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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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Stock.«
    »Und der Dreigekochte?«
    Mit einigen raschen Bewegungen kratzte Trudi ein paar Striche in den Sand. »Das ist das Haus. Und da ein kleineres im Garten, ohne Wände. Hier an der Seite befindet sich ein von Friedhofskraut überwucherter Schuppen, in dem sie den Dreigekochten einschließen. Es hängt ein Eisenverschluss dran, also keine Angst. Nicht tagsüber. Wenn Angst, dann vor der Haarlosen.«
    »Mit der sollte ich zurechtkommen«, sagte Serrano und erhob sich. Er deutete auf Trudis mittlerweile ziemlich verbeulten Leib. »Viel Glück.«
    »Dir auch«, antwortete sie. »Stell es dir nicht zu einfach vor! Mir ist aufgefallen, dass Kater neben allen Vorzügen eine entscheidende Schwäche besitzen: Sie ziehen immer allein in die Schlacht, statt wie wir Verbände zu bilden.«
    »Ich werde vorsichtig sein.«
    »Das sagen sie alle«, meinte Trudi warm.
    Auf dem Tischchen vor dem roten Sofa in Nicos Wohnzimmer standen eine Flasche Riesling und zwei Gläser, von denen eines in immer kürzeren Abständen nachgefüllt wurde. Während sie trank, sah Nico abwechselnd zum Fernseher und zu Liebermann. Etwas lief vollkommen falsch.
    Sicher, der Film, den sie zum gemütlichen Wochenausklang aus der Videothek geholt hatte, war ein Fehlgriff. Obgleich vielfach in Kritiken gepriesen, hatte er sich bereits nach zehn Minuten als gescheiterter Versuch entpuppt, einer kleinen Idee zu einem großen Auftritt zu verhelfen. Zudem musste der Kameramann einen Krampf im Arm gehabt haben, so stur, wie er auf die eindringliche Sprachlosigkeit der Schauspieler hielt. Der Film war Mist, na schön. Blieben immer noch der Abend undzwei Menschen, von denen einer ein Mann war und der andere eine Frau in einem ziemlich kurzen Kleid, mit Chanel N o. 5 hinter den Ohren und sauberen Fingernägeln, die schon einige Male über den Rücken des Mannes gewandert waren. Liebermann hatte nicht darauf regiert. Stattdessen starrte er wie hypnotisiert auf eine Stelle am linken Bildschirmrand.
    Anfangs hatte Nico zu ergründen gesucht, was ihn dort so faszinierte. Vielleicht eine Fliege oder ein Fleck, an so etwas konnte er schon mal hängen bleiben. Aber da war nichts. Und schon gar nichts, das den Post-it-Block rechtfertigte, den er jetzt aus der Tasche zog.
    Nico leerte ihr Glas und füllte es mit dem Rest aus der Flasche wieder auf. Sie kippte ihn hinunter und griff nach dem von Liebermann, ohne dass er es bemerkte. Verdammt. Es war nicht das erste Mal, dass ein Mann neben ihr auskühlte. Nur das erste Mal, dass es so schmerzte. Vielleicht wegen Miri. Nico mochte die Kleine und machte kaum noch einen Unterschied zwischen ihr und Zyra. Vielleicht auch, weil es so schnell ging. Noch vor ein paar Monaten hatte Liebermann eifersüchtig jeden ihrer Schritte überwacht, jetzt war es umgekehrt, und sie schämte sich dafür, ohne etwas dagegen tun zu können. Die Ohnmacht war beinahe noch schlimmer als Liebermanns kleine Unzuverlässigkeiten, seine Schlampigkeit im Umgang mit den Gefühlen anderer und seine Verschlossenheit, die völlig unerwartet in Leidenschaft umschlagen konnte, was sie jedes Mal aus der Bahn warf. Dass jemand derart über ihre Gefühle bestimmte, machte sie fertig. Es machte sie fertig, dass er geruhsam etwas auf seinen Block kritzelte, während sie sich neben ihm ins Koma trank.
    Sie musste plötzlich daran denken, wie Liebermann vorhin aus der Gerichtsmedizin zurückgekehrt war. Mit diesem in sich gekehrten Blick. Er hatte kaum drei Worte darüber verloren, was er an einem Freitag nach Feierabend am letzten Tag seines Urlaubs dort gesucht hatte, aber diesen drei Worten zufolge war derPathologe, den er dort besucht hatte, eine Frau. Nico verschluckte sich. Dann knallte sie das Glas auf den Tisch und wankte ins Bad.
    Das Klirren auf der Tischplatte riss Liebermann aus tiefen Gedanken. Vor ihm lief der Fernseher. Auf dem Tisch standen zwei leere Gläser. Irgendwann mussten sie voll gewesen sein, und zwar vor nicht allzu langer Zeit, den Rückständen nach. Vor nicht allzu langer Zeit hatte auch Nico neben ihm gesessen, erinnerte er sich verschwommen. Offenbar hatten sie zusammen Wein getrunken. Verwundert schmeckte Liebermann dem Rest Säure nach, der in diesem Fall auf seiner Zunge liegen musste. Fand keinen, dafür hörte er aus dem Bad das Rauschen der Toilettenspülung. Wenige Minuten später kam Nico herein. Ihr Gang wirkte ein wenig unsicher, dennoch steuerte sie ohne Umweg zum angrenzenden Schlafzimmer. Mit hinterhältigem Schnurren

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