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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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braucht das. Und jetzt holen Sie endlich den Salzstreuer aus Ihrem Essen, bevor mir der Appetit vergeht.«
    Nach dem Zwölfuhrläuten schneite Cäsar bei Serrano vorbei, um den ausstehenden Bericht einzuholen. Er nahm ihn interessiert, aber für Serranos Geschmack etwas zu gelassen auf. Selbst der Befund des Totenauges entlockte ihm nur ein Schnalzen. Krümels Beliebtheit hatte sich zeit ihres Lebens in Grenzen gehalten, und ihr Tod änderte daran wenig. Er rief die Kater und Katzen des Viertels zu erhöhter Aufmerksamkeit, das war alles. Ein Beweis dafür war, dass Cäsar versprach, die Kunde vom Gift schnellstmöglich zu streuen.
    »Was die Tüte betrifft«, sagte er, »würde ich sie dir überlassen, wenn du nichts dagegen hast. Ich weiß nicht, ob ich mich innächster Zeit darum kümmern kann. Es hat schon wieder einen Kampf gegeben.«
    »Dieselben Umstände?«, fragte Serrano.
    »Ja. Nur hat es das Opfer diesmal ein Ohr gekostet.«
    Nach Cäsars Abgang blieb Serrano nachdenklich im Flieder zurück. Die Kunde vom verlorenen Ohr beunruhigte ihn mehr, als er sich Cäsar gegenüber hatte anmerken lassen. Ein verlorenes Ohr und ein verlorenes Leben. Beklommen fragte er sich, was noch folgen würde und vor allem: aus welcher Richtung?
    Auf der anderen Straßenseite schob das alte Fischauge zwei blaue Tonnen zusammen. Ihr Anblick brachte Serrano auf die Tüte und damit auf den Boden der Tatsachen zurück. Er wartete, bis der Alte sich verzogen hatte, dann machte er sich auf den Weg.
    Unterwegs begann er zu sortieren. Zunächst strich er von seiner Liste die Bäckereien und den Fleischer, deren Tüten er kannte, da sie zuhauf an Handgelenken durch das Revier baumelten. Ebenso die des Eckladens, in dem Maja wohnte. Es blieben magere fünf Adressen übrig.
    Er begann mit den Blumenläden. Deren gab es zwei, aber sie erwiesen sich als Nieten. Der eine gab Papiertüten heraus, der andere grüne Tüten.
    Nach kurzer Überlegung beschloss Serrano, mit einem Geschäft fortzufahren, dessen Schaufenster bunten Schnickschnack für Menschenjunge zur Schau stellte. Eine zähe Herausforderung. Zwischen zwei Stundenläuten zählte er ganze vier Besucher, drei davon kamen ohne Tüte aus dem Laden. Der letzte endlich verstaute im Gehen eine kleine Menschennachbildung in einer weißen.
    An das unselige Geschäft schloss sich der Getränkeladen. Da sein Hof an den der Fleischerei grenzte, kannte Serrano ihn, nicht aber seine Tüten. Aus gutem Grund, wie er bald merkte – es gab keine. Nur Netze, Körbe, Gewebesäcke. Für Tüten warendie gläsernen Röhren offenbar zu schwer. Serrano hielt sich nicht länger auf und machte sich auf den Weg zur letzten Adresse.
    Insgeheim hatte er gehofft, sie sich ersparen zu können. Die Tüte vorher zu finden, nicht noch einmal zu dem alten Haus mit dem neuen Laden zu müssen, aus dessen Tiefe die Stimmen der jungen Katzen gedrungen waren. Gestern noch wäre er durch jedes Kellerfenster geschlüpft, um sich zu überzeugen, dass es die richtigen waren und ihre Mutter vielleicht sogar bei ihnen. Einen Tag und einen steifen Körper in einer Plastiktüte später verspürte er wenig Neigung dazu. Das Haus war ihm unheimlich. Der Kahlköpfige mit dem finsteren Gesicht nicht minder. Andererseits wartete Maja auf eine Antwort, die ihr den Abschied von Krümel ermöglichte.
    Er nahm es als Zeichen, dass die Tür zum Laden offen stand. Kein Katzengeschrei, stellte er fest, als er den Kopf hindurchschob, nur leises Klirren aus einem Hinterraum. Der vordere war dämmrig, weil der Kahlkopf sein Schaufenster bis auf den letzten Zentimeter mit Zweirädern vollgestopft hatte. Serrano schlüpfte hinein und glitt zu einem Tisch, der, eingefasst von weiteren Rädern, mitten im Raum stand. In der Luft hing der Geruch von altem Fett und Gummi. Die Nasenlöcher eingezogen, umkreiste Serrano den Tisch. Oben stand einer der Kästen, wie ihn auch sein früherer Besitzer, der Fleischer, zum Verstauen der Papiere und Metallscheiben benutzte, die ihm seine Kunden als Gegenwert für erstandene Waren überließen. Beim Fleischer befand sich daneben ein Haken mit Tüten. Weißen mit einem roten Schwein darauf, umgeben von menschlichen Zeichen, ähnlich den Kratzspuren an der alten Kastanie. Hier gab es keinen Haken. Dafür klingelte es plötzlich über der Tür. Mit einem Satz verschwand Serrano unter einem Regal.
    Von dort aus wurde er Zeuge, wie ein paar Wechselhäute über braunen Schuhen den Laden betraten. Als er die Stimme

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