Katzenmond
sollte.«
Nachdem sie ihren Napf bis zum Boden ausgeleckt und sich einer gründlichen Reinigung unterzogen hatte, streckte Maja sich auf ihrem Lager aus. Die Mütze hatte sie in eine Lücke am Kopfende gestopft. »Na schön. Was weißt du über das Haus?«
»Dass es existiert.«
Sie schnaufte. »Das ist wenig für einen ehemaligen Princeps.«
»Deshalb bin ich hier. Cäsar konnte ich nicht fragen, wie du sicher verstehst. Setz du mich ins Bild!«
Es machte ihr keinen Spaß, das merkte Serrano daran, wie sie ihren Bericht herunterleierte. Sie leerte ihr Gedächtnis nur umihrer alten Freundschaft willen. Er dankte es ihr, indem er sie nicht unterbrach. Erst als sie fertig war, fragte er: »Sind die vier noch fruchtbar?«
»Wie soll ich das wissen?«, entgegnete Maja. »Sie hocken wie angekettet in ihrem Garten.«
Vier neue Katzen, resümierte Serrano, die vor einigen Wochen in ein Haus am südlichen Parkrand gezogen waren. Womöglich fruchtbar, sehr wahrscheinlich scheu. Eine explosive Mischung, die durchaus als Erklärung genügen mochte, warum die Katerschaft des Viertels kopfstand. Für die Kämpfe und Cäsars Erschöpfung. Es erklärte allerdings nicht, weshalb die Kämpfe mit groben Regelverletzungen einhergingen. Was das betraf, war Maja genauso ahnungslos wie er. Sie fand es unanständig, Serrano fand es bedrohlich.
Sie lächelte ihn nachsichtig an. »Was ist die dritte? Du sprachst von dreierlei.«
»Ach ja. Diese Katzen: Wäre es möglich, dass sie Nachwuchs haben? Heute früh ist mir ein Junges zwischen die Beine gelaufen. Ein kleiner Schwarzer, zu dämlich zu begreifen, dass ich nicht seine Mutter bin.«
»Oder zu frisch«, sagte Maja mit erwachendem Interesse. »Was hast du mit ihm angestellt?«
»Da du nicht hier warst, habe ich es bei einem Menschenweibchen untergebracht.«
»Gut. Lass es erst einmal dort. Ich höre mich um, ob irgendwo …« Sie brach ab. »Wie alt, sagtest du gleich, ist das Kleine?«
»Jung. Noch nicht entwöhnt.«
»Und schwarz?«
»Ja.«
»Aber hatte es vielleicht weiße Schnurrhaare? Oder einen auffällig stumpfen Schwanz?«
»Schwanz ja, und daneben war es auffällig dämlich«, sagteSerrano, ob des unerwarteten Verhörs verwundert. »Worauf willst du hinaus? Sollte ich den Findling etwa kennen?«
Maja blickte ihn ernst an. »Ihn nicht, aber die Mutter.«
Sie ließ ihm Zeit, von selbst darauf zu kommen. Was er nicht tat. In vier Monaten war Serrano der Überblick über die Würfe des Viertels verloren gegangen, und auch vorher hatte er dahingehende Informationen hauptsächlich über Maja bezogen. So teilte er ihr Schweigen. Nach einer Weile schüttelte Maja den Kopf.
»Du warst lange nicht hier, Serrano. Sonst wäre dir aufgefallen, dass Krümel sich ein anderes Quartier genommen hat. Eins, in dem sie ungestört von mir und der Ladenfrau ihren ersten Wurf hüten kann.«
3
Kaum hatte Serrano sich zusammengerollt, da brach Maja in seinen Flieder wie ein Schwarm wilder Hornissen. »Sie ist weg!«
Er blinzelte gegen das Licht. »Wer?«
»Deine Tochter, verflöht noch mal!«
»Und was ist mit ihren Jungen?«
»Ebenfalls. Es ist nichts mehr da, außer ein paar Haaren.«
Serrano hatte wenig Lust, über seine Tochter nachzudenken. »Sie könnte ihr Lager aufgegeben haben«, schlug er vor.
»Unsinn! Es ist ein gutes Lager, ich habe es selbst ausgesucht.«
Seufzend sah er ein, dass er einer Diskussion mit Maja nicht gewachsen war. Schon gar nicht in ihrem Zustand. Krümel war ihre Tochter, die verschwundenen Kleinen ihre Enkel, bis in die Spitzen ihrer Barthaare bebte sie vor Sorge.
»Also gut«, sagte er. »Sehen wir mal nach.«
Kurz darauf musste er zugeben, dass Maja recht hatte. Wer ein solches Lager aufgab, war mehr als dämlich. Der Schuppen lag, halb hinter einer Brombeerhecke verborgen, am Ende eines verwilderten Gartens und grenzte mit der Rückwand an die Parkmauer. Es war ein geheimer Ort, so dämmrig und still wie der seiner frühesten Erinnerung. Allein Maja war in der Lage, ein Idyll wie dieses zu finden.
Über den Vater von Krümels Jungen wusste sie hingegen wenig. Eines Abends war auf dem Weg zum Laden ein Kater über Krümel hergefallen und hatte sie kommentarlos begattet. Sie war so perplex gewesen, dass ihr überhaupt nicht in den Sinn gekommen war, sich nach ihm umzusehen. Erst danach, aber da war nur noch ein sich entfernendes Rascheln gewesen, und sie hattedagestanden, begriffsstutzig, mit zitternden Knien und – schwanger.
»Drei
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