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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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worden sein. Und dieser Blick ging schon fast als Behinderung durch. Sie wusste nicht, was tun. Zum ersten Mal seit fünfundzwanzig Jahren war sie ratlos. »Was suchen Sie denn?«
    Liebermann zeigte auf den Schrank. »Den Ring aus dem Hals von Knut Kaiser. Er ist in der KTU nicht angekommen. Vielleicht irgendeine Schlampigkeit der Boten, aber da ich ohnehin hier vorbeimusste, dachte ich, ich sehe mal nach.«
    Franziska kniff die Augen zusammen. »Hier muss keiner ohnehin vorbei. Hinter dem Institut beginnt das Katharinenholz. Sie werden mir nicht erzählen, dass Sie in die Pilze wollen.«
    »Nein. Ich will zur Havel. Warum haben Sie den Ring noch hier?«, fragte Liebermann, indem er auf die Vitrine deutete.
    Sie sog scharf die Luft ein. »Es hat ihn keiner angefordert.«
    »Gut, dann fordere ich ihn jetzt.«
    »Vergessen Sie’s! Wo kämen wir hin, wenn ich jedem dahergelaufenen Bullen Beweismaterial aushändigen würde. Ich werde den Ring morgen der KTU überstellen.«
    »Ich bin nicht irgendein dahergelaufener Bulle«, sagte Liebermann sanft, »sondern der leitende Ermittler im Fall Kaiser.«
    Ihm musste ein Gen fehlen, dachte Franziska. Oder ein paar seiner Synapsen waren blockiert. Unterdrückte Reizleitung, Mangel an Gefühlen wie Angst, Stress, Empathie. Warum war sie nicht gleich darauf gekommen? Dieser Bulle dort vor dem Schrank war wie ein Kind. Aufgeweckt, aber unempfänglich für Schwingungen aus der Umgebung, und deshalb aufdringlich. Sie warf das Skalpell in eine Schale. »Holen Sie sich den Ring aus der KTU ab«, sagte sie etwas ruhiger. »Das ist der offizielle Weg.«
    Liebermann nickte. Allerdings konnte Franziska nicht vermeiden, dass er näher kam und ihr über die Schulter spähte. »Wer ist das?«
    »Eine Rentnerin, die aus dem Fenster gefallen ist.«
    »Sie sieht nicht verletzt aus.«
    »Sie ist ja auch an einem Herzinfarkt gestorben. Sagen Sie, haben Sie kein Zuhause?«
    »Doch. Und Sie?«
    »Ich wollte gerade Feierabend machen.«
    Sein Gesicht hellte sich auf. »Wie wäre es, wenn wir vorher noch eine Zigarette zusammen rauchen würden?«
    »Wozu?«, fragte sie entsetzt.
    »Weil wir Kollegen sind«, sagte Liebermann. »Und weil ich Lust dazu habe.«
    Es musste mit dem Teufel zugehen, aber fünf Minuten später fand sich Franziska vor dem Standaschenbecher im Foyer wieder. Der Portier und die übrige Belegschaft waren, wie sie zu ihrem Leidwesen feststellte, schon gegangen. Als Liebermann die Zigaretten aus der Tasche ziehen wollte, bemerkte er, dass er seine Jacke im Obduktionssaal liegengelassen hatte. Wenige Sekunden später war er wieder da und hielt Franziska die Schachtel entgegen. Zu spät, sie rauchte bereits.
    »Ich möchte Sie nicht bedrängen«, sagte er, während er sich vergeblich bemühte, sein Feuerzeug zum Einsatz zu bringen.
    Franziska wies auf eine Schachtel Streichhölzer auf dem Fensterbrett. »Warum tun Sie es dann? Sie tauchen unangemeldet an meinem Arbeitsplatz auf, legen sich quasi auf meine Leichen und versuchen, sich bei mir einzukratzen, indem Sie mich wie ein Versicherungsvertreter bequatschen. Lassen Sie mich einfach in Ruhe.«
    »Das würde ich gern, aber ich kann nicht.«
    »Quatsch! Ihr Vorgänger hat es auch geschafft. Er kam hierher, wenn ich ihm etwas zu zeigen hatte. Er hat es sich angesehen, und Schluss. Der Rest lief über Berichte. Jeder hat seine Arbeit gemacht.«
    »Haben Sie ihm mal ein Beweisstück vorenthalten?«, fragte Liebermann.
    »Meine Güte!« Sie stieß zwei Rauchsäulen aus den Nasenlöchern. »Tun Sie nicht so, als ginge es um die Aufklärung eines Präsidentenmords.«
    »Immerhin geht es um den Mord eines Kaisers«, sagte Liebermann lächelnd, ehe sein Ausdruck sich veränderte. »Fakt ist, der Ring gehört jemandem, und es ist nicht Ihre Aufgabe herauszufinden, wem. Wie Sie gerade sagten: Jeder macht seine Arbeit.«
    Vielleicht täuschte er sich, aber er hatte den Eindruck, dass die Pathologin für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Gleichgewicht geriet. Obgleich sie noch nicht ausgeatmet hatte, zog sie an ihrer Zigarette, verschluckte sich und bekam einen Hustenanfall. Die entstandene Pause nutzte Liebermann, um sein vibrierendes Handy zu konsultieren. Eine SMS von David. Er las sie und steckte es wieder weg. »Hauptkommissar Otto hat mich vor Ihnen gewarnt«, sagte er. »Er sprach davon, dass Sie Hände abhacken, die sich zu nahe an Sie und Ihre Toten heranwagen.«
    »Hat er das?«, hustete sie. »Dann wissen Sie ja Bescheid.«
    »Ja.

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