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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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wartete Simon in der Tür auf Liebermann. »Haben Sie das mit dem Wolf eben ernst gemeint?«
    »Nein.«
    Simon atmete auf.
    »Ich tippe auf Hund«, fügte Liebermann hinzu. »Es gibt zwei Zeugen, die in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag tierische Geräusche auf dem Boot gehört haben. Die Idee mit dem Wolf stammt von ihnen.«
    »Welches Boot?«
    »Ein alter, weiß-blauer Kahn, der etwas abseits von Kaisers Fundstelle liegt. Er gehört einem versoffenen Maler, der sich davongemacht hat. Für eine Weile oder für immer.«
    Simon löste sich vom Türrahmen und trat in den Flur hinaus. »Wegen eines Hundegeheuls wird der Staatsanwalt keinen Durchsuchungsbefehl unterschreiben.«
    »Wahrscheinlich. Wundern Sie sich also nicht, wenn ich Sie demnächst zu einem Ausflug an die Havel einlade.« Liebermann nickte ihm zu und ging. Als er ungefähr drei Meter weit gekommen war, hörte er Simons Stimme hinter sich.
    »Es ist übrigens Hauptkommissar Ottos Schuld, dass die Kreidestücke nicht zusammenpassen.«
    Liebermann drehte sich um. Hinter ihm stand der Anwärter, entspannt, lächelnd und unanständig jung.
    »Er konnte runde Kreide nicht leiden, weil sie einen zu weichen Strich macht. Deshalb hat er sie durchgebrochen. Und wenn die Bruchstellen abgenutzt waren, hat er sie mit seinem Taschenmesser wieder gerade geschnitten.«
    »Danke.« Nach kurzer Überlegung fügte Liebermann hinzu: »In unserem Fall verhält es sich wie mit der Kreide. Immer fehlt in der Mitte ein Stück.«
    Zehn Minuten später erschien der glänzende Scheitel von Kommissarin Holzmann in seinem Büro.
    »Ich soll Ihnen von Oberkommissar Müller ausrichten, dass die Möwe letzte Woche Zander auf der Karte stehen hatte. Außerdemglaubt sich der Wirt an ein Stammpärchen zu erinnern, auf das die Beschreibung passen könnte. Oberkommissar Müller regt eine Gegenüberstellung mit Fräulein van Hoefen an.«
    »Warum regt er sie nicht persönlich an?«, fragte Liebermann und hob den Bleistift von einem Blatt, auf dem ein halbes Dutzend winziger Strichmännchen Pfeile auf ein größeres liegendes abschoss.
    Die Kommissarin warf einen Blick darauf und dann auf die bunte Zettelsammlung, die unter Liebermanns geerbtem Kaktus am Fensterbrett klebte. »Weil ich sowieso gerade auf dem Weg zu Ihnen war vermutlich.«
    »Na schön. Sagen Sie ihm, dass er seine Gegenüberstellung in die Wege leiten soll. Aber ich will den Termin wissen, und zwar von ihm persönlich. Haben Sie gerade ein bisschen Zeit?«
    »Na ja«, sagte sie. »Ich tippe gerade Müllers Mitschriften von der Befragung der Witwe ab.«
    »Wozu das?«, fragte Liebermann verblüfft. »Meines Wissens verfügt Müller über zehn gesunde Finger und einen Computer. Geben Sie ihm das Zeug zurück und schicken das hier«, er schob zwei durchsichtige Plastiktüten mit schwarzem Inhalt an den Tischrand, »ins Labor. Es sind Beeren aus dem Garten der Aphrodite darin, ich will wissen, was für welche.«
    Die Kommissarin trat heran und hob die Tüten auf. Nach kurzer Betrachtung legte sie eine wieder ab. »Die hier sollten Sie nicht ins Labor schicken.«
    »Warum nicht?«
    »Das ist vertrockneter Holunder.«
    »So. Und die andere?«
    »Einbeere, würde ich sagen. Aber sicher ist sicher.«
    Vorsichtig wie eine Reliquie trug sie die Tüte aus dem Raum. Liebermann blieb mit dem Gefühl zurück, irgendwann in seinem Leben ein wesentliches Kapitel überblättert zu haben.Serrano rekapitulierte: Wus Schatten war ein Kater. Und dessen Ziel waren die Perserinnen, die er vor oder nach dem Versuch an Krümel für sich entdeckt hatte. War man erst so weit, fädelte sich alles andere wie von selbst ein, wirkten die nächtlichen Überfälle vor dem Katzenhaus fast banal. Der Schatten dezimierte schlicht seine Konkurrenz. Dabei halfen ihm unwissentlich die Perserinnen selbst, die die Kater des Reviers anlockten, und Esteban, der sie jenseits des Zauns in Schach hielt. Auf diese Weise war es für den Schatten ein Leichtes, sie zu schlagen und ihnen damit die Lust auf die weichen Felle der Exotinnen ein für alle Mal zu vergällen.
    Seine eigenen Ziele verfolgte er am Wochenende, wenn er Esteban nicht zu fürchten brauchte. Demnach, folgerte Serrano, war der Schatten vorsichtig, ein Feigling, der zunächst jeden Busch am Rand des Gartens abgewittert und sich potentielle Verstecke gesichert hatte, ehe er seine Schlinge um die Perserinnen enger zog. Zugleich ein Pedant, der jeden ihrer gewohnheitsmäßigen Wege auswendig gelernt hatte,

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