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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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»Ich weiß nicht.«
    »Na schön«, seufzte Maja. »Was hat er auf dem Kompost gemacht?«
    »Keine Ahnung.«
    »Erinnerst du dich wenigstens daran, wie er aussah?«, mischte sich Serrano ein.
    Ben schob die Zunge heraus und biss nachdenklich darauf herum.
    »Nichts Helles. Außer, ja, außer den Schuhen, die hatten helle Streifen. Glaube ich. Sie sahen ein bisschen aus wie du.«
    Er deutete auf einen Abschnitt von Serranos Rücken, knapp unterhalb der Schultern.
    »Du sagst, vor ein paar Tagen. Geht es etwas genauer?«
    Wieder versank Ben in Grübelei. Serrano blickte zur Seite. Schwer zu ertragen, ein Kater, der auf seiner Zunge herumbiss. Aber auch alles Gekaue nützte Ben nichts. Mehr konnte er nicht beisteuern. Die innere Einkehr hatte ihm die Sicht vernebelt. Oder, wie Serrano eher vermutete, der Schreck, am frühen Morgen im dunkelsten Winkel des Parks auf einen Menschen zu treffen.
    Er war bereit, es ihm zu verzeihen. »Du solltest dich erkundigen, ob jemand Krümel in der Gesellschaft von Menschen gesehen hat«, sagte er zu Maja. »Möglicherweise einer mit getigerten oder aber braunen Schuhen mit hellen Sohlen.«
    »Wozu?«, murrte sie, verärgert über Bens Amnesie. »Egal welche Farbe, die Schuhe können aus jedem x-beliebigen Grund um den Kompost herumspaziert sein, solange sie nicht mit einer Tüte einhergingen. Wo willst du hin?«, fügte sie hinzu, als Serrano aufstand. »Versuchst du es jetzt etwa mit Schuhen statt Tüten?«
    »Nein, ich versuche es mit dem ersten Maul.«
    Streuner blickte ihm nach. »Das erste Maul?«, fragte er. »Irgendwie scheint er mir etwas durcheinander, seit er sein Amt abgegeben hat.«
    »Ihm fehlt die innere Mitte«, stimmte Ben zu.
    »Kümmert euch um euren Kram!«, sagte Maja.
    Auf dem Weg durch den Park versuchte Liebermann, das raue Gefühl loszuwerden, das die Begegnung mit Dr. Genrich bei ihm hinterlassen hatte. Um sich abzulenken, rief er David zurück. Seiner SMS nach hatte der Detektiv-Proband-Vertreibungsforscherdie Beschwerdebriefe der greisen Patientin aus Kaisers Praxis geholt, neben einem weiteren, der ihm interessant erschienen war.
    »Ich hab sie hier, ich meine, in meiner Tasche«, sagte David.
    »Reicht’s dir, wenn ich sie morgen bei euch abgebe? Ich hab für ein paar Überstunden in der Schule zugesagt. Übernächste Woche sind Prüfungen, und einige der Mädchen haben noch Schwierigkeiten mit der Einhandknetung.«
    Liebermann versuchte sich vorzustellen, wie Ralph oder Tante Lehmann den Namen dieser Massagetechnik aufnehmen würden.
    »Wenn du mir sagst, wann du fertig bist, kann ich sie auch abholen«, bot er an.
    David überlegte kurz. »Heute Abend? Ich helfe Jürgen mal wieder im Katinka. In Estrellas Bauch hat’s geziept, er will, dass sie die Beine hochlegt.«
    »Kein schlechter Ort für eine Übergabe«, sagte Liebermann grinsend. »Ich komme.«
    Als er das Handy wegsteckte, kamen ihm die rauen Stellen auf seiner Seele schon wesentlich glatter vor.
    Zur selben Zeit, nur etwa einen Kilometer südlich, betrat Serrano eine auf dem Wasser treibende Plattform. Er wusste, dass ab und zu größere Boote dort anlegten, um Menschen auszuspeien und neue aufzunehmen, die sich aus unbegreiflichen Gründen gern auf dem Wasser bewegten. Am Ende der Plattform saß ein graphitgrauer zierlicher Kater und starrte vor sich hin. Als Serrano ihn erreichte, sah er, dass der Graue gedankenverloren eines der mit winzigen Zeichen verzierten Papiere betrachtete, die in Läden wie dem neben seinem früheren Heim, der Fleischerei, verkauft wurden. Er grüßte mit leisem Scharren, um ihn nicht zu verschrecken.
    Der Graue sah auf und spannte sich. »Freund oder Feind?«
    »Serrano.«
    Die Lider des anderen zuckten. »Ich gehöre nicht in dein Revier. Dies hier ist neutrales Land. Außerdem habe ich gehört, dass du aus dem Geschäft ausgestiegen bist.«
    »Das stimmt.« Serrano setzte sich neben ihn. »Was suchst du in dem Papier?«
    »Nichts Bestimmtes. Ich versuche herauszufinden, wie sie es hinkriegen, sich zu übertragen.«
    Der Graue fixierte das Papier mit den Vorderpfoten und deutete auf ein kleines Bild. »Der da stieg vorhin aus einem Boot. Schlag mich, aber ich verstehe es nicht, wie einer plötzlich zweimal da sein kann. Einmal groß und beweglich und daneben klein, steif, nahezu farblos und stinkend wie das schwarze Zeug, das meine Leute auf dem Dach haben.«
    »Es ist eine Technik, glaube ich«, sagte Serrano. »Die Menschen benutzen dafür Hilfsmittel, die

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