Katzenmond
ein bisschen mager.«
»Geh doch hin und schleim dich ein, wenn du es so nötig hast«, knurrte Ralph.
»Soweit ich verstanden habe, benötigen sie David hauptsächlich für die Tests am Ende einer Unterrichtseinheit«, erklärte Laura. »Außerdem haben sie schon zwei Übungssektoren. David und einen für … Ich glaube, zum Reden. Wenn du willst, sag ich David, dass er dir Bescheid geben soll, wenn sie wieder Bedarf haben.«
»Tu das«, sagte Moritz. »Und inzwischen soll er seine Schülerinnen mal in eine Kneipe ausführen.«
»Wozu das?«, fragte Ralph entsetzt.
»Weil es gefährlich ist, wenn sie immer unter sich bleiben. Da kann es zu komischen Sachen kommen.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen«, belehrte ihn Moritz. »Und das wäre schade, wo es im Viertel so viele attraktive Burschen gibt.«
Laura schüttelte den Kopf. »Jungs sind für die Aphrodite-Mädchen tabu. Regel Nummer eins.«
Die Kinnlade des Restaurators klappte herunter. »Regel was?«
»Nummer eins«, sagte Laura kühl. »Vergiss deine Hormone mal einen Moment und denk nach: Was würde passieren, wenn die Mädchen hier auf Brautschau gingen? Zwanzig brandneue junge Frauen zwischen zwanzig und fünfunddreißig, die über mehr Talent und Wissen in Liebesdingen verfügen als die meisten von uns.« Sie errötete und warf einen hastigen Blick hinüber zur Bar, wo David eben seine Hände massierte.
»Eine interessante Frage«, bemerkte Liebermann und dachte an Nico, die sich wahrscheinlich in diesem Augenblick von Dienstag besabbern ließ. Er bedauerte zutiefst, dass es für borstenschwänzige Kater keine Regel Nummer eins gab.
»Nee«, meinte Moritz. »Überlegt ihr mal lieber, was dermaßen schwachsinnige Regeln auslösen. Die verleiten einen ja geradezu, sie zu brechen.«
Ralph schüttelte seine braune Mähne und stand auf. »Dann wünsch dir, dass man sie besser überwacht!« Er verschwand in Richtung Toiletten.
David ersetzte ihn. »Ich hab den Bogen raus. Noch eine Runde?«
»Ja«, sagte Laura ungeachtet der Tatsache, dass ihr Glas noch halb voll war. David lächelte und zog davon. Kurz darauf kehrte Ralph zurück. Seine Stirn glänzte feucht.
»Was meinst du damit, dass diese komische Schulregel besserüberwacht werden soll«, fragte Moritz, kaum dass Ralph saß. »Du wirst zugeben, dass es so klingt, als wäre sie bereits morsch.«
Ralph brummte etwas und sah zu Laura, die ihrerseits David nachsah. »Geht dich nichts an.«
»Also entschuldige!«, ereiferte sich Moritz. »Das ist ja ganz neu in dieser Runde, dass manche Sachen neuerdings nur einige was angehen.«
Ralph wand sich unbehaglich auf seinem Stuhl.
»Hat David dich zu deinem Beichtvater ernannt?«, fragte ihn Moritz lauernd. »Er hat dir was verklickert, oder?«
Ralph gab auf. »Also gut. Aber kriege ich mit, dass einer quatscht, drehe ich ihm persönlich den Hals um.«
Moritz legte einen Finger auf die Lippen.
»Das gilt auch für dich, Liebermann!«
»Ich habe nicht um Auskunft gebeten.«
»Versprich’s, ehe er es sich anders überlegt«, drängte Moritz.
»Na schön.«
»Kein Gequatsche«, bohrte Ralph nach. »Zu niemandem. Auch nicht zu Nico.« Liebermann zuckte die Schultern. Sie würde es sowieso herausfinden. Kaum etwas kam in diesem Viertel schneller herum als ein Geheimnis. Bis es allerdings so weit war, hatte er ihr etwas voraus. Sie hatte dafür den Kater. Ralph kontrollierte noch einmal die Situation am Tresen, fand sie unverändert und beugte sich über den Tisch. »David weiß, dass die Schulregel verletzt wurde, weil er neben seinem Probandenjob noch einen zweiten hat. Er ist nicht nur wegen seiner Gentrifizierungs-Forschungen hierhergezogen, sondern auch, um dichter dran und jederzeit abrufbar zu sein, versteht ihr?«
»Nein«, bekannte Moritz. Liebermann stimmte ihm zu. Laura beobachtete unterdes stirnrunzelnd, wie David beim Abkassieren mit dem blonden Mädchen scherzte.
»Na gut«, sagte Ralph. »Ich helfe euch ein bisschen auf dieSprünge. Habt ihr’s dann nicht raus, euer Pech. Also, vor zwei Monaten hat das erste Seminar in der Aphrodite begonnen, Fakt eins. Fakt zwei: Die Teilnehmer sind samt und sonders junge Frauen, auf denen zwar eine Regel lastet, denen man aber leider weder die Augen verbunden noch die Füße gefesselt hat. Fakt drei: David ist zu Laura gezogen. Und zwar nicht nur wegen seiner Forschungen oder der Massagen, schließlich hat er ein Fahrrad, mit dem er in null Komma nichts
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