat er mir nicht gesagt. Aber gedient hat er der Señora wirklich. Husar der

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